Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Von Kwai wanderte ich in nordnordwestlicher 
Richtung weiter, bis ich nach vierstündigem Marsche 
das elende, nur aus vier Hütten bestehende Wambugu- 
nest Kuambe erreicht hatte. Der Weg führte durch 
ein sehr fruchtbares, welliges Hügelland, in dem 
Waldriesen mit lichten Buschbeständen und einzelnen 
urwaldartigen Partien abwechselten. Ueberall reichlich 
Wasser und für die Bodenkultur keine besonderen 
Schwierigkeiten. Häufig traten uns kleinere halb- 
wilde Rinderherden, unter ihnen prachtvolle Thiere, 
störend in den Weg, besonders mein Maulthier war 
das stete Objekt der Angriffe der wachsamen Leit- 
und Mutterthiere. Die Wambugu, welche fast nackt 
umhergehen, den Körper nur theilweise mit roh 
bearbeiteten Thierhäuten umhängend, sind ein schönes, 
kräftiges, von der Kultur noch gänzlich unbelecktes 
Bergvolk. Ihre kreisrunden Hütten, in denen der 
strenge Rauch dem Europser den Aufenthalt ver- 
bietet, bewohnen sie im friedlichsten Beisammensein 
mit ihrem Klein= und Großvieh. 
Am anderen Tage zog ich zunächst dem Thale 
des Kangaue entlang durch meist sehr fruchtbares 
Gebiet, in welchem auch kräftiger Wald auf nicht 
steinigem Grunde in größerer Ausdehnung vielleicht 
umfangrelche Kaffeekulturen gestatten würde, und er- 
reichte gegen Abend nach Durchquerung der Land- 
schaft Kwambugu, den Schegescherai rechts liegen 
lassend, den aus wenigen Hütten bestehenden Wam- 
buguort Siagembe, in der Rähe des auf der Bau- 
mannschen Karte mit Marindi, 2000 m hoch, be- 
zeichneten Punktes. Gerade die nähere Umgebung 
des von mir gewählten Lagerplatzes aus großen, 
langsam ansteigenden Wiesenhängen mit bewaldeten 
Kuppen bestehend, mit einem Gras= und Kräuterwuchs, 
der das freudige Staunen jedes der Landwirthschaft 
einigermaßen Kundigen erregen muß, erschien mir als 
ein idealer Ort für die Anlage eines landwirthschaft- 
lichen Betriebes. Der Wiesenboden ist nach der 
Aussage der Wambugu hier ursprünglich mit hohen 
Waldbäumen bestanden gewesen und anscheinend zu 
jeder Art von Kultur geeignet. Wilder Wein und 
hopfenartige Gewächse wucherten in der nächsten 
Umgebung des Platzes. 
Am 23. marschirte ich in fast westlicher Richtung 
dem Schummelande zu. Außer welligem fruchtbaren 
Gelände hatte ich zunächst auch, recht unbequem 
bergauf, bergab, drei dem Schummelande vorgelagerte 
Bergzüge zu passiren. Die Berge waren mit jüngeren 
dichtstehenden, auf dunkelschwarzrothem humusreichen 
Boden wurzelnden Bäumen und Schlinggewächsen 
bestanden, zwischen denen einzelne Baumriesen, ins- 
besondere kerzengerade Cedernstämme, emporragten. 
Am Westabhange des letzten Berges Kingereja fand 
ich am Wege stehend eine wilde Banane von gut 
1 m Durchmesser und 20 bis 30 Fuß Höhe, so daß 
ich zuerst glaubte, ein mir noch unbekanntes Tropen- 
gewächs vor mir zu haben, bis mich meine Begleiter 
belehrten, daß es die Mama (Mutter) der eßbaren 
Banane, also die wilde Banane der Urwälder Usam- 
baras sei. Es handelt sich demnach nur um ein 
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riesiges Exemplar einer weitverbreiteten Pflanzen- 
hattung, welches durch seine Ueppigkeit die außer- 
ordentliche Bodenfruchtbarkeit so recht augenfällig 
machen zu wollen schien. Die Waldungen dieser drei 
Berge besitzen für Anlage einer großen Kaffeeplantage 
genügende Ausdehnung. 
Ich durchzog nun die Schummehochebene, aber 
leider dank der Ungeschicklichkeit meines Führers in 
ihrem nördlichsten Theile, der durchaus nicht frucht- 
bar ist. Der Weg führte meist durch Wiesenthäler, 
deren dürftiges Gras auf steinigem Boden den Fährten 
nach anscheinend ziemlich zahlreichen Büffeln zur 
Nahrung dient. Die vorspringenden Waldecken oder 
auch ausgedehnteren Waldflächen zeigten keine ge- 
schlossenen Baumbestände. Gute Cedernstämme sah 
ich selten, und fast alle Bäume krankten an einer 
weißgrünen lang herunterhängenden Baumfflechte. 
Ich kann daher über das eigentliche angeblich so 
fruchtbare Schummehochland keine Auskunft geben. 
Es gelang mir an diesem Tage noch nach Durch- 
wanderung des Schummelandes den Abstieg vom 
Luguluaberge, der bei klarem Wetter eine herrliche 
Aussicht gewähren muß, zur Steppe auszuführen. 
Ein Weg quer durch die Steppe nach Mittelpare 
und die Berge Mittelpares hinauf war nicht zu er- 
kunden. Ich war daher genöthigt, meine Reise über 
Mikotscheni und Mabirione zum Fuße des Tindi 
(Mittelpare) fortzusetzen. Hier in dem Dorfe des 
Wakllindijumben Kimueri machte ich zwei Rasttage 
und benutzte sie, um bei den alten zuverlässigen 
Wakilindi eingehende Erkundigungen über Süd= und 
Mittelpare einzuziehen. Hiernach ist in Südpare, 
welches fast ganz abgeholzt und auch meistens steinig 
und wenig fruchtbar ist, für Plantagen und Ansie- 
delungen kein Raum. Hingegen ist das nur schwach 
bewohnte Mittelpare von 1000 m ab etwa fruchtbar 
und hat ein gemäßigtes Klima. Vor allen Dingen 
erstreckt sich vom Gipfel des Tindi ab bis nach 
Wudeh ein geschlossener Urwald. Diesen Urwald 
berühren die Eingeborenen gar nicht, da es, wie die 
Walilindi sich ausdrücken, drinnen sehr kalt ist und 
wilde Thiere und Geister dort wohnen. Kimuerl 
sagte mir auf Befragen nach dem Baumwuchs: „Herr, 
die Bäume in dem Walde sind so dick wie dein Zelt.“ 
Da diese Waldfläche Tausende von Hektaren umfaßt, 
so würde es sich wohl empfehlen, gelegentlich eine 
nähere Untersuchung Mittelpares auf seinen land- 
und forstwirthschaftlichen Werth ausführen zu lassen. 
Wenn eine gute Verbindung mit Masinde bis zur 
Küste hergestellt ist, kann die kulturelle Erschließung 
Mittelpares jedenfalls in Betracht gezogen werden. 
Vom Paregebirge trat ich die Rückreise durch 
die Steppe über den Mangasee nach Masinde an. 
Um diesen Ort nach beiden Richtungen, Süden 
und Norden, ist außerordentlich viel unter dem jetzigen 
Stationsleiter Sergeant Jaenke für den Wegebau 
geschehen. Zur Belohnung und Aufmunterung für 
die Zukunft würde ein erhebliches Geldgeschenk an 
die hauptsächlich am Wegebau betheillgten Jumben 
und Ortschaften jedenfalls am Platze sein. Der
	        
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