Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

ermittelt, aber höchst wahrscheinlich geschieht es dort 
ebenfalls durch Stechfliegen. 
Der Parasit, eine Trypanosomaart“), ist zwel 
bis dreimal so lang, als der Durchmesser eines 
rothen Blutkörperchens. Er hat eine fischähnliche Ge- 
stalt und treibt sich mit lebhaften, schlängelnden Be- 
wegungen zwischen den Blutzellen umher. Ich habe 
ihn niemals im Innern von Zellen gesehen. Er ist 
farblos, nimmt aber Anilinfarben an. So ist die 
beigefügte Skizze nach einem mit Methylenblau ge- 
färbten Präparate angefertigt. 
Wenn Thiere der Infektion ausgesetzt gewesen 
sind, dann erkranken sie nicht sofort, sondern nach 
einem Inkubationsstadlum, welches bei den von mir 
angestellten künstlichen Uebertragungen eine Dauer 
von 9 bis 12 Tagen hatte. Der Beginn der Krank- 
heit giebt sich durch Steigen der Körpertemperatur 
und das Auftreten der Parasiten im Blute zu er- 
kennen. Charakteristische anderweitige Symptome 
stellen sich nicht ein. Unter schnell zunehmender 
Schwäche, Blutarmuth und Abmagerung können die 
Thiere bald zu Grunde gehen, oder sie verfallen in 
ein mehr oder weniger lange Zeit sich hinziehendes 
Siechthum, bei dem, wie Dr. Lingard nachgewiesen 
hat und wie ich nach eigenen Beobachtungen be- 
stätigen kann, die Parasiten aus dem Blute zeit- 
weilig verschwinden, um periodenweise immer wieder 
von Neuem zu erscheinen und schließlich das Thier 
nach vielen Monaten zu Grunde zu richten. Ich 
habe in Indien im Versuchsstall Dr. Lingards 
ein an Surra leidendes Thier gesehen, welches aufs 
Aeußerste abgemagert war und bereits länger als ein 
Jahr an der Krankheit litt. Auch in Ostafrika 
konnte ich Thiere beobachten, welche an dieser chro- 
nischen Form der Surra seit Monaten litten. 
Spontane Heilungen scheinen nicht oder doch nur aus- 
nahmsweise vorzukommen. 
Ich entdeckte die Krankheit zuerst in Dar-es- 
Saläm in einer dem Gouvernement gehörigen Herde 
bei einigen Thieren und kurze Zeit darauf auch bei 
einem Rinde, welches einem früheren Beamten ge- 
hörte und nie mit jener Herde in Berührung ge- 
kommen war. Später konnte ich die Krankheit noch 
auf der Insel Mafia unter den Thieren der Vieh- 
station Msikitini, auf der Viehstation Pegu, unter 
den Rindern des Häuptlings Baruck in Barucksruh 
und in einer Herde nachweisen, welche für West- 
Usambara bestimmt, aber wegen Krankheitsverdachts 
in Mombo, am Fuße des Gebirges, zurückgehalten war. 
Im Ganzen fand ich 26 Thiere, welche an 
Surra litten. Diese Zahl giebt aber bei Weitem 
nicht an, wie groß die Verluste sind, welche durch 
die Krankheit bedingt werden, und wie viele Thiere 
augenblicklich unter dem Küstenvieh mit Surra be- 
haftet sind. Sehr viele Rinder sind schon auf dem 
Transport zur Küste und bald nach ihrer Ankunft 
*) Die Abbildung des Parasiten werden wir in nächster 
Nummer bringen. ¾* Red. « chf 
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zu Grunde gegangen und von den noch vorhandenen 
wurden nur die schwerkranken Thiere untersucht. 
Unter letzteren ließen aber manche, obwohl die 
anämische Beschaffenheit des Blutes bestimmten Ver- 
dacht auf Surra erweckte, bei der Untersuchung die 
Parasiten vermissen; vermuthlich weil die Thiere sich 
gerade in einer parasitenfreien Zwischenperiode der 
Krankheit befanden. 
Schon bei den ersten Surrabefunden fiel es auf, 
daß die erkrankten Thiere sämmtlich eine und die- 
selbe Herkunft hatten. Die verschiedenen Herden 
setzten sich aus Vieh zusammen, welches aus dem 
Innern, und zwar aus verschiedenen Gegenden, 
hauptsächlichaber aus Kilimatinde und Iringa, stammten. 
Obwohl nun Stallungen und Weide allen diesen 
Thieren gemeinschaftlich waren, so fanden sich Surra- 
kranke doch nur unter dem Vieh aus Iringa. 
Die Thiere waren zu verschiedenen Zeiten aus dem 
Innern gebracht und bald nach der Ankunft auf die 
einzelnen Stationen vertheilt; auch das Vieh in 
Barucksruh, ein Geschenk des Gouvernements an 
Baruck, bestand zum Theil aus Iringarindern. 
Die einzige Ausnahme schien das in Privatbesitz be- 
findliche Surrarind in Dar-es-Saläm zu sein; aber 
beim Nachfragen stellte sich heraus, daß auch dieses 
Thier von seinem Besitzer einige Zeit vorher aus 
Iringa gebracht war. 
Es mußte somit der Verdacht entstehen, daß die 
Krankheit aus Iringa stamme. Nach dieser Rich- 
tung angestellte Erkundigungen ergaben indessen sehr 
bald, daß das Vieh in Iringa und im ganzen Uhehe- 
Lande vorzüglich gedeiht und daß dort von der 
Surrakrankheit nichts bekannt ist. Es ließ sich dann 
weiter in Erfahrung bringen, daß das Vieh auf 
seinem Wege von Iringa zur Küste elne Gegend 
passiren muß, in welcher es unmöglich ist, Vieh zu 
halten, weil dort alle Thiere bei längerem Aufent- 
halte zu Grunde gehen. Es ist dies das Thal des 
Ruahaflusses, und es hat den Anschein, als ob in 
dieser Gegend der Sitz der Krankheit und der Ort 
der Infektion für das auf dem Wege zur Küste be- 
findliche Vieh zu suchen ist. In diesem Falle würde 
der Ruaha für einen Theil des Schutzgebietes eine 
ähnliche Rolle spielen wie der Zambesi in Südafrika, 
welcher bekanntlich durch die an seinen Ufern 
herrschende Tsetsekrankheit allen Viehtransporten ein 
ast unüberwindliches Hinderniß entgegenstellt. Es 
cheint mir auch nicht ausgeschlossen, daß außer dem 
Ruaha noch andere Flußniederungen in der Kolonie 
existiren, welche ebenfalls Surraherde bilden. 
Leider ist die Entfernung von der Küste zum 
Ruaha zu groß, als daß ich daran denken könnte, 
an Ort und Stelle Nachforschungen darüber anzu- 
stellen, ob im Ruahagebiet die Tsetsefliege vor- 
kommt, ob und welche Thiere in jenen Gegenden an 
Surra leiden und die Infektionsquelle für die Rinder 
bilden. In Südafrika hat man in dieser Beziehung 
die Büffel und großen Antilopen in Verdacht und 
hat behauptet, daß in den Gegenden, wo diese Thiere 
 
	        
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