Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Zachrichten aus den deutschen Schuhgebieken. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
— — 
Deutsch-Pltafrika. 
Die Entwickelung von Deutsch-Ostafrika während der 
letzten zehn Jahre.“) 
Die Bevölkerung von Deutsch-Ostafrika wird auf 
etwa sechs Millionen Menschen geschätzt. Vollkommen 
genaue Zahlen lassen sich nicht angeben, da eine 
Volkszählung nur in den Küstenbezirken stattge- 
funden hat. 
Der Werth des Gesammthandels Deutsch-Ost- 
afrikas betrug im Jahre 1889/90 — dem vom 
18. August 1889 bis zum 17. August 1890 zu 
rechnenden arabischen Jahre — 10 743 482 Mk., 
davon Einfuhr 5 706 053 Mk., Ausfuhr 5 037 429 
Mk. Sämmtliche Waaren wurden, abgesehen von 
einem monatlich einmal die südlichen Plätze der 
Kolonie, Kilwa, Lindi und Milkindani, anlaufenden 
Sultansdampfer, nur mit einheimischen Segelfahr- 
zeugen, Dhaus, befördert. Dieser Zustand änderte 
sich mit dem 31. August 1890, an welchem Tage 
der erste Dampfer der Deutsch-Ostafrika-Linie in den 
Hafen von Dar-es-Sal#m einlief. 
Fast der ganze Handel der Küste wurde von 
den Agenten der Sansibar-Häuser besorgt. Nur die 
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte Zweignieder- 
lassungen an der Küste errichtet und begann zuerst 
mit der Verfrachtung der Ein= und Ausfuhrgüter 
ohne Vermittelung von Sansibar. Andere Firmen 
solgten, und mit der Zeit wurde durch das Bestehen 
der deutschen Linie der Küstenhandel weniger von 
Sansibar abhängig. Im Jahre 1892 wurde in 
Sansibar eine Abnahme des Handelsverkehrs zwischen 
diesem Orte und der Küste von Deutsch-Ostfrika fest- 
gestellt. Es war selbstverständlich, daß der Handel 
die unmittelbaren und regelmäßigen Fahrten der 
Deutsch-Ostafrika-Linie für sich ausnutzte, da er be- 
strebt sein mußte, die mit einer Umladung in San- 
sibar oder einer Landung und Lagerung verbundenen 
Unkosten zu ersparen. 
Die folgende Zusammenstellung zeigt den Stand 
von 1890/91 und die weitere Entwickelung des 
Handels bis Ende Dezember 1898. 
  
  
Aus diesen Zahlen ergiebt sich: 
1. Für die Einfuhr 
ein Rückgang um 1 830 000 Mk. von 1890/91 bis 
1894 und von diesem Jahre an eine bemerkens- 
werthe Steigerung bis über den Stand von 1890/91 
hinaus. 
2. Für die Ausfuhr 
ein Rückgang bis über die Hälfte des Standes im 
Jahre 1890/91 und vom Jahre 1896 an wieder 
eine Zunahme. 
3. Für den Gesammt-Waarenaustausch 
ein Sinken bis über ein Drittel des Standes des 
Jahres 1890/91 bis 1895 und von da an eine 
Zunahme bis nahezu auf den Stand des Jahres 
1890/91. 
A. Der Rückgang. 
Als nach Niederwerfung des Aufstandes im 
Jahre 1890 geordnete Verhältnisse an der Küste 
eintraten, nahm der Handel zu und erreichte den 
ungewöhnlichen Stand des Jahres 1890/91, der 
das vorangegangene Jahr um 5 ½ Millionen Mark 
überstieg. Die Gründe für dieses Anschwellen sind 
im Folgenden zu suchen: Das Gouvernement führte 
zu seiner Einrichtung, für Bauten und sonstige Be- 
dürfnisse viele Waaren ein, während andererseits die 
während der Unruhen 1888 bis 1890 im Innern 
zurückgehaltenen Produkte dem Handel in den Küsten- 
orten zugeführt wurden und zur Ausfuhr gelangten. 
Daß nach dem ungewöhnlichen Stand des Jahres 
1890/91 der Handel in der nächsten Zeit zurück- 
ging, war nach oben Gesagtem natürlich. 
Zwar sind manche Einfuhren, namentlich die 
europäischen, durch die vielfachen und umfangreichen 
Bezüge des Gouvernements, der Usambara-Eisenbahn, 
der Missionen mit ihrer gesteigerten Thätigkeit und 
der Plantagen= 2c. Unternehmungen gewachsen. Die 
Anschaffungskosten hierfür sind aber nicht aus Deutsch- 
Otstafrika geflossen oder durch den Austausch dortiger 
Erzeugnisse beschafst worden, sondern durch das Geld 
des Auslandes. Der Eigenhandel Deutsch-Ostafrikas 
Bom Einfuhr Ausfuhr Zusammen 
18. August 1890 bis Mk. Mk. Mk. 
17. August 1891. 9000 8413 7 482 429 16 483272 
Jahr 1892 8054030 7029532 15 070 055 
1893 7 712 822 5 580 739 13 493 561 
1894. 7 167 689 4 877021 12044 710 
1895 7 608 466 3257 584 10 866 050 
1896 8665 046 4 117139 12 782 185 
1897. 9042078 4938 505 13 980 533 
1898 11 852 656 4332945 16 185 601 
*l Berichte über Handel und Industrie. msammengestelt 
im Reichsamt des Innern. Band I. Heft 9 
hat also keinen sofort sichtbaren oder nur einen sehr 
geringen Nutzen von diesen Einfuhren gehabt. Dieser 
kann nur darin gefunden werden, daß die Bevölkerung 
das für ihre Arbeitsleistung bei den Bauten, auf 
Pflanzungen r2c. gezahlte Geld zum Einkauf von 
Gütern benutztte. 
Früher brachte die jetzt verbotene S Sklavenausfuhr 
viel Geld und Waaren ins Land. Die Negersklaven, 
meist in Mittelafrika und dem Kongogebiet geraubt, 
wurden von den Arabern nach der Insel Pemba, 
Sansibar, Madagaskar, nach Arabien und den 
asiatischen Ländern verhandelt. Dieser Handel
	        
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