Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Bai, eine abgeschlossene, geräumige und tiefe Neben- 
bucht an der linken Seite des Außenhafens von 
Milindani. 6 
Das Städtchen Mikindani, welches zwar 60 Stein- 
häuser, aber doch nur 800 Einwohner zählt, liegt an 
einer kreisrunden Bucht, welche durch einen engen 
und gewundenen Kanal mit der großen, offenen 
Außenbucht in Verbindung steht. Dichte Annäherung 
an die Küste ist auch hier nur kleinen Schiffen 
möglich. Der Ort ist von Bedeutung als Sißtz des 
südlichsten Bezirksamtes, dessen Verlegung von Lindi 
im Januar 1896 erfolgte mit Rücksicht auf die 
größere Nähe der portugiesischen Grenze und der 
Rovumadistrikte, welche in letzter Zeit vielfach Gegen- 
stand bergmännischer Unternehmungen waren. Auch 
zur Zeit meines Besuches rüstete sich hier ein süd- 
afrikanischer Prospektor, Herr Schulz, zu einer 
Erforschungsreise. Eine andere Quelle wirthschaft- 
licher Bedentung verspricht für Mikindani die Perl- 
sischerei zu werden. Von mehreren Seiten sind 
Verträge geschlossen, welche auf eine rationelle Aus- 
nutung des bisher nur mit primitiven Mitteln seitens 
der Eingeborenen abgesuchten Fischgebietes abzielen. 
Seitens eines deutschen Unternehmers wird sogar 
die Herausschaffung eines mittleren Dampfbootes für 
diesen Betrieb geplant. 
Von untergeordneter Bedeutung ist dagegen der 
Handel, der sich im Wesentlichen auf Gummi be- 
schränkt. 
Das weiter nördlich gelegene Sudi war seit jeher 
ein von den Eingeborenen bevorzugter Handelsplatz. 
Dem regen Verkehr des Marktfleckens, des natür- 
lichen Ausfuhrhafens für das Machembagebiet, kommt 
es zu statten, daß an dem oberen Ende des Krieks 
eine sehr leistungsfähige Werft für einheimische Segler 
gelegen ist. 
Kaum weniger malerisch als Mikindani ist Lindi 
an der Mündungsbucht des Lukuledi gelegen. Da- 
durch ist die Verbindung mit dem Hinterland ge- 
geben. Lindi zählt 2000 Einwohner, die Deutsch- 
Ostafrikanische Gesellschaft treibt am Platze einen 
schwunghaften Handel mit Gummi und Wachs. Der 
Stadt gegenüber, auf den südlichen Hängen des 
Stromufers, liegt eine Pflanzung des Herrn Perrot, 
deren Größe auf 1500 ha angegeben wird. Auf 
dem urbar gemachten Stück sollen 10 000 Liberia- 
kaffeebäume ausgesetzt sein und ebenso viel in den 
Samenbeeten stehen. Auch sollen außer vielen anderen 
Versuchspflanzen 3000 Kapockbäume gedeihen. 
urz vor meiner Ankunft waren beunruhigende 
Nachrichten über das Auftreten von Magwangwara- 
horden am mittleren Rovuma ausgetreten. Die 
Häuptlinge selbst halten zwar fest an dem Gehorsam 
gegen das Gouvernement, aber alljährlich zieht die 
Schaar der jungen Krieger, welche sich zu verhei- 
rathen gedenken, nach alter Sulusitte aus, um durch 
Raub und Plünderung sich den Grundstock des zur 
Helrath erforderlichen Vermögens — besonders Vieh 
— bequem und kostenlos zu erwerben. Es sind 
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Beispiele vorhanden, daß Häuptlinge diesen jungen 
Leuten nachgelaufen sind, um sie mit Knüppeln an 
ihre Pflichten gegen den Bana mkubwa zu mahnen. 
Aber nicht immer vermögen sie sie zur Umkehr zu 
bewegen. 
So sind diese Kriegerhaufen der Schrecken der 
friedlichen Nachbarn und der Missionen. Es stand 
zu befürchten, daß die angesessene Bevölkerung die 
Felder nicht bestellt, sondern auch in diesem Jahre 
wie früher in die Berge flüchtet. Ich habe daher 
die in Lindi stehende 8. Kompagnie unter Premier- 
lieutenant Engelhardt in die bedrohten Gebiete 
marschiren lassen, um dort ein Lager zu beziehen. 
Die Kompagnie hat den Auftrag, im eigentlichen 
Sinne des Wortes als „Schutztruppe“ für die fried- 
liche Bevölkerung zu dienen. 
Kreisrund wie Mikindani ist die Mchingabai, 
nur ist die Oeffnung breiter, so daß zeitweise eine 
nicht gefährliche, aber doch unangenehme Brandung 
hineinsteht; die geräumige und tiefe Bucht ist fast 
ringsum von Niederlassungen eingerahmt und von 
waldigen Höhenzügen umschlossen. Unter der Gunst 
dieser Verhältnisse liegt die Bevölkerung auch hier 
eifrig dem Schiffbau ob. 
Zur Zeit untersucht Bergassessor Bornhardt 
die Fundstellen der Umgebung auf abbauwürdige 
Kohlen. Sollte das Ergebniß den Erwartungen 
entsprechen, so würde es sich fragen, ob nicht die 
Mchingabai als Ausfuhrhafen vor Lindi den Vorzug 
verdient. 
Kißwere zeigt bereits den Charakter der betrieb- 
samen, politisch mitlebenden nördlicheren Küsten- 
bevölkerung. Die Bucht theilt sich vor den Augen 
des einfahrenden Schiffers in zwei weit auslaufende 
Zipfel, zwischen denen sich eine gelbe Steinwand, 
wie eine vorspringende Bastion trotig in die See 
hinausschiebt. An dem südlichen Zipfel liegt das 
von Hassan bin Omari abgebrannte alte Kißwere. 
Die Bevölkerung, welche in die Sklaverei geschleppt 
wurde, ist nach Vernichtung des Rebellen theilweise 
zurückgekehrt, hat sich aber nunmehr in dem am Ende 
des Nordzipfels gelegenen Mtumbo angesiedelt. 
Miumbo gilt für wohlhabend. Dafür spricht 
auch, daß einige Inder dort ihrem Erwerbe nach- 
gehen können. Das Kulturelement ist der dort 
stationirte goanesische Zollbeamte mit selner Familie. 
Mit einfachen Mitteln, aber viel Geschmack und 
Thatkraft liegt er neben seinen Berufsgeschäften seiner 
Neigung ob, die sich auf Verschönerung des Fleckens 
erstreckt. Gartenanlagen, in denen er als einziger 
Christ des Ortes sogar einen Obelisk mit krönendem 
Krenze errichtet hat, umgeben das Zollhaus und den 
von der wohlhabenden Bevölkerung aus eigenen 
Mitteln erbauten geräumigen Schuppen. 
Dagegen hat Kilwa-Kisiwani die geringe handels- 
politische Bedeutung, die es besessen hat, zu Gunsten 
der Nachbarhäfen immer mehr eingebüßt, so daß das 
Nebenzollamt nicht mehr besetzt ist. Dafür besitzt es 
mit seinen Ruinenstädten das oft genug hervorgehobene
	        
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