Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Sonderbarkeit der Form. Aber auch hier ist trotz- 
dem die Bewaldung durchweg gut und der Strand 
mit einem dünnen Palmenwalde umzogen. 
Kurz nach unserer Abfahrt von der Visher-Insel 
zeigte der „Johann Albrecht“ eine schwere Kessel- 
havaorie. Das Feuer mußte ausgeblasen werden. Da 
kein günstiger Wind vorhanden war und der „Jo- 
hann Albrecht“ auch kein guter Segler ist, so trieben 
wir alsdann 24 Stunden lang so gut wie hülflos 
umher, bis die Kesselreparatur vollendet war und 
wir wieder Dampf aufgemacht hatten. Wir kamen 
daher erst am 22. morgens an der Küste von Neu- 
Mecklenburg an, wo wir unweit der Händlerstation 
Lessu zu Anker gingen. Hier sitzt als Unteragent des 
Händlers in Fissaua der deutsche Unterthan Kummer. 
Die Handelsstation ist erst seit drei Monaten er- 
öffnet. Nach den bisherigen Erfahrungen wird auf 
eine jährliche Produktion von etwa 25 Tons Kopra 
und 2 Tons Trepang zu rechnen sein. Die Gebäude 
des Händlers liegen auf einem dem Festlande vor- 
gelagerten, ganz abgeholzten Korallenfelseninselchen. 
Der unsitzenden Bevölkerung ist nicht vollkommen 
zu trauen. Eine Ansiedelung auf dem Festlande ist 
daher noch zu gefährlich. Erst vor Kurzem wurde 
nach Kummer mit einem Speere geworfen. Der 
schuldige Eingeborene ist bekannt, aber er war, um 
sich der Bestrafung zu entziehen, in den Busch ge- 
flohen. 
Lessu ist ein ziemlich ausgedehntes Dorf, dessen 
Bewohner uns freundlich und zutraulich entgegen- 
kamen unter wiederholter Betheuerung, daß sie nichts 
Böses gethan hätten und sich immer ruhig verhalten 
wollten. Die sechs mitgenommenen Polizeijungen 
wurden mit ihren Waffen am Lande gezeigt und den 
zwei Dorfhäuptlingen auseinandergesetzt, daß wir, 
wenn sie irgend etwas Böses machen würden, mit 
mehr Polizeileuten und einem größeren Schiffe zu 
ihrer Bestrafung kommen würden. Die Eingeborenen 
brachten bereitwilligst ihre Kinder zur Untersuchung 
herbei. Da die Kinder zwischen dem dritten und 
sechsten Lebensjahre sämmtlich Milztumor hatten, so 
ist leider auch für diesen Theil der Küste von Neu- 
Mecklenburg das endemische Vorkommen der Ma- 
laria als sicher anzunehmen. Im Busch schoß ich 
zum Zwecke von Blutuntersuchungen für Herrn 
Geheimrath Koch drei fliegende Hunde, da diese 
Thiere besonders interessante, den Erregern der 
Menschenmalaria ähnliche Kleinwesen als Blutpara- 
siten zu beherbergen pflegen. 
Ohne mit der Anwerbung irgend welchen Erfolg 
gehabt zu haben, verließen wir den Platz am anderen 
Morgen, weiter nach Norden zu der Küste entlang 
dampfend. Die Leute zeigten so wenig Lust, als 
Arbeiter mitzugehen, weil hier das Klima von Kaiser 
Wilhelmsland durch die häufigen früheren Todesfälle 
noch zu sehr in Verruf ist. Am 23. mittags er- 
reichten wir die Händlerstation Fissaua. 
Bei unserer Landung wichen die Leute zunächst 
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in Fissoua sitzende alte und unsere mitgebrachten 
Polizeijungen erfuhren, daß der Händler sich vor 
Kurzem Ausschreitungen hatte zu Schulden kommen 
lassen. 
Wir hatten uns nach kurzer Zeit mit den Leuten 
über unsere friedlichen und freundlichen Absichten 
verständigt. Obwohl der Händler vorher die Kinder- 
untersuchung für nicht möglich erklärt hatte, wurden 
uns bald die Kleinen von allen Seiten zugebracht, 
so daß binnen Kurzem bei einer reichlich genügenden 
Anzahl die Milz untersucht und Blutproben ge- 
nommen waren. Auch hier überall die Malariamilz 
und demnach in dieser Gegend die Malaria endemisch. 
Fissaua ist ein sehr großes, reinlich gehaltenes 
Stranddorf, welches einen besonderen Reiz dadurch 
gewinnt, daß ein schönes Gebirgswasser mit starkem 
Gefälle hindurchfließt. Der Ort wimmelt von 
hübschen, vergnügten Kindern, die bei unserem weiteren 
Spaziergange in den Busch in größerer Anzahl uns 
begleiteten, die geschossenen Vögel aufsammelten und 
sich eifrigst bemühten, unserem Beispiele solgend, In- 
sekten zu fangen. Gegen Abend setzte ich mich mu 
Herrn Geheimrath Koch, umlagert von Jung und 
Alt, an der Flußmündung auf einem im Bau be- 
griffenen Kanu zum Entenanstande nieder. Im 
tiessten Frieden lag vor uns das Dorf, eingebettet 
in verschiedenfarbiges Grün des Brotbaumes, der 
Kokospalme und des Calophxllum inophyllum, 
beleuchtet von dem goldenen Lichte der untergehenden 
Sonne und nur wenig belebt von dem anheimelnden 
Treiben seiner gutgestalteten Bewohner, deren Wesen 
auch nicht im Geringsten darauf schließen ließ, daß 
ein verständiger Europäer mit ihnen nicht stets in 
gutem Einvernehmen leben könnte. « 
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wasser ein. Malariauntersuchungen wurden auf Neu- 
Mecklenburg sowohl wie auf der Insel Nusa ge- 
macht, welche auch für diese Gebiete das endemische 
Vorhandensein der Malaria schon jetzt so gut wie 
sicher erscheinen lassen. Ueber den von mir für die 
Regierungsstation gewählten Bauplatz sprach sich 
Herr Geheimrath Koch günstig aus. An dem pro- 
visorischen Unterkunftshause wurde von den Leuten 
des Händlers Mac Shan bereits eifrig gearbeitet. 
Nusa und Umgegend kamen für die Trepang= 
fischerei als ganz abgefischt bisher nicht mehr in Betracht. 
Zu unserer großen Freude und unserem Erstaunen 
brachte aber, als die Jungen von dem vor Anker 
liegenden „Johann Albrecht“ aus zum Baden ins 
Meer sprangen, ein als guter Taucher bekannter 
schwarzer Heizer in kurzer Zeit aus einer Tiefe von 
etwa 5 m vier riesige Exemplare von „Teatfisch“. 
Nach diesem Funde ist mit ziemlicher Sicherheit an- 
zunehmen, daß in ciniger Tiefe diese kostbaren Holo- 
thurien, deren Marktpreis zur Zeit in Singapore 
150 Pfd. Sterl. pro Tonne beträgt, im ganzen Nusa- 
sahrwasser in ziemlicher Menge vorhanden sein und, 
nachdem das Vorkommen bekannt geworden, in nächster 
scheu zurück. Der Grund war, wie wir bald durch ! Zeit ausgebeutet werden wird.
	        
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