Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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Dr. Briart schlug vor, die Hälfte der Expedition 
mit seinem ungefähr am 1. Januar von Mbangbi 
zurückerwarteten kleinen Schraubendampfer „La 
France“ zu befördern, den Rest übernahm er mit 
nächster sich bietender Gelegenheit nachzusenden. 
Unter den obwaltenden Umständen konnte ich nichts 
thun als das Anerbieten mit Dank anzunehmen und 
vorläufig zu warten. 
Ein schönerer Punkt für diese an sich eintönige 
Beschäftigung wie das gastliche Kinshassa im Schatten 
seiner berühmten Baobabs läßt sich freilich kaum 
denken. Meerähnlich wirkt der glänzende, weithin- 
gestreckte Spiegel des Pool mit seinen zahlreichen 
Inseln und Wirbelströmungen, in stets wechselnder 
Beleuchtung dehnt sich gegenüber das französische 
Ufer aus; man unterscheidet die Häuser von Brazza- 
ville, der Mission der Péres du St. Esprit, des 
holländischen Hauses. Verhandlungen und Be- 
sprechungen mit den französischen Behörden, Vor- 
bereitungsarbeiten, Umpacken, Exerziren der Eskort- 
mannschaften, Schreibarbeit und dergleichen füllten 
die Zeit aus. 
Ich besuchte den Kommandanten des Distrikts in 
Leopoldville, den Generalkommissar für den franzö- 
sischen Kongo, Herrn Henrion, in Brazzaville, den 
Bischof Angonard in seiner schön gelegenen und 
vorzüglich gehaltenen Missionsstation und hatte 
Gelegenheit, meinen Namen in das allen Afrikanern 
bekannte Fremdenbuch des nicht minder bekannten 
Hauptagenten der Nieuve Africaansche Handelsvenoot- 
shap Herrn Anton Greßhof einzutragen; ich empfing 
die Gegenbesuche dieser Herren und studirte, so gut 
es ging, Land, Leute und Einrichtungen. 
Der Kongostaat, der sich ja die Pflege und Ver- 
mittelung des Verkehrs zur ganz besonderen Auf- 
gabe gemacht hat, verfügt über eine stattliche Flottille 
von mehr als 30 Dampfern von verschiedener Größe. 
Trotzdem ist aber der Staat nicht im Stande, allen 
an seine Transportleistungen gestellten Anforderungen 
zu entsprechen. So bauen jetzt wieder alle hier 
etablirten Handelshäuser eigene Dampfer, auf allen 
Werften herrscht rege Thätigkeit. Die Energie und 
der praktische Sinn, mit dem hier gearbeitet wird, 
verdient höchste Anerkennung; nirgends befindet sich 
eine größere maschinelle Anlage mit Dampfbetrieb 
oder gar ein Patentslip wie in Kamerun. Kleine 
und große Dampfer werden in Stücken per Bahn 
herbefördert, auf hölzernen Unterlagen zusammengesetzt 
und von Stapel gelassen. Ingenieure und Maschinisten 
sind, abgesehen von einigen Belgiern, vielfach aus 
Norwegen und Schweden. 
Die Ausfuhrartikel sind Elsenbein und Gummi. 
Besondere Erwähnung verdient die ganz vorzüg- 
lich eingerichtete Mission des Bischofs Angonard 
in Brazzaville. Auf Hügeln am Seeufer gelegen, 
sind sämmtliche Gebäude geräumig und luftig aus 
selbstverfertigten Ziegeln hergestellt. Geradezu muster- 
gültig sind die Kirche und das Wohnhaus der Patres. 
  
Die Zöglinge der Mission treiben unter Anleitung 
der Missionare eifrig Gartenbau; weithin erstrecken 
sich Anlagen von europäischem und einheimischem 
Gemüse, von Obstsorten aller Art, durchschnitten von 
breiten Alleen, die mit Mandarinen und Mango be- 
pflanzt sind. Rindvieh, Schafe und Hühner werden 
gezüchtet; mit ganz besonderem Erfolg auch Esel, die 
der rührige Bischof vor Jahren von den kanarischen 
Inseln her eingeführt hat; der Stall weist zwei 
Zuchthengste und einige 20 Stuten auf; eine Menge 
junge, dort geborene Thiere gedeihen vortrefflich. 
Die Esel finden als Last= und Reitthiere Verwendung. 
Am 9. Januar d. Is. konnte ich endlich auf dem 
kleinen Schraubendampfer „La France“ mit Leutnant 
Kramsta, Sergeant Gruschka und der Hälfte der 
Expedition die Weiterreise antreten. Nach Erledigung 
der letzten Zollformalitäten führte unser Weg durch 
den Stanley Pool, an den vielgenannten Dover Cliffs 
vorbei in den „Kanal“, eine durch auf beiden Seiten 
herantretende Berge bewirkte Verengung des gewal- 
tigen Strombettes auf durchschnittlich ungefähr 1 km 
Breite. In tiefem felsigen Bett schießt das braune 
Wasser, theilweise strömschnellenartig, dem Pool zu; 
die Schifffahrt ist der Felsen und Wirbelströmungen 
halber nicht ganz ungefährlich. Die Uferberge sind 
theils bewaldet, theils mit Grasflächen bedeckt; san- 
dige Uferstellen bieten erwünschte Gelegenheiten zu 
nächtlicher Rast, da auf dem Dampfer hierfür kein 
Raum vorhanden. Während der Nacht wird von 
den Mannschaften bei diesen Flußreisen Holz gefällt 
und an Bord genommen, das Heizmaterial für die 
folgende Tagesreise. Der Staat hat für seine Dampfer 
neuerdings Holzstationen eingerichtet, wie dies auf 
dem Niger schon seit lange üblich ist. Abends und 
nachts wurden wir hier gewöhnlich von einem heftigen 
Tornado mit schwerem Regen überfallen. Am 
12. Januar passirten wir Kuamoutu, die Mündung 
des Kassai und bewunderten von fern die ausge- 
dehnten Anlagen der belgischen Missionsstation Berghe 
St. Marie. Hier beginnt der Fluß sich zu verbrei- 
tern, bis er bei Tshumbiri in eine seeartige Erwei- 
terung mit zahllosen Inseln übergeht und diesen 
Charakter bis weit stromauf beibehält. In Tshumbiri 
besuchte ich die englisch-amerikanische Missionsstation 
des Herrn Billington, in Bolobo am 14. die 
englische Baptistenmission des bekannten Missionars 
und Reisenden Gomfell. Letzterer selbst war mit 
seinem Dampfer „Goodwill“ nach Stanley Falls ge- 
fahren, dagegen empfing uns seine Frau, eine Negerin 
aus Victoria (Kamerun) sowie die übrigen weißen 
Mitglieder der Missionsstation. Auch hier Ziegel- 
bauten und sehr weitläufige Gartenanlagen. Beson- 
ders interessant ist die Buchdruckerei und Buchbinderei. 
Es werden hier unter Leitung eines Weißen durch 
die schwarzen Zöglinge der Mission Bibeln, Unter- 
richtsbücher und dergleichen in sieben Sprachen ge- 
druckt. Die französische und die kongostaatliche Re- 
gierung lassen ihre amtlichen Bekanntmachungen und 
Veröffentlichungen in Bolobo drucken; auch unsere
	        
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