ergreifen; es gelang ihnen, die beiden feindlichen
Herrscher zu besiegen und zu vertreiben; ihre Nach-
folger mußten die englische Oberhoheit anerkennen.
2. Civilverwaltung.
Der Sitz der Centralbehörden war bisher Lokoya,
welches aber seiner allzu südlichen Lage wegen auf-
gegeben werden soll. Der Plan einer Verlegung in
das Bautschigebiet scheiterte an dem Umstand, daß
die dorthin führenden Wasserläufe nicht oder nur
selten schiffbar sind. Gewählt wurde schließlich ein
an einem Nebenfluß des schiffbaren Kadunaflusses,
etwa neun Meilen nördlich von Wuschischi gelegener
Platz — New Site —, wo bereits mit der Errich-
tung der Dienst= und Wohngebäude begonnen worden
ist, die man im Juli d. Is. beziehen zu können hoftt.
Der Theil des Landes, welcher bis zur Mitte
des vorigen Jahres der Regierung unterworfen war,
wurde in sieben Provinzen — Illorin, Borgu, Kon-
tagora, Bida, Kabba, Unter= und Ober-Benue —
eingetheilt, die von Residenten verwaltet werden;
außerdem ist mit der Einrichtung der englischen Ver-
waltung begonnen worden in Bassa und Zaria. Die
Autorität der eingeborenen Häuptlinge wird nach
Möglichkeit von der Regierung gestützt; diese will
den Häuptlingen bei der Eintreibung des ihnen zu-
kommenden Tributs behülflich sein; aus ihren solcher-
maßen sichergestellten Einnahmen sollen die Letzteren
dann eine Abgabe der Regierung entrichten.
Die Gerichtsbarkeit über Europäer wird von dem
vorerst in Lokoya sitzenden „Supreme Court“ in
erster und zweiter Instanz ausgeübt; die Richter
der unteren Gerichtshöfe sind nur Kommissare des
höchsten Gerichtshofs. Die Gerichtsbarkeit über die
Eingeborenen ist in der Hauptsache den Native Courts
überlassen; nur Vergehen gegen die besonderen Ge-
setze der Kolonie, namentlich gegen die Gesetze über
die Sklaverei, den Branntwein= und Feuerwaffen-
handel werden von dem Residenten abgeurtheilt,
gegen dessen Sprüche Appellation an den Kommissar
bezw. den obersten Gerichtshof zugelassen ist.
Zur Bekämpfung der Skloverei, welche bei der
Uebernahme der Regierung durch England in üppig-
ster Blüthe stand, erging ein Gesetz, welches verbietet,
Jemanden zum Sklaven zu machen, die vorhandenen
Haussklavereiverhältnisse jedoch mit der Einschränkung
bestehen läßt, daß die Haussklaven weder verkauft,
noch vererbt, noch auf sonstige Weise übertragen
werden dürfen. Die allmähliche Abschaffung der
Sklaverei soll erreicht werden durch die Vorschrift,
daß alle nach dem 1. April 1901 geborenen Kinder
frei sind.
3. Die wirthschaftliche Erschließung.
Die Hauptexportartikel sind Palmöl, Palmnüsse,
Erdnüsse, Gummi arabicum, Pfeffer, Gummi elasticum,
Elfenbein und Felle. Im Eingeborenenhandel kommen
auch Potasche, Salz und Kolanüsse vor.
Der Haupthandelsort und Stapelplatz dieser
Artikel ist Kano im Norden der Kolonie, wo die
226
Karawanenstraßen von Tripolis, Marokko und der
Sahara; vom Tsadsee und Wadai und von Salaga
zusammentreffen sollen. Von dort werden die Waaren
von mohammedanischen Händlern südwärts bis zum
Niger gebracht und an die Agenten der Niger-
Kompagnie verhandelt. -
Diese Letztere hat es trotz der Freigabe der
Nigerschifffahrt verstanden, den Handel mit den Ein-
geborenen am Nigerfluß ausschließlich in ihrer Hand
zu behalten; ihre bisherigen europätschen Konkurrenten
waren entweder genöthigt, sich mit der Kompagnie
zu vereinigen, oder sie find wegen Mangel an Kapital
oder geschästlichen Verbindungen gescheitert.
Die Regierung der Kolonie betrachtet es als
ihre nächstliegende Aufgabe, den Handelsweg vom
Niger nach Kano, welcher bisher wegen der Sklaven-
raubzüge der mohammedanischen Herrscher, wegen der
aus Rache hierfür von den Negern unternommenen
Plünderungen der mohammedanischen Karawanen und
wegen der Abgaben, die unterwegs fast überall er-
hoben wurden, nur schwer passirbar war, zu eröffnen.
Der erste Schritt zu diesem Ziele ist bereits durch
die Bestrafung der Emire von Bida und Kontagora
und durch die Gründung von New Site geschehen.
Vollständig gelöst wird die Aufgabe nach Ansicht
Sir Frederick Lugards jedoch nur durch den Bau
einer Eisenbahn von Jebba oder Egbayi am Niger
nach Kano und Katena, von welchem Projekt unter
Ziffer 5 noch die Rede sein wird.
Der Anlage von Telegraphenlinien hatte schon
die Niger-Kompagnie ihr besonderes Augenmerk zu-
gewendet; sie hatte Jebba mit Lagos und mit Lokoya
durch den Draht verbunden und die Strecke Lokoya—
Ibi (am Benue) begonnen. Sir Frederick Lugard
will nach der Beendigung der zuletzt genannten An-
lage eine neue wichtige Linie vom Nigerfluß über
New Site und Kontagora nach Ilo in Angriff nehmen.
Für den Wegebau konnte bisher nur wenig ge-
schehen; geplant ist eine Straße von Lagos bezw.
Ibadan über den Niger nach New Site und Konta-
gora als Vorbereitung des künftigen Eisenbahnbaues.
Die Ausführung aller dieser Arbeiten wird er-
schwert durch den übertrieben hohen Preis, welcher
in Nord-Nigeria für eingeborene Arbeiter, namentlich
für die gelernten und geschickten, bezahlt werden muß.
Sir Frederick Lugard trägt sich mit dem Gedanken,
indische Schreiber, Techniker und Handwerker einzu-
führen, welche nach seinem Urtheil für einen um die
Hälfte geringeren Lohn 1½ mal so viel leisten als
die eingeborenen. Auch die Niger-Kompagnie trägt
zur Vertheuerung der Arbeit bei, indem sie den Preis
der gewöhnlichen Tauschgüter, die im Innern allein
als Zahlungsmittel gelten, in die Höhe treibt, wobei
ihr thatsächliches Handelsmonopol ihr zu Statten
kommt.
4. Gesundheit.
Die Thätigkeit des Gouvernements erstreckte sich
namentlich auf die Verbesserung der Wohnungen; die