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die weit billigeren Frauen- und Kinderhände ausge—
führt werden kann und nur die schwereren Arbeiten
den theureren Männern zufallen, so würde, so lange
in unseren Kolonien nur Männer zur Arbeit heran-
gezogen werden können, schon hierdurch die Arbeits-
leistung wesentlich mehr kosten. Dazu ist in Indien
und Ceylon der Arbeitslohn bedeutend niedriger als
wie in den betreffenden deutschen Kolonien.
Anders werden sich die Verhältnisse gestalten,
sobald in Kamerun die Küste mit dem Hinterland,
das Kamerun= und Bakossygebirge mit dem so stark
bevölkerten Baliland durch eine Bahn, und sei die-
selbe noch so primitiv und der Verkehr noch so
langsam, verbunden wird. Schnell wird der Farbige,
wie dies auch in anderen Ländern der Fall war,
sich an dies bequeme Besörderungsmittel gewöhnen,
und im Bakossygebirge wird man, deß bin ich ganz
gewiß, nicht nur durch niedrigere Arbeitslöhne für
Männer, sondern auch, gleich Indien und Ceylon,
durch Frauen= und Kinderhände die Produktions=
kosten verringern können. Haben wir dieses erreicht,
so können wir in diesen Distrikten sicherlich mit In-
dien konkurriren. Denn gerade die Bakossygebirge
dürften sich vorzüglich für die Theekultur eignen.
Doch noch eine andere Frage ist hier zu berück-
sichtigen. Bei der gewaltigen Ausdehnung der Thee-
kultur in Indien und Ceylon macht sich bereits eine
Ueberproduktion fühlbar, und schon glaubt man, die
Pflanzer mahnen zu müssen, die Theeproduktion ein-
zuschränken bezw. nicht mehr weiter anzupflanzen, da
anderenfalls ein weiteres Fallen der Theepreise nich
zu verhindern und die Rentabilität der Pflanzungen
in Frage kommen könne. Diese Mahnung bezieht
sich aber auf den Quantitätsthee, das ist auf den
billigen Thee der niederen Lagen. Von dem Anbau
derartiger Thees in unseren Kolonien würde ich aber
überhaupt abrathen. Die Theegärten der höheren
Lagen, die bei geringer Ausbeute pro Hektar ein
besseres Produkt in den Markt senden, arbeiten auch
heute noch mit gutem Nutzen. Und nur die höheren
Lagen kämen in unseren Kolonien für die Theekultur
in Betracht, zumal in den betreffenden Niederungen
der Kakao ganz vorzüglich gedeiht.
Für Indien und ganz besonders für Ceylon
dürfte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sein, daß,
gleichwie einst die Hemileia vastatrix die Kaffee-
kultur Ceylons zu Grunde richtete, auf dem armen
Boden mancher Theedistrikte auch der Theestrauch
sein üppiges Wachsthum einstellen wird und daß
derselbe alsdann, durch Mangel an Nahrung ent-
kräftigt, den Schädlingen keinen genügenden Wider-
stand mehr leisten kann. Hierdurch würden der
weiteren Ausdehnung der Theekultur die natürlichen
Grenzen gezogen werden.
Wenn nun auch aus obigen Gründen von der
Anlage größerer Theepflanzungen vorläufig abzu-
rathen ist, so würde ich aber auch unter anderen
Verhältuissen nicht eher dazu rathen, bis die Thee-
kultur in der betreffenden Kolonie praktisch als lohn-
bringend erwiesen ist. Denn bevor man eine größ
Pflanzung anlegt, zumal wenn es sich um eine Dau
kultur handelt, deren Rentabilität erst nach mehrer
Jahren erwiesen werden kann, muß zunächst du
praktische Versuche der Beweis erbracht werden, d
1. die betreffende Kultur bezw. Pflanze gut gedei
2. die Produktionskosten nicht zu groß find u
3. ein lohnendes Absatzgebiet vorhanden ist. D
sind die Kardinalfragen, die bei Einführung eir
neuen Kultur zunächst gelöst werden müssen.
halte es deshalb für äußerst wichtig, daß in unser
Kolonien und vor Allem in Kamerun, wo die V.
bedingungen, so weit es Klima und Boden betrir
äußerst günstig sind, möglichst bald eine kleine Th
versuchspflanzung angelegt wird. Denn es daut
fünf bis acht Jahre, diese Frage praktisch zu er
scheiden. Im Laufe dieser Jahre werden sich ?
Arbeiterverhältnisse in Kamerun hoffentlich der-
geändert haben, daß, wenn die Versuche günst
ausfallen, was ich sicher glaube annehmen zu dürfe
man nicht länger säumen wird, größere Theepfla
zungen anzulegen.
Da sich aber die Arbeiterverhältnisse nur dar
günstig gestalten können, wenn das Hinterland leic
zu erreichen ist, so ist auch hier die erste Vorbed#
gung eine Bahn ins Hinterland von Kamerun.“
—————————zbxb
Titteratur.
Dr. E. Esch: Der Vulkan Etinde in Kamerun un
seine Gesteine. (Sitzungsberichte der Königli
Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Die Arbeit behandelt die Gesteine eines Vul
kans, der, obwohl dicht an der Kamerunküste gelegen
bisher von den Reisenden wenig beachtet ist. Ge
legentlich der Reisen, die er im Auftrage der Koloniol
Abtheilung des Auswärtigen Amtes in Kameru#
unternommen hat, ist Dr. Esch der erste gewesen, den
es geglückt ist, den Gipfel des Etinde zu erreichen.
Archiv für Schiffs= und Tropen-Hygiene
J. A. Barth, Leipzig.
Das Maeiheft 1901 der bekannten Fachzeitschrif
enthält außer einer Reihe von Besprechungen unt
Litteraturangaben eine Originalabhandlung von
Professor Dr. B. Fischer „Zur Frage der sogenannten
remittirenden Fieber der wärmeren Länder“ und eine
solche von Dr. J. H. F. Kohlbrügge: „Bemerkung zur
Malaria-Mückentheorie in Bezug auf die lebten
Mittheilungen von Eysell und Plehn.“
Oberleutnant A. v. Müller: Der Befreiungslame'
der Buren 1900 bis 1901. I. Theil: Uebersich
über die Kriegslage und über die beiderseitiger
Streitkräfte, September-Oktober 1900. Die vor
bereitenden Kämpfe und der Uebergang zur Offen