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ehrenhaften Nation zur Ehre gereiche, und es sei
ihm die größte Freude, Alle aufzufordern, auf das
Herzlichsie das Wohl Seiner Majestät des Kaisers
von Deutschland zu trinken. Dem Toast wurde
dann mit dreifachem Hip Hip Hurrah Bescheid ge-
than. Nachdem diese offiziellen Toaste getrunken waren,
wurde der Rest der Zeit in freundschaftlichem Aus-
tausch von Grüßen und dem Befestigen neuer
deutsch-englischer Freundschaften verbracht, die viel
versprachen an einem der erfolgreichsten Feste und
bei einem so wohlgelungenen Frühstück, und es ist
zu hoffen, daß sie sich als dauerhaft und fruchtbar
für beide dort vertretene Nationen erweisen werden.
Nach dem Frühstück ging der Admiral mit seinem
Stabe und seinen Gästen an Bord des „Nacoon“,
gesolgt von dem siellvertretenden Gouverneur
v. Bennigsen, während Frau und Fräulein
Nawson, geführt von Kapitän Coerper vom
„Seeadler“ und begleitet vom Archdeakon Farler,
den sehr bübschen botanischen Garten dicht bei dem
Gouvernementshause besichtigten. Dies erforderte aber
geraume Zeit, so daß Boten gesandt wurden, um
die Spaziergänger nach der Landungsbrücke zurück-
zurufen, wo alsdann die Einschiffung auf den
„Racoon" erfolgte. An Bord gekommen, stellte es
sich heraus, daß der Admiral seinerseits bereit war,
zu dem „St. George“ zurückzukehren, und nachdem
er sich vom stellvertretenden Gonverneur verabschiedet
hatte, setzte sich der „Racoon“ sofort in Bewegung
und verließ unter vollem Dampf den Hafen, um
sich dem „St. George“ zu nähern, woselbst der
Admiral, Frau und Fräulein Rawson und die
erren vom Flaggschiff der „Racoon“ und den an
Vord befindlichen Vertretern von Sansibar Lebewohl
sagten. Als bald darauf letzteres Schiff nach Sau-
sibar abdampfte, sah man den „St. George" unter
Dampf nach dem Süden gehen, wo er zunächst den
Beirahafen anlaufen sollte.
Die „Racoon“ fuhr eiligst nach Sansibar und
ankerte dort, nachdem sie den Ankerplatz des
„St. George“ in Dar-es-Saläm um 3 Uhr
16 Minuten verlassen hatte, um 6 Uhr. Auf diese
Weise hatte sie nur 2 Stunden und 44 Minuten
zur Reise gebraucht, 26 Minuten weniger als der
„St. George“ brauchte, als er nach Dar-es-Saläm
fuhr, also eine höchst achtungswerthe Leistung. Der
ganze Ausflug nach Dar-es-Saläm war ein vollendeter
Erfolg.
Einige Verhältnisse von Dar-zes-Saläm verdienen
noch Erwähnung. Die angenehme Frische der Brise
außerhalb des Hafens und das Spritzen der Wogen
auf den Riffen nahe dem Leuchthause bei dem Hafen-
eingange schienen einen aus der tropischen Umgebung
fortzuführen und machten es mehr einer südafrika-
nischen Scenerie ähnlich. Das plötzliche Insichtkommen
des Häuserkomplexes mit seinen rothen Dächern und
weißen Wänden — Büreaus, Gefängnisse und Forts
—, welcher die Klippen bekränzt, mit den cementirten
Uferrändern und den regelmäßig geformten, bis zur
See reichenden Gärten bot einen höchst theatralischen
Anblick und ist wahrscheinlich einzig in seiner Art.
In dem Kasino kann man sich in Italien wähnen,
da die kleine Bühne am Ende des großen Saales
sehr unafrikanisch ist. Der botanische Garten ver-
dient alles Lob. Angelegt mit sehr vielem Ver-
ständniß und Rücksichtnahme auf zukünftige Bedürf-
nisse des Raumes und der Verhälknisse, blüht darin
Alles üppig und zeigt eine solche Beschaffenheit, wie
wir anderwärts nicht wiedergesehen haben. Der
Boden ist gut gelockert an der Oberfläche und die
Bestellung des Bodens ist methodisch vorbereitet
und ausgeführt. Die Kanten der Becte sind überall
nett und schmuck, die Wege breit und frei von Un-
kraut. Aber nicht Alles ist dem Schmuck geopfert.
Lange Saatbeete von allen nütlichen und zweck-
mäßigen Bäumen und Sträuchern und zum Handel.
sich eignende Pflanzen werden gepflegt, um ins
Innere des Landes versandt zu werden. Die Kaffee-
bäume, Teakholz= und Gummibäume sehen besonders
schön und gesund aus. Für die unmittelbaren Be-
dürfnisse des Platzes ist gut vorgesorgt. Ein aus-
gedehnter Gemüsegarten zeigt alle möglichen Varietäten
und hatte die Frühstückstafel mit köstlich frischen
Gemüsearten versorgt, selbst mit Spargel, der dort
gut gedeiht.
Das im Hafen liegende große Segelschiff hatte
fünf Tage lang gebrannt; es hatte 2500 Tons
Kohlen geladen, aber die Anstrengungen eines Feuer-
kommandos vom „Seeadler“ und vom Lande hatten
das Feuer erfolgreich bekämpft.
Dar-es-Saläm ist wohl werth, seitens der Be-
wohner von Sansibar besser gekannt zu sein.“
Die Eisenbahngesellschaft für Deutsch -Ostafrika
(Usambara-Linie) zu Berlin
hat für das Jahr 1895 folgenden Geschäftsbericht
erstattet:
Die Arbeiten im Jahre 1895 haben sich so be-
schleunigen lassen, daß der Endpunkt der ersten
Strecke, Muhesa, um das Jahresende erreicht wurde.
Die erste Lokomotive ist, festlich geschmückt, am
12. Jannar d. Is. auf dem Bahnhaf Muhesa cin-
gefahren; wir haben also die durch unsere Kon-
zession bezw. den dazu ergangenen Erlaß des Reichs-
kanzlers vom 22. Februar 1894 für die Fertigstellung
der Linie Tanga— Muhesa uns bis zum 1. Juli 1896
gesetzte Frist nicht voll in Anspruch zu nehmen
brauchen. Die OQualität unserer Bahnanlage ent-
spricht nach den übereinstimmenden Bekundungen von
berufenen Sachverständigen den weitgehendsten Er-
wartungen und es wird unsere Schöpfung in der
Kolonie allgemein als die erste große kulturelle That
voll gewürdigt und anerkannt. Um so tiefer ist das
Bedauern nicht nur der Kreise unserer Verwaltung,
sondern aller mit Sachkunde ausgestatteten Freunde
der Entwickelung unserer Kolonie, insbesondere der-