hierher zu senden, und behielt nur, um seiner Auf-
forderung mehr Nachdruck zu verleihen, einen alten
King und seinen Sohn als Geisel zurück. Der
Mann hatte es nicht schlecht, man behandelte ihn
zuvorkommend und zum Beweise dafür durfte er
auf der Station umhergehen. Nicht lange dauerte
es, und der Alte war spurlos verschwunden. Die
Friedensversicherungen der Bulekings waren nichts
als Heuchelei. Wie es scheint, kamen sie nur, um
zu spioniren. Die kleine, aus zehn Mann bestehende
Polizeitruppe des Bezirksamtmanns flößte ihnen
keine Furcht ein, im Gegentheil war ihr Auftreten
ziemlich selbstbewußt, was ich aus ihren Reden ent-
nehmen konnte. Ich hatte sie nämlich einladen lassen,
mich zu besuchen, wobei sie unter Anderem sagten,
daß sie die Weißen nicht fürchteten, sie hätten viel
Pulver und Gewehre. Der alte King scheint die
anderen aufgestachelt zu haben; er hetzte sie auf,
indem er ihnen sagte, daß jetzt die geeignetste Zeit
sei, um loszuschlagen. Sie hatten es darauf ab-
gesehen, alle Weißen sammt dem Gorverneur zu
tödten. Während wir auf die Gerüchte, daß die
Bule in Anmarsch seien, nicht achteten, weil uns die
Kühnheit, eine Küstenstation anzugreisen, zu groß
schien, auch thaten wir den Buleleuten nie etwas zu
Leide, brachten die zwischen unserer Batanga= und
der Bulebevölkerung wohnenden Mabeas alle ihre
Habseligkeiten zur Küste. Auch die Kribileute brachten
alle ihre Sachen über die Brücke. Der Kribifluß
theilt nämlich Kribi in zwei Theile. Auf der linken
Seite des Flusses wurden die Bule erwartet, und
da dieselben des Schwimmens unkundig sind, so
hielt man sich mit Recht auf der rechten Seite des
Flusses gesicherter. Auf der linken Seite, gerade
da, wo die Brücke die beiden Towns miteinander
verbindet, liegt auf einer kleinen Anhöhe unsere
Station mit einer großen Kirche, mit unserem Wohn-
haus, Schule, Werkstätten und sonstigen Gebäuden.
Da, wo der Fluß ins Meer mündet, steht ebenfalls
auf der linken Seite des Flusses auf einer Anhöhe,
im Rücken von prächtigen Palmen umgeben, das
Schwesternhaus mit Kapelle und Schule. Wir
hatten an hundert Jungen und dreißig Mädchen in
Pflege und Unterricht. Am Freitag, den 22. Sep-
tember, gegen Mittag, theilten mir fliehende Buambe-
leute mit, daß das 1½ Stunden entfernte Buambe,
wo wir eine Kirche mit Wohnhaus und Schule
hatten, von den Bule besetzt und in Brand gesteckt
sei. Jetzt zweifelte Niemand mehr, daß sie auch
hierher kommen würden. Ich rettete, was zu retten
war. Zunächst eilte ich zu den Schwestern, welche
ihr Haus an der äußersten Spitze gegen Buambe
haben, brachte das Allerheiligste in Sicherheit
und führte die drei Schwestern mit ihren Mädchen
auf unsere Station. Ich hatte diese noch nicht er-
reicht, als man schon die dumpfen Schüsse der Bule
hörte. Um sicherer zu gehen, schickte ich die
Schwestern auf die andere Seite des Flusses. In-
zwischen waren die Bule angekommen und schon im
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Räubern begriffen, als ihnen der Bezirksamtmann mit
seinen zehn schwarzen Soldaten entgegenrückte und
sie nach dreistündigem Kampfe zurücktrieb. Die
Bule hatten Gewehre, welche sie mit Nägeln, Draht-
stückchen und Splittern aus zerschlagenen eisernen
Töpfen luden. Es blieben fünf Bule todt, drei
Soldaten von uns wurden verwundet. Die Batanga-
bevölkerung (Küstenbevölkerung) zeigte sich seige und
unterstützte uns nur wenig. Der nächste Tag brachte
den Bule acht Todte, ein Spion wurde eingefangen
und aufgehängt. An diesem Tage kam ein Woer-
manndampfer, der in größter Eile nach Kamerun lief,
um Hülse zu holen; mit diesem gingen auch unsere
drei Schwestern sort. Leider kam er zu spät. Die
Bule holten Verstärkung und drangen mit aller
Macht gegen Kribi vor, ihre Schüsse krachten von
allen Seiten. Leider erhielt Bruder Bernard einen
Streifschuß am Kopf und kurz darauf Herr Baron
v. Malsen einen Schuß in den Rücken; beide Schüsse
sind ungefährlich. Letzterer hatte sich zum Schutze
der Mission und auch um den Uebergang über die
Brücke zu verhüten, mit seinen sieben Soldaten hinter
der Mission aufgestellt; die übrigen Weißen standen
zum Theil auf der Brücke und im Hofe der Mission.
Nur wenige Stunden gelang es, den Feind hinzu-
halten, er kam in großer Uebermacht, man mußte die
Mission preisgeben und sich auf die Brücke zurück-
ziehen. Vorsichtshalber wurde die Brücke zum
Theil abgebrochen. Ein Soldat wurde noch ver-
wundet, so daß wir nur sechs hatten. Während
dieser Zeit, trotz des heftigsten Feuers auf die Bule,
begannen diese die jetzt preisgegebene Mission aufs
Gründlichste zu plündern. Die Town war inzwischen
in Brand gesteckt worden, glücklicherweise blieb die
Mission davon verschont. Allerdings wurde sie arg
zugerichtet. Fenster und Thüren wurden eingeschlagen,
was nicht niet= und nagelfest war, wurde vernichtet
oder mitgenommen. Die Bule kamen mit Weib und
Kmd. Die Weiber beförderten die geraubten Gegen-
stände in größter Eile in den Busch. Nicht ein
Meßgewand noch Stola blieb übrig, Kirchenwäsche
und alles Tragbare wurde mitgenommen oder zerstört,
wir mußten ruhig zusehen, wie Alles fortgetragen
wurde. Unser Pferd wurde im Stalle abgeschlachtet.
Auch die Faktoreien des diesseitigen Users wurden
geplündert, obgleich es manchem Bule das Leben
kostete. Das Schwesternhaus wurde schon am Frei-
tag ausgeplündert und Vieles demolirt. Die Ver-
wüstungen in der Kuche thaten mir um so mehr
leid, da wir mit den vor einiger Zeit begonnenen
Ausbesserungen nahezu am Ende waren. Nicht besser
erging es unserer Nebenstation Buambe. Wo unsere
Kinder alle hingerathen sind, das weiß der liebe Gott,
vertheidigen konnten wir sie nicht länger, und so
schlossen sie sich dem fliehenden Volke an. Wir
waren selbst so in die Enge gedrängt, daß wir bald
selbst in unseren Booten fliehen mußten. Gott sei
Dank, es kam nicht so weit, der Woermanndampfer,
welcher die Schwestern nach Kamernn brachte, kehrte