Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

einzige Wörterbuch, welches vom Kiyao existirt, in 
englischer Sprache herausgegeben. Die andere 
Schwierigkeit wurde durch die drückende Wassernoth 
heraufbeschworen. Die im Februar noch reichlich 
fließenden Quellen versiegten bei dem ausnahmsweise 
sehr heißen Sommer, und ob sich unter der starken 
Lehmschicht noch Wasseradern befinden, konnte bis 
September noch nicht festgestellt werden. Die Auf- 
findung guter Brunnen und das Erlernen der Landes- 
sprache bildete daher die Hauptarbeit unserer 
Missionare. 
Doch wurde durch diese Hindernisse das Missions- 
werk nicht aufgehalten. — Das neue, nach afrikanischer 
Art erbaute Klösterlein St. Peter und Paul ist 
längst bewohnt. Eine Kapelle und ein Schullokal 
traten im Laufe des Sommers noch hinzu. Auch 
das Schwesternklösterlein St. Agnes entstand durch 
die rührige Arbeit der wackeren Missionare. All- 
monatlich geht eine kleine Trägerkarawane von der 
Mission zur Hafenstadt Lindi, um die dort an- 
gekommenen Frachtgüter in Traglasten zur Mission 
zu befördern. Ende September zählte die Mission 
bereits 28 Christen und 61 eingeschriebene Katechu- 
menen, b. h. solche, welche den Vorbereitungsunterricht 
für die heilige Taufe besuchen. Da die Einwohner 
von Lukuledi und Umgegend ein freies Volk sind, 
so können sich die Missionare unmittelbar an die- 
selben wenden; sie eröffneten deshalb auch sogleich 
außer dem sogenannten Internat auch ein Externat. 
Leider sind ihnen bis jetzt nur 13 freie Kinder treu 
geblieben; der stark ausgeprägte Freiheitstrieb erweckt 
in ihnen beständige Wanderlust. Im Internat wird 
täglich zweimal, im Externat wöchentlich zweimal 
Unterricht gegeben und zwar für Frauen und Männer 
stets gesondert. Die Schwarzen zeigen dabei einen 
lobenswerthen Eifer. Sie machen und üben das 
Kreuzzeichen vielmals und sprechen nach Art der 
Kinder die heiligen Worte laut dazu. Die Frauen 
setzen ihren Stolz darin, auch ihre Kleinen darin zu 
unterweisen. Vor dem Unterrichte werden die 
Katechumenen verlesen. Es fehlt selten einer ohne 
Entschuldigung. Nach dem Unterrichte, welchem sast 
regelmäßig auch andere Negerheiden beiwohnen, 
können sich Neueintretende einschreiben lassen. Der 
Unterricht liegt bis jetzt vorzüglich in den Händen 
des Obern, R. P. Basilius, der das Kiyao am 
besten versteht und von den Eingeborenen geliebt und 
geehrt wird. — Im Monat Juli erschienen in 
St. Peter und Paul cin halbes Dutzend Neger- 
häuptlinge aus dem Innern und luden die Missionare 
ein, auch zu ihnen zu kommen und Niederlassungen 
zu gründen. 
Ende August kamen die ersten Schwestern in 
St. Agnes an. Von ihrer Thätigkeit läßt sich des- 
halb auch nur so viel berichten, daß sie von den 
Kranken fleißig heimgesucht werden. Für den Unter- 
richt fehlt ihnen noch größtentheils die Kenntniß der 3 
Sprache. ] 
In die Mission wurden seit November v. Is. 
  
108 
Juünglinge. 
von St. Ottilien gesandt: der hochw. P. Basilius 
Ferstl- Br. Wilhelm, Br. Meinrad, Br. Livinus 
und Br. Hubert, welche am 30. November in Dar- 
es-Saläm anlangten. Ihnen folgten am 15. März 
d. Is. der hochw. P. Antonius Ruedl, die Br. 
Alexius, Leonhard und Ottmar nach. Am 
11. Juni verließen uns die Herren Patres Severin 
und Johannes mit dem Br. Kolumban. — Am 
9. Oktober reiste der hochw. apostolische Präfekt 
P. Maurus zurück; in seiner Begleitung befanden 
sich die Br. Simon und Mathias und die ehr- 
würdigen Schwestern Viktoria, Hiltrudis, 
Rosalia und Viola. — Im Ganzen wurden bis 
jetzt von St. Ottilien 75 geistliche Personen (Priester, 
Laienbrüder und Schwestern) in unsere ostafrilanische 
Mission gesandt. 
Leider war das verflossene Jahr in ganz Ost- 
afrika sehr reich an Fiebern und Dysenterie, einer 
Art Ruhr. Der ehrwürdige Br. Vincenz, Bur. 
Ottmar, Br. Philipp und Schwester Bertha 
starben hinweg als Opfer ihrer Liebe zu Gott und 
den Menschen. Der hochw. P. Dominikus mußte 
ins Mutterhaus abberufen werden, um seine durch 
ein Gallenfieber gefährdete Gesundheit wieder her- 
zustellen. Er weilt noch hier. Desgleichen wurden 
R. P. Cassian und Br. Hubert für einige Zeit 
in die Heimath beschieden, um ihre Kräfte zu erholen. 
Es erübrigt noch, mit einigen Worten des Mutter- 
hauses unserer Kongregation — St. Ottilien — 
zu gedenken. — Das wichtigste Ereigniß war hier 
wohl der Bau und die Erössfnung des neuen Missions- 
seminars. Ende August war es außen und innen 
so weit vollendet, daß die brave Schaar unserer Zög- 
linge in dasselbe übersiedeln konnte. Nachdem das 
Seminar mehrere derselben in das Noviziat abgegeben 
hatte, kam am 1. September der Zuwachs fürs neue 
Schuljahr. Gegenwärtig zählt es 50 Knaben und 
Die meisten Zöglinge besitzen ganze oder 
Dafür sieht man um so strenger 
theilweise Freiplätze. 
Präfekt 
auf gute Anlagen und Charaktereigenschaften. 
des Seminars ist der hochw. P. Plazidus. 
Am 25. Juli ertheilte der hochw. Bischof von 
Augsburg fünf Mitgliedern unserer Genossenschaft die 
heilige Priesterweihe. Zwei Weltpriester traten im 
Laufe des Jahres ein, so daß unser Rückblick einen 
Zuwachs von sieben Priestern zu verzeichnen hat. 
Wiederholt erlebten wir die Feierlichkeit der Ein- 
kleidung und Gelübdeablegung. Im Scholastikate zu 
Dillingen studiren zur Zeit fünf Fratres Theologie 
und Philosophie. Zehn andere Fratres befinden sich 
hier im Noviziat. 
Das Gut der Schwesterngenossenschaft wurde am 
9. September von einem Brandunglücke heimgesucht, 
das den Dachstuhl des Oekonomiegebändes einäscherte. 
Gegenwärtig ist er schon wieder ausgebaut. Ein 
anderes wichtiges Ereigniß für die Schwestern- 
genossenschaft war, daß die Superiorin des Mutter- 
hauses aus Gesundheitsrücksichten ihr Amt als Oberin 
niederlegte. Als Nachfolgerin wurde unter Beisein
	        
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