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und den Plan bezũglich Einsetzmmg Mereres in und
Fortschaffung der Wahehe aus Ubena ausführen
konnte. Ich kündigte denn an, daß ich Merere in
Ubena einsetzen würde, da Quawa nicht zur Ruhe
kommen wolle, gab genauere Grenzen nicht an, deu-
tete an, daß Idunda eine selbständige Jumbenschaft
werden würde, und befahl sämmtlichen Wassagira,
sich mit ihrem Gefolge zum 9. Dezember zum allge-
meinen Schauri einzufinden. Manche mögen leise
Hoffnungen gehegt haben, daß sie hierbei doch noch
etwas erwischen würden, andere mögen sich ent-
schlossen haben, sich bei Merere gut zu stellen, um
wenigstens unter ihm ihre Stellen zu behalten;
wieder andere wollten wohl den Wassangu trotzig
imponiren; mehr oder minder wirkte wohl bei allen
die dem Neger angeborene Neugier und Schaulust.
Jedenfalls waren am 9. etwa 1000 waffenlose
Wahehekrieger zur Stelle, als Merere ebenfalls mit
etwa 800 Wassangukriegern mit Schild und Speer
und einigen Hundert Weibern ankam. Dieser Tag
wurde der Aufgabe gewidmet, Merere nochmals über
die Bedingungen ganz klar zu machen.
Merere ist kein sozusagen „europäisch kluger Kopf“
wie etwa Kiwanga und Mpangire. Er ist noch sehr
negermäßig, besitzt aber eine ungeheure Vorstellung
seiner Wichtigkeit und hat seine Wassangu, die noch
unter dem Einflusse des strammen Regiments des
alten, wirklich bedeutenden Merere stehen, fest in der
Gewalt, Eigenschaften, die ihn vorzüglich zum
Gegengewichte für den benachbarten Wahehesultan
rauchbar machen.
Ursprünglich hätte er in echter blinder Neger-
habgler am llebsten das ganze Reich Quawas zu
seinem alten Usasa geschlagen. Doch hatten ihm die
Auseinandersetzungen des Lieutenants v. Stocki ein-
geleuchtet, und er hatte begriffen, daß er, in Ubena
residirend, genug zu thun haben würde, um seine
Macht, die nur auf 1500 Wassangu beruht, selbst
mit Hülfe der Station geltend zu machen. Er hatte
auch sofort begriffen, daß er Usafa schon wegen des
großen Poris nicht mit verwalten könne. Nur be-
züglich seines Nachfolgers stellte er die absolut feste
Bedingung, daß sein junger Bruder Sijawa dies
würde und nicht etwa einer seiner älteren Brüder
Manamhawi oder Kahemera. Demn diese haben von
jeher gegen seine Stellung und sein Leben intriguirt.
Sie haßte er deswegen ganz vorzüglich und er würde
dlesem Hasse alle Vortheile opfern, selbst die Er-
süllung des alten Traumes der Wassangu und des
Mererehauses, in ihr angestammtes Land zurückzu-
kehren und über die alten Erbfeinde, die Wahehe
und das Quawahaus, zu triumphiren. Ich war
um so mehr bereit, das zu befürworten, als Manam-
hawi mir als unwirscher Trunkenbold bekannt ge-
worden und deshalb von Herrn v. Eltz bei dem
Tode des alten Merere übergangen wurde, während
Kohemera bedeutungslos nur über wenige Anhänger
verfügt. Während er früher selne Berufung nach
Ubena als eine Gnade angesehen hatte, war er später
zu dem Gedanken gekommen, auch die Station hätte
ihren Nutzen davon, und suchte nun möglichst viel
Nutzen herauszuschlagen, indem er eine Gebiets-
erweiterung im Westen und Norden Ubenas jenseits
des Ruaha verlangte. Schließlich versprach ich, dies
beim Kaiserlichen Gouvernement zu befürworten, weil
das erstere Stück bis zum Mkodijibache seine Ahnen-
gräber enthält und wegen des Ahnenkultus ihm
wirklich wichtig ist, und weil das zweite Stück im
Norden, Niamniam und Umgebung, fast gar keine
Einwohner hat und von einem Einflusse der Nachbar-
statlonen zur Zeit gar keine Rede ist, so daß die
hiesige Station auch zukünftig mit den Interessen
Langenburgs oder Kilimatindes nicht kollidiren kann.
In einem Punkte hatte er sich Hoffnungen gemacht,
die ihm nicht erfüllt werden durften. Er hätte näm-
lich am liebsten alle Wahehe mit sammt ihren Wassa-
gira in Ubena beibehalten, denn der Gedanke, die
alten Erbfeinde als Unterthanen zu haben, schmeichelte
seiner Eitelkeit ganz eminent.
Er begriff aber doch, daß er der Wahehe, die
hier eigentlich weniger angesiedelt waren, als vielmehr
Garnisonen darstellten, nie sicher sein würde, daß er
deren Wassagira nicht in ihren Stellungen lassen
könnte, weil seine eigenen Großen mit Recht dieselben
verlangten. Selbst wenn er nur einigen ihre Wassa-
giraschaften hätte lassen wollen, würde dies doch den
Neid seiner eigenen Leute erregen und schließlich
würde es ewig Streit geben. So war er am Abend
über jeden einzelnen Punkt genau unterrichtet. Die
Besprechung schloß ich mit dem ausdrücklichen Be-
merken, daß, wenn ihm meine Bedingungen nicht
paßten, es nicht meine Sache noch mein Wunsch sei,
ihn zu seinem eigenen Vortheile zu zwingen, er
brauche nur zurückzutreten, ein Stückchen Ubena würde
ihm doch wohl aus Liebe zum alten Merere abfallen,
im Uebrigen würde ich aber die Wabenawassagira
selbständig unter der Station machen. Er sprach
ofort unter Berücksichtigung der versprochenen Be-
fürwortung in den angegebenen Punkten seine völlige
Zufriedenheit aus.
Am 10. morgens wurde ein entsprechender Ver-
trag aufgesetzt und derselbe ihm in Gegenwart aller
Offiziere der Schutztruppe, seiner Brüder, aller Großen
der Wassangu und der Wahehe aufs Genaueste noch-
mals erklärt und unterschrieben. Darauf zogen wir
in feierlichem Aufzuge, Merere mit mir in der Mitte,
rechts die Wassangu, links die Wahehe, aus der
Stadt hinaus, wo sämmtliche Truppen aufgestellt
waren. In feierlicher Weise wurde seine Installation
als Sultan verkündet. Darauf marschirten wir an
der Spitze der Expedition mit Musik nach Idunda
hinein, wo ihm von dem erbeuteten Großvieh
600 Stück überwiesen wurden, darunter 80 Stück
zur Vertheilung an seine Brüder. Kaum waren die
Salven und das rasende Schnellfeuer, das die Wahehe
zum ersten Male mit Muße hatten betrachten können,
verhallt, so zog ich die Wahehe zusammen und er-
klärte ihnen, sie müßten das Land sofort räumen,