Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

hierher zu senden, und behielt nur, um seiner Auf- 
forderung mehr Nachdruck zu verleihen, einen alten 
King und seinen Sohn als Geisel zurück. Der 
Mann hatte es nicht schlecht, man behandelte ihn 
zuvorkommend und zum Beweise dafür durfte er 
auf der Station umhergehen. Nicht lange dauerte 
es, und der Alte war spurlos verschwunden. Die 
Friedensversicherungen der Bulekings waren nichts 
als Heuchelei. Wie es scheint, kamen sie nur, um 
zu spioniren. Die kleine, aus zehn Mann bestehende 
Polizeitruppe des Bezirksamtmanns flößte ihnen 
keine Furcht ein, im Gegentheil war ihr Auftreten 
ziemlich selbstbewußt, was ich aus ihren Reden ent- 
nehmen konnte. Ich hatte sie nämlich einladen lassen, 
mich zu besuchen, wobei sie unter Anderem sagten, 
daß sie die Weißen nicht fürchteten, sie hätten viel 
Pulver und Gewehre. Der alte King scheint die 
anderen aufgestachelt zu haben; er hetzte sie auf, 
indem er ihnen sagte, daß jetzt die geeignetste Zeit 
sei, um loszuschlagen. Sie hatten es darauf ab- 
gesehen, alle Weißen sammt dem Gorverneur zu 
tödten. Während wir auf die Gerüchte, daß die 
Bule in Anmarsch seien, nicht achteten, weil uns die 
Kühnheit, eine Küstenstation anzugreisen, zu groß 
schien, auch thaten wir den Buleleuten nie etwas zu 
Leide, brachten die zwischen unserer Batanga= und 
der Bulebevölkerung wohnenden Mabeas alle ihre 
Habseligkeiten zur Küste. Auch die Kribileute brachten 
alle ihre Sachen über die Brücke. Der Kribifluß 
theilt nämlich Kribi in zwei Theile. Auf der linken 
Seite des Flusses wurden die Bule erwartet, und 
da dieselben des Schwimmens unkundig sind, so 
hielt man sich mit Recht auf der rechten Seite des 
Flusses gesicherter. Auf der linken Seite, gerade 
da, wo die Brücke die beiden Towns miteinander 
verbindet, liegt auf einer kleinen Anhöhe unsere 
Station mit einer großen Kirche, mit unserem Wohn- 
haus, Schule, Werkstätten und sonstigen Gebäuden. 
Da, wo der Fluß ins Meer mündet, steht ebenfalls 
auf der linken Seite des Flusses auf einer Anhöhe, 
im Rücken von prächtigen Palmen umgeben, das 
Schwesternhaus mit Kapelle und Schule. Wir 
hatten an hundert Jungen und dreißig Mädchen in 
Pflege und Unterricht. Am Freitag, den 22. Sep- 
tember, gegen Mittag, theilten mir fliehende Buambe- 
leute mit, daß das 1½ Stunden entfernte Buambe, 
wo wir eine Kirche mit Wohnhaus und Schule 
hatten, von den Bule besetzt und in Brand gesteckt 
sei. Jetzt zweifelte Niemand mehr, daß sie auch 
hierher kommen würden. Ich rettete, was zu retten 
war. Zunächst eilte ich zu den Schwestern, welche 
ihr Haus an der äußersten Spitze gegen Buambe 
haben, brachte das Allerheiligste in Sicherheit 
und führte die drei Schwestern mit ihren Mädchen 
auf unsere Station. Ich hatte diese noch nicht er- 
reicht, als man schon die dumpfen Schüsse der Bule 
hörte. Um sicherer zu gehen, schickte ich die 
Schwestern auf die andere Seite des Flusses. In- 
zwischen waren die Bule angekommen und schon im 
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Räubern begriffen, als ihnen der Bezirksamtmann mit 
seinen zehn schwarzen Soldaten entgegenrückte und 
sie nach dreistündigem Kampfe zurücktrieb. Die 
Bule hatten Gewehre, welche sie mit Nägeln, Draht- 
stückchen und Splittern aus zerschlagenen eisernen 
Töpfen luden. Es blieben fünf Bule todt, drei 
Soldaten von uns wurden verwundet. Die Batanga- 
bevölkerung (Küstenbevölkerung) zeigte sich seige und 
unterstützte uns nur wenig. Der nächste Tag brachte 
den Bule acht Todte, ein Spion wurde eingefangen 
und aufgehängt. An diesem Tage kam ein Woer- 
manndampfer, der in größter Eile nach Kamerun lief, 
um Hülse zu holen; mit diesem gingen auch unsere 
drei Schwestern sort. Leider kam er zu spät. Die 
Bule holten Verstärkung und drangen mit aller 
Macht gegen Kribi vor, ihre Schüsse krachten von 
allen Seiten. Leider erhielt Bruder Bernard einen 
Streifschuß am Kopf und kurz darauf Herr Baron 
v. Malsen einen Schuß in den Rücken; beide Schüsse 
sind ungefährlich. Letzterer hatte sich zum Schutze 
der Mission und auch um den Uebergang über die 
Brücke zu verhüten, mit seinen sieben Soldaten hinter 
der Mission aufgestellt; die übrigen Weißen standen 
zum Theil auf der Brücke und im Hofe der Mission. 
Nur wenige Stunden gelang es, den Feind hinzu- 
halten, er kam in großer Uebermacht, man mußte die 
Mission preisgeben und sich auf die Brücke zurück- 
ziehen. Vorsichtshalber wurde die Brücke zum 
Theil abgebrochen. Ein Soldat wurde noch ver- 
wundet, so daß wir nur sechs hatten. Während 
dieser Zeit, trotz des heftigsten Feuers auf die Bule, 
begannen diese die jetzt preisgegebene Mission aufs 
Gründlichste zu plündern. Die Town war inzwischen 
in Brand gesteckt worden, glücklicherweise blieb die 
Mission davon verschont. Allerdings wurde sie arg 
zugerichtet. Fenster und Thüren wurden eingeschlagen, 
was nicht niet= und nagelfest war, wurde vernichtet 
oder mitgenommen. Die Bule kamen mit Weib und 
Kmd. Die Weiber beförderten die geraubten Gegen- 
stände in größter Eile in den Busch. Nicht ein 
Meßgewand noch Stola blieb übrig, Kirchenwäsche 
und alles Tragbare wurde mitgenommen oder zerstört, 
wir mußten ruhig zusehen, wie Alles fortgetragen 
wurde. Unser Pferd wurde im Stalle abgeschlachtet. 
Auch die Faktoreien des diesseitigen Users wurden 
geplündert, obgleich es manchem Bule das Leben 
kostete. Das Schwesternhaus wurde schon am Frei- 
tag ausgeplündert und Vieles demolirt. Die Ver- 
wüstungen in der Kuche thaten mir um so mehr 
leid, da wir mit den vor einiger Zeit begonnenen 
Ausbesserungen nahezu am Ende waren. Nicht besser 
erging es unserer Nebenstation Buambe. Wo unsere 
Kinder alle hingerathen sind, das weiß der liebe Gott, 
vertheidigen konnten wir sie nicht länger, und so 
schlossen sie sich dem fliehenden Volke an. Wir 
waren selbst so in die Enge gedrängt, daß wir bald 
selbst in unseren Booten fliehen mußten. Gott sei 
Dank, es kam nicht so weit, der Woermanndampfer, 
welcher die Schwestern nach Kamernn brachte, kehrte
	        
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