— 768 —
Dieser Einfluß konnte mir nicht gleichgültig sein;
denn blieb derselbe heidnisch, so hatten wir im ganzen
Land dagegen zu kämpfen, gelang es uns aber, ihn
zu christianisiren, so mußte uns das überall zu gute
kommen. Und so wünschte ich, dort eine Erziehungs-
anstalt zu haben, in der begabte junge Leute, die
die Volksschule durchlaufen haben, eine weitere Aus-
bildung von drei bis vier Jahren erhalten könnten,
um sich, hauptsächlich auch durch Erlernen des Deut-
schen, für den Dienst bei Europäern vorzubereiten.
Die Schule sollte kein Vorseminar, auch keine Kost-
schule, sondern eine Freischule sein, in welcher jeder
Tag eine Stunde Bibelunterricht, die übrigen Vor-
mittagsstunden aber auf Erlernung des Deutschen 2c.
verwendet werden sollten. Am Nachmittag sollten die
Schüler für die Erwerbung ihres Unterhalts sorgen,
aber angehalten werden, im Schulhause zu schlafen,
überhaupt dasselbe als ihre Heimath zu betrachten.
Durch das Letztere würden die Schüler zugleich an
europäische Ordnung gewöhnt und am nächtlichen
Herumschwärmen verhindert.
Da das Missionskomitee fast immer mit einem
Defizit zu kämpfen hatte, erließ ich einen Nothschrei
an den evangelischen Afrikaverein, worin ich die Ver-
hältnisse darlegte, die Nothwendigkeit einer solchen
Schule betonte und um Unterstützung bat. Die
Korrespondenz ging durch Herrn Pastor Müller in
Groppendorf, und wir erhielten dann auch von diesem
die Antwort, daß der evangelische Afrikaverein bereit
sei, vor der Hand für die nächsten zwei Jahre eine
solche Schule mit je 2600 Mk. in halbjährigen Raten
zu unterstützen. Die Folge dieser freundlichen Zu-
sage war, daß unser Komitee im April 1898 einen
Missionar (Gutekunst) mit der Bestimmung nach
Kamerun sandte, eine solche Schule zu beginnen. Zu
gleicher Zeit gelang es mir, in Belldorf eine billige
und doch brauchbare Wohnung für Missionar Gute-
kunst zu erwerben, und da schon einc aus Wellblech
gebaute Kapelle sich dort befand, so konnte im August
1898 die Schule eröffnet werden. Sie befindct sich
zur Zeit mit 60 Schülern im schönsten Gedeihen.
Ebenso hat das Missionskomitee selbst zu gleicher
Zeit in Bethel (Bonaku) eine Mädchenanstalt errichtet,
und die Weiterführung der zweiten Regierungsschule
in Bonebela übernommen, so daß die Unterstützung,
die der evangelische Afrikaverein uns zu Theil werden
läßt, doppelt wohlthätig ist.
Daß die Erbauung eines Schulhauses mit der
Zeit nothwendig werden würde, habe ich, soviel ich
mich erinnere, seinerzeit schon in meinem Nothschrei
erwähnt, und diese Nothwendigkeit fängt nun an ein-
zutreten. Zunächst macht sie sich beim Schulzimmer
geltend. Dieses bildet eine von Blech, ohne innere
Verschalung gebaute Kapelle, und ist zum Schule-
halten für den Europäer nur ein Nothbehelf; denn
scheint die Sonne, so ist es drinnen unerträglich heiß,
und regnet es, so versteht man wegen des Geplät-
schers sein eigenes Wort nicht. Zudem erhält die
Schule bald eine dritte Klasse, so daß ein Raum
nicht mehr genügt. Es ist deshalb wahrscheinlich
schon eine Bitte um Erbauung eines Schullokals an
das Komitee unterwegs.
Aber auch eine bessere Wohnung für den Schul-
vorsteher wird mit der Zeit nöthig werden, denn die
Zimmer der jetzigen sind sehr niedrig und winkelig.
Die „Rheinischen Missionsberichte“ melden aus
Deutsch-Südwestafrika: Die Konferenz des Groß-
namalandes fand vom 30. Juli bis 6. August in
Bethanien statt, verbunden mit Einweihung der neuen
stattlichen Kirche daselbst. Die Konferenz des Herero-
landes tagte vom 22. bis 29. August in Otjimbingue.
In Otjimbingne wurde die Konferenz verbunden mit
der Feier des 50 jährigen Bestehens der Station
(gegründet 9. Juli 1849 durch Rath). Die Aeltesten
der Gemeinde überreichten bei dieser Gelegenheit vor
dem Altar eine Jubelgabe für die Mission von
2055 Mk. (davon 458 von den Weißen, 1597 von
der farbigen Gemeinde; letztere zählt nach dem letzten
Jahresbericht 752 Glieder). «
Missionar Riechmann schreibt, daß von April
bis Mai in Franzfontein leider wieder eine rechte
Fieberzeit geherrscht habe; er habe 25 seiner Ge—
meindeglieder zu Grabe tragen müssen, doch seien
manche von ihnen still und friedlich heimgegangen,
darunter auch der alte Schulmeister Timotheus,
„mein alter Freund und Mitarbeiter am hiesigen
Missionswerk“, schreibt Riechmann.
Die neue Station der „Neuendettelsauer Missions-
gesellschaft“ (vergl. Kol. Bl. S. 108) hat den Namen
Deinzerhöhe erhalten.
Die „Kirchlichen Mittheilungen“ schreiben darüber:
Was zunächst den Namen der neuen Station be-
trifft, so sei zu seinem Verständniß bemerkt, daß die
zahlreichen Schüler und Freunde des seligen Missions-
inspektors Johannes Deinzer in Nordamerika be-
schlossen haben, dem verehrten Lehrer zum Ehren-
gedächtniß damit ein Denkmal zu setzen. Doch nun
zur Gründungsgeschichte der Station selbst! Zwei
Thatsachen insonderheit sind es, in denen wir eine
kräftige Ermunterung zur Erweiterung unseres Arbeits-
gebietes nicht übersehen oder überhören konnten,
wollten wir uns nicht den Vorwurf der Blindheit
oder Taubheit zuziehen.
Erstlich hatte sich unseren Brüdern draußen je
länger desto klarer die Erkenntniß aufgedrängt, daß
der Jabimstamm und der südlich von ihm am Huon-
golf wohnende Bukauastamm hinsichtlich des Balums-
kultus, in welchem das ganze papuanische Heidenthum
seinen Mittelpunkt hat, aufs Engste zusammenhängen.
Erst wenn bei den Bukauas der Balum stürzt, stürzt
er auch bei den Jabims. Da nun von Simbang
aus dieser Stamm wegen zu großer Entfernung nicht
ständig mit Gottes Wort versorgt werden kann, vor