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Bachrichten aus den deuks'then Schuhgebieken.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Deufsch-Pltafrika.
Ubebe.
Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch-Ostafrika,
Generalmajor Liebert, hat in den Monaten Inni
bis September d. Is. eine Expedition in das Innere
ausgeführt und dabei insbesondere den klimatischen
und wirthschaftlichen Verhältnissen des Uhehegebietes
seine Aufmerksamkeit gewidmet. Der Gouverneur
hat die Ansicht gewonnen, daß sich große Theile
dieses Gebietes zu einer Ansiedelung eignen würden.
Die Vorbedingung würde allerdings sein, daß durch
Dampfer auf den Flüssen Rufidji und Ulanga und
Herstellung einer etwa 100 km langen Fahrstraße
behufs Umgehung der Schugulifälle eine ausreichende
Verbindung mit der Küste geschaffen würde.
Hauptmann Prince, welchem es gelungen ist,
den Einfluß des unbotmäßigen Sultans Mkwawa in
Uhehe vollständig zu brechen, hat über die Verhält-
nisse des Gebietes einen eingehenden Bericht erstattet,
dessen Ausführungen auch der Kaiserliche Gouverneur
in allen Punkten zustimmen zu können glaubt. Wir
entnehmen dem Bericht das Folgende:
Das ausgedehnte Gebiet zwischen den Flüssen
Ulanga und Ruaha einerseits, dem Ostrande des
Nyassasees und annähernd dem 37. Grad ösllicher
Länge andererseits war bis vor wenigen Monaten
ein geschlossenes Reich unter einem absoluten Selbst-
herrscher, dem „Sultan Mkwawa“. Solange es ein
solches blieb, sind unsere Bestrebungen, es zu unter-
werfen, vergeblich gewesen. Der erste Versuch
scheiterte gänzlich und war eine Niederlage unserer
Schutztruppe, deren Wirkung auf die Wahehe, wie
überhaupt auf die meisten Stämme von Tabora bis
zur Rovuma derart war, daß sie fast an allen
Punkten der Kolonie gefährliche Situationen schuf
und an denselben der Truppe drei Jahre lang zu
schaffen gab, bevor zum zweiten Zuge 1894 nach
Uhehe übergegangen werden konnte. Dieser versetzte
den Wahehe zwar einen schweren Schlag. Es wurde
indessen schon zwei Jahre später ein dritter Zug
nothwendig, der mit einer besonderen Schwierigkeit
zu kämpfen hatte, indem das militärisch gescheite
Volk, durch Schaden klug geworden, jedes ent-
scheidende Zusammentreffen vermied und vermöge
seiner militärischen Organisation es der Truppe un-
möglich machte, größere Schläge zu führen, so daß
die Unterwerfung nur langsam herbeigeführt werden
konnte. Seitdem ist ein Theil des Landes wieder
aufsässig geworden. Trotzdem ist aber jetzt — sechs
Jahre nach der ersten Aktion und nachdem wir
hegen die Wahehe mehr deutsche Offiziere und Unter-
offiziere sowie besonders Soldaten der Truppe ver-
loren haben als gegen alle anderen Stämme zu-
sammen — eine Station im Herzen des Landes
festbegründet, der Sultan mit dem noch verstockten
Theile der reinen Wahehe in den politisch am
wenigsten bedeutenden Strich des Reiches gedrängt,
in einer auf die Länge unhaltbaren Lage, die ge-
fährliche staatliche Organisation ausgelöst, / des
ganzen Landes und ½10 der Bevölkerung unserer
Herrschaft unterworfen.
Kein Stück Deutsch-Ostafrikas hat so lange und
so heftig erkämpft werden müssen, kein Theil der
Kolonie hat so viel Blut gekostet. Aber gerade dieses
Land ist der großen Opfer besonders würdig; denn
ausgedehnt, kühl und gesund, fruchtbar und im Be-
reiche unseres einzigen fahrbaren Stromes, ist sein
Werth gewährleistet, und die nicht große Entfernung
von der Küste cinerseits, sowie der Anschluß an die
ihm ähnlichen Gebiete am Nyassa Rikwa und
Tanganhyika andererseits machen es zu dem Punkte,
an welchem mit der Verwerkhung des großen
Innern der Kolonie zunächst begonnen werden kann.
Das in seinen Grenzen genannte Gebiet läßt sich
ungefähr am 35. Grade östlicher Länge in einen
westlichen kleinen Theil, „Ubena“, und einen weitaus
größeren Theil „Uhehe“ theilen. Letzterer bietet
uns besondere Vortheile und mag bis auf Weiteres
allein einer Prüfung unterzogen werden.
Man kann in Uhehe fünf verschiedene Zonen
unterscheiden, die von Nordost nach Südwest ein-
ander parallel laufen, von Süd nach Nord neben-
elnanderliegen, ziemlich gleich lang, aber verschieden
breit sind und zusammnen fast den ganzen Landtheil
ausfüllen. Diese Zonen haben ihre speziellen ver-
schiedenen Eigenschaften und sind wohl auch, einzeln
genommen, werthvoll, ergänzen sich aber gegenseitig
und gewinnen deshalb erst in ihrer Vereinigung und
in ihrer wechselseitigen Einwirkung aufeinander ihre
eigentliche große Bedeutung.
Die erste Zone ist die der tropischen Tiefebene;
sie liegt auf 200 bis 300 m absoluter Höhe zwischen
dem linken Ulangaufer und dem Rande des Hoch-
plateaus Uhehe und slellt den nördlichen Theil der
Flußniederung des Ulanga dar. Das Land ist in
der Hauptsache sehr flach und hauptsächlich mit dicht-
wucherndem, 4 m hohem Grase bedeckt; Baumwuchs
nur stellenweise, vorherrschend Dumpalmen und
Akazien; Waldbildung lediglich golerieartig längs
der Flußläufe. Längs des Plateaufußes steigt das
Land in dichten Vorbergen an, und diese sind meist
mit dichterem Akazienwald bestanden. Zahlreiche
Bäche und Flüsse ziehen von hier in den Ulanga.
Der von West nach Ost fließende Ulanga selbst ist
fast von den Quellen an bis zu den Schugulifällen
für flachgebaute Dampfer fahrbar. Ihre soeben er-
wähnten vom Plateaurande kommenden Zuflüsse sind
meist wasserreich und ziehen, abgesehen von der ersten
kurzen Strecke im Rayon der Vorhügel, durch flache