Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Die Frauen kommen sehr wenig zur Kirche; bei 
Besuchen machen sie einen aufgeweckteren Eindruck 
als die Männer, die Verständigung mit ihnen ist 
aber schwerer, weil sie nicht das Kinyamwesi des 
gebildeten Mannes reden. 
Was unsere regelmäßigen Predigtgäste betrifft, 
so können wir dem Herrn nicht genug für diese 
Zuhörerschaft danken. Die schlechtesten sind es nicht, 
und ganz unverkennbar hat das Gotteswort schon 
Eindruck auf sie gemacht. Je weiter wir in der 
Kenntniß der Sprache fortschreiten, um so besser 
verstehen sie uns. Ein gewisser Einfluß des Ge- 
hörten auf ihr ganzes Wesen ist in ihrem Auftreten 
ganz deutlich spürbar. Die Zahl der öffentlichen 
Gottesdienste ist zunächst auf die sonntägliche Predigt 
beschränkt, und die Zusammenkünfte, in denen früher 
(zu Zeiten der englischen Mission, welche von der 
Brüdergemeinde ersetzt worden ist) sprachlich un- 
richtig wiedergegebene Gebete unverstanden nach- 
gesprochen und unverstandene Lieder gesungen wurden, 
sind eingestellt worden. Noch sind die religiösen 
Begriffe, Gerechtigkeit u. s. w., sprachlich noch nicht 
ganz festgestellt. Leider erübrigten die Brüder noch 
wenig Zeit zu Dorspredigten in der Umgegend. 
Wenn sie sich aber aufmachten, so fanden sie „jeder 
Zeit Hörer, die aufmerksam zu sein schienen und sich 
freuten, daß ihnen das Wort nahe gebracht wurde.“ 
Es bringt aber gerade diese Verkündigung ihre be- 
sonderen Schwierigkeiten mit sich. 
Am 30. Oktober v. Is. ist denn auch die regel- 
mäßige Schulthätigkeit wieder ausgenommen worden. 
Nach Herrn Drapers Abreise hatten Br. Dahl 
und Meier den begonnenen Schulunterricht fort- 
gesetzt, mußten ihn aber der angestrengten Bauarbeit 
und des Aufstandes wegen, den Katagn in Szene 
setzte, schließen. Und dies war kein Schade. Mchrere 
hundert Schüler, Kinder und Erwachsene, hatten sich 
damals eingesunden, nicht aber aus Lernbegier, 
sondern weil ihnen früher Geschenke dafür verabreicht 
worden waren. Auch die Lehrmittel waren un- 
genügend gewesen. Nur große Lettern gab es, und 
in den Sprachstücken fanden sich grobe Verstöße. 
Kurz, unsere Brüder waren froh, durch die un- 
freiwillige Nöthigung zum Aufschub Zeit zu ge- 
winnen, ihre Sprachkenntniß erst selbst bereichern 
zu können, ehe sic lehrend auftraten. Nun aber 
sind sie so weit. Die ersten Schüler waren 2 Knaben, 
7 Mädchen und die 4 auf der Station lebenden 
befreiten Sklavenmädchen Nyanzala, Muyamizi, 
Musoga und Maua. Die kleine Zahl war für den 
Anfang ein Vortheil. So war genaues Kennenlernen 
möglich. Diesen Kindern hält nun Br. Dahl täglich 
von 9 bis 10 ½ Uhr im Betsaal Unterricht. Schon 
die ersten vier Wochen hatten gezeigt, wie segensreich 
sie war. Die Zahl war schon auf 11 Knaben und 
17 Mädchen, also 28 Kinder gestiegen, von denen 
15 ganz regelmäßig kamen. 
Von der ärztlichen Praxis berichtet Br. Meier 
ausführlicher. Er übt sie mit ganzer Hingabe und 
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großer Treue an den Geschwistern wie an den Heiden 
aus. Bei Letzteren machen ihm besonders Gleich— 
gültigkeit und Undankbarkeit viel zu schaffen. 
Demselben Blatt zufolge hat die Brüdergemeinde- 
Mission im Bundalilande (Nyassa) eine neue, dem 
Missionar Joh. Häfner übertragene Station ge- 
gründet (vergl. Kol. Bl. S. 334). 
Aus Ruanda ist dem „Afrika-Boten“ (Organ 
der Weißen Wäter) ein interessanter Bericht des 
Bischofs Hirth, apostolischen Vikars von Suüd- 
Nyansa zugegangen. Bischof Hirth hat seime 
Missionäre selbst nach Ruanda geleitet. Die Reise 
ist, obwohl mit mancherlei Schwierigkeiten verknüpft. 
dennoch sehr glücklich von Statten gegangen. Die 
Aufnahme von Seiten des Königs von Ruanda, des 
sogen. Kigeri, war ausgezeichnet; sogleich gab er 
bereitwilligst seine Einwilligung, daß die Missionäre 
sich auf seinem Gebiete niederließen. Auch haben 
letztere alsbald das zu einer Missionsstation noth 
wendige Land ausgesucht. Der neue Posten befindet 
sich auf einem Hochplateau von etwa 2000 m Höhe. 
Der apostolische Vikar konnte sich in eigener Person 
an Ort und Stelle überzeugen, wie sehr die hohen 
Erwartungen, die man allgemein hinsichtlich der 
Empfänglichkeit für Christenthum und Cioilisation 
von dem Lande und seiner sehr dichten Bevölkerung 
hegt, der Wahrheit entsprechend seien. 
Zeitungsberichten entnehmen wir über den Tod 
eines Missionars der Steyler Mission vom göttlichen 
Wort in Kaiser Wilhelmsland Folgendes: 
Pater Christian Schleiermacher, welcher seit 
1897 für die Mission in Seleo (Berlmhafen) thätig 
war, ist am 22. März als erstes Opser der Stenler 
Südscemission am Fieber verschieden. Pater Schleier- 
macher arbeilete viel, zu viel. Dazu kam ein auf- 
regender Zwischenfall im Dezember vorigen Jahres 
mit weiteren aufregenden Folgen. Die heidnischen 
Eingeborenen machten auf den muthigen Missionar 
einen feindlichen Angriff und verfolgten ihn mit 
Pfeilschüssen. Er selbst schrieb darüber: „Jeßt 
wurde cs aber Zeit, uns nach Hause zurückzuziehen. 
Ein Regen von Pfeilen folgte uns, und wenn mich 
auch nur einer getroffen hat, so gingen sie doch alle 
dem armen Missionar durchs Herz. Wir hatten 
uns zum Schutze dicke Wintermäntel umgehängt und 
hielten sie ausgebreitet; doch fand ein Pfeil den Weg 
dadurch und brachte mir eine Streifwunde bei“. 
Alles dieses zog dem eifrigen Missionar das schwere 
Fieber zu, dem er in der Vollkraft der Jahre erlag. 
Das „Monatsblatt der Norddeutschen Missions- 
gesellschaft" in Bremen druckt den Jahresbericht des 
Missionars Obwald aus Lome ab. Wir entnehmen 
dem Berichte Folgendes: 
Ein Arbeitsjahr ist wiederum dahin, es ist das 
dritte seit Gründung der Station und das fünfte 
seit der Besetzung Lomes durch A. Aku.
	        
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