Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Lultan Mwanga von Uganda. 
Sekondlieutenant v. Wulffen berichtet 
Bukoba unter dem 25. Juli d. Is. Folgendes: 
„Am 21. Juli trat der Sultan Mwanga von 
Uganda mit seinem Anhange bei Minsiro in Buddu 
auf deutsches Gebiet über, nachdem er aus seiner 
Residenz Kampalla geflohen war und im englischen 
Theile Buddus einen Aufstand erregt hatte, der je- 
doch nach mehreren siegreichen Gefechten der Engländer 
unterdrückt wurde. Ein Theil der Leute, 450 bis 
460, trat mit Mwanga zu uns über, wurde nach 
Bukoba gebracht und dort entwaffnet (45 Hinterlader, 
ungefähr 200 Vorderlader 2c.). Der andere Theil, 
1500 bis 2000 seiner besten Leute unter dem Führer 
Madjasi, ist in Nkole und, von den Engländern hart 
bedrängt, anscheinend gewillt, auf deutsches Gebiet 
überzutreten. 
Es läßt sich über die Gründe der Flucht sowie 
über die augenblickliche politische Lage, die dadurch 
fervorgerufen ist, Folgendes zusammenstellen. Durch 
te Begünstigung der großen Katikeros in Uganda 
war unter der Hand die absolute Monarchie 
Mwangas in eine konstitutionelle umgeändert. Dies 
paßte diesem in keiner Weise. Verschiedene andere 
Umstände, wie Zollzahlen bei Ein= und Ausfuhr 
seiner Waaren, scharfe Kontrole über sein Thun und 
Lassen, ließen ihn schließlich zu dem Entschlusse 
kommen, zur Vertreibung aller Europäer am See 
einen allgemeinen Aufstand im Geheimen vorzu- 
bereiten. Die Gelegenheit schien ihm jetzt gerade 
günstig, indem die Manjema, welche eine belgische 
Expedition niedergemacht haben und sich im Besitze 
unzähliger Hinterlader, Geschütze und deren Munition 
befinden sollten, drohten, in Uganda einzufallen. 
Mwanga sandte an alle Sultane des westlichen 
Ufers, gleichgültig ob deutsch oder englisch, Gesandt- 
schaften, die, falls die Manjema siegreich wären und 
die von den Engländern ihnen entgegengeschickten 
2000 Waganda zurückschlügen, aufforderten, gemein- 
same Sache zur Vertreibung der Weißen mit den 
Manjema zu machen. Die Manjema ließen sich 
jedoch mit den Waganda gar nicht ein, sondern zogen 
nach Süden ab. Daraufhin handelte Mwanga auf 
eigene Faust, floh in seine südlichste Provinz Buddu 
in dem Glauben, daß sich nun ganz Uganda erheben 
würde. Mit großer Schnelligkeit kamen die Englän- 
der aber dem zuvor, indem sie mit einer großen 
Truppenmacht ihn mehrere Male schlugen und in 
deutsches Gebiet drängten. 
Zum Schutze der Grenze war ich sofort beim 
Ausbruch der Wirren abgerückt und es gelang mir, 
ihn gerade in dem Augenblick in Empfang nehmen 
zu können, als er den Fuß auf deutsches Gebiet 
setzte. Ich beeilte mich, ihn sofort von der Grenze 
nach Bukoba zu bringen, um jede Unruhe auf 
deutscher Seite zu vermelden.“ 
aus 
658 
  
In derselben Angelegenheit meldet Premier= 
lieutenant Schlobach aus Bukoba unter dem 
16. August: 
„Es ist natürlich, daß der Uebertritt des 
Mwanga, des Kabeka von Uganda, auch hier im 
Seengebiet großes Aufsehen erregte. Die Aufregung 
at sich jedoch bereits gelegt, eine Gefahr ist 
nicht mehr vorhanden, Mwanga entwaffnet. Die 
etwa 2000 Waganda, deren Eindringen in unser 
Gebiet befürchtet wurde, sind von der Grenze von 
Deutsch-Mbuddu über Nkole, Mpororo abgezogen, 
wahrscheinlich in der Richtung von Unioro und Toro, 
um sich dort eventnell mit Feinden der Engländer 
gegen diese zu verbinden. 
Es handelt sich nunmehr nur darum, die Person 
des Mwanga unterzubringen. Es ist ausgeschlossen, 
den Mwanga am Westufer des Sees zu belassen. 
Die Sultane des Bukobagebletes wollen ihn dort 
nicht haben, auch ist sicher, daß er von hier aus 
mit Ruanda konspiriren, dorthin eventuell fliehen 
würde, denn er wünscht, wie die Missionare be- 
haupten, sich dort ein neues Relch zu gründen. 
Von dort aus würde dann auch unserem Gebiete 
Gefahr drohen. 
Eine mögliche Lösung der Frage besteht darin, 
daß Mwanga dicht bei der Station Muanza 
dauernd untergebracht wird, unter der beständigen 
Aufsicht derselben. Kaufmann Sirxdorf, welcher 
augenblicklich hier in Bukoba anwesend ist, hat sich 
bereit erklärt, Mwanga vorläufig in seine Nieder- 
lassung aufzunehmen, die etwa 300 m von der 
Station Muanza entfernt ist. Da Sixdorf mit 
Mwangga seit Jahren bekannt ist, verliert der Trans- 
port des Mwanga nach Muanza den Charakter der 
gewaltsamen Ueberführung sowie sein Ausenthalt da- 
selbst den Charakter der Haft. Bis eine Entscheidung 
des Gouvernements eintrifft, wird für ständige Be- 
wachung des Mwanga in Gestalt eines Ehrenpostens 
gesorgt werden. Die Zahl der hier befindlichen 
Anhänger beträgt etwa 450. 
In Bukoba befindet sich momentan das englische 
Dampfboot sowie die drei Segelboote „Fürst Wied“, 
„Herrmann“ und „Wilhelm". Das Dampfboot fährt 
am heutigen Tage nach Muanza und wird Sixdorf 
und Mwanga mitnehmen sowie Lieutenant v. Wulffen, 
der die Ueberbringung leiten soll, da er alle bis- 
herigen Schauris mit Mwanga erledigt hat. Ver- 
mittelst der drei Segelboote werden zunächst 100 
Waganda heute nach Muanza transportirt. Die 
Stationen werden sich bemühen, die fleißigen, ge- 
schickten Waganda seßhaft zu machen. 
Den Transport der Segelboote übernimmt Ser- 
geant Wassilewski mit neun Askaris. Lientenant 
v. Wulffen kehrt mit dem englischen Dampfboot 
in wenigen Tagen hierher zurück, worauf ich selbst
	        
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