Schutzgebieten sich im Laufe der letzten Jahre das
Bedürfnis nach einer Neubearbeitung der Zollver-
ordnungen herausgestellt hat, erschien es angezeigt, die
angedeuteten Mißstände zu beseitigen und ihre Wieder-
kehr für die Zukunft dadurch auszuschließen, daß die
Zollverordnungen vom Herrn Reichskanzler erlassen
werden. Dabei soll den Gouverneuren die erforder-
liche Bewegungsfreiheit dadurch gewährleistet werden,
daß ihnen die Ermächtigung zum Erlaß der Aus-
führungsbestimmungen und Dienstanweisungen, ferner
die Ermächtigung, auf dem Verordnungswege den
Zolltarif abzuändern und die Abänderungen unter
Einholung der Genehmigung des Reichskanzlers
(Auswärtiges Amt, Kolonialabteilung) vorläufig in
Kraft zu setzen, erteilt wird.
Was nun den Inhalt des neuen Zolltarifs für
Südwestafrika anlangt, so ist bei seiner Ausstellung
davon ausgegangen worden, daß eine Erhöhung der
Einfuhrzölle bezw. eine Neubelastung mit Einfuhr-
zöllen nur bei Waren vorgenommen werden dürfe,
welche entweder zu den entbehrlicheren Bedarfs-
gütern gehören, oder welche im Schutzgebiet selbst
bereits in einem gewissen Umfange produziert werden.
Infolgedessen ist nach wie vor ein großer Teil der
wichtigsten Einfuhrwaren des Schutzgebiets zollfrei
gelassen worden. Zu diesen Warengruppen gehören
vor allem Getreide und andere Ackerbauprodukte,
Mehl und gewöhnliche Backwaren; ferner gehören
hierher Metallwaren jeder Art (außer Waffen), ins-
besondere eiserne Geräte und Werkzeuge 2c. Beide
Gruppen von Waren sind in den übrigen Schutz-
gebieten und wohl auch in sämtlichen nichtdeutschen
Kolonien Afrikas mit einem Einfuhrzoll belegt. Sie
sind für Südwestafrika auch in dem neuen Zolltarif zoll-
frei gelassen worden, weil man mit dem Getreide 2c., das
im Schutzgebiet bisher nicht in irgendwelchem nennens-
werten Umfang produziert wird, den Ansiedlern
nicht die unentbehrlichsten Nahrungsmittel verteuern
wollte, und weil man bei den Metallwaren nicht
die Preise der unentbehrlichsten Haus= und Wirt-
schaftsgeräte steigern wollte.
Dagegen erschien es allerdings unbedenklich, Zoll-
erhöhungen vorzunehmen bei Artikeln, die im Schutz-
gebiete in größerer Menge bereits produziert werden,
wie bei Fleisch und Fleischwaren, bei Leder, bei gewöhn-
lichem Tabak; soweit der höhere Zollsatz bei solchen
Artikeln eine Preiserhöhung im Schutzgebiet bewirkt,
kommt diese zu einem erheblichen Teil den Farmern des
Schutzgebiets zu gute. Ferner sind die Zölle erhöht
worden bei einigen Genußmitteln und bei alkohol-
haltigen Getränken; von diesen Zollerhöhungen hat
namentlich diejenige auf Kaffee (von 20 auf 30 Pf.
pro kg) eine scharse Beurteilung gefunden. Es
kann dem nur entgegengehalten werden, daß der Zoll
auf Kaffee auch nach dem neuen Tarif immer noch
relativ niedrig ist, sowohl in Anbetracht des geringen
Verbrauchs pro Kopf als auch im Vergleich mit dem
heimischen Zollsatz, der für rohen Kaffee 40 Pf. pro kg,
für gebrannten Kaffee 60 Pf pro kg beträgt. Ahnliches
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gilt für die Zollerhöhungen auf Kakao, Thee, Ge-
würze, getrocknete Südfrüchte, seinere Backwaren 2c.
Bei den neu eingeführten Zöllen auf Stein-,
Ton= und Glaswaren sind grobe, ungefärbte, unbe-
malte Stein= und Tonwaren, Fenster= und Spiegel-
glas, Flaschen 2c. ausdrücklich ausgenommen, so daß
auch hier die Zollbelastung durchaus erträglich sein
dürfte. Von dem ursprünglich geplanten Zoll auf
gewisse Luxusgegenstände, wie Uhren, Gold= und
Silberwaren 2c., ist Abstand genommen worden, weil
bei der Geringfügigkeit der Einfuhr solcher Dinge
und bel der Schwierigkeit der Kontrolle der Zoll-
ertrag nicht im Verhältnis zu Arbeit und Kosten
stehen würde. Der hohe Einfuhrzoll auf Gewehre,
Muster 88, 2c. ist mit der Bestimmung, prohibitiv zu
wirken, an die Stelle des bisher bestehenden abso-
luten Einfuhrverbotes gesetzt worden, und zwar
lediglich deshalb, weil erfahrungsgemäß die in das
Schutzgebiet einwandernden Personen sich stets genau
über die Zollsätze informieren, während sie häufig
eine Information über etwa bestehende Einfuhrver-
bote unterlassen.
Großen Widerspruch erregt hat schließlich die
Festsetzung des Ausfuhrzolls für weibliches Rindvieh
auf 50 Mk., für weibliches Kleinvieh auf 5 Mk. pro
Stück. Dabei wird vergessen, daß dieser Ausfuhr-
zoll bis vor kurzem 100 Mk. bezw. 10 Mk. pro
Stück betragen hat, und daß die Herabsetzung auf
20 bezw. 2 Mk. erst während des Urlaubs des
Gouverneurs erfolgt ist. Es muß selbstverständlich
dem Gouverneur vorbehalten bleiben, in diesen für
das Schutzgebiet sehr wichtigen Zöllen auf Grund
der Kenntnis der Verhältnisse an Ort und Stelle
Vorschläge zu machen, welche geeignet sind, das
Interesse des Schutzgebiets am Viehexport mit dem
Interesse an der Erhaltung eines ausreichenden Be-
standes an Zuchtvieh zu vereinigen. Wenn seitens
des Gouverneurs bei seiner Anwesenheit in Berlin
die in den Tarif ausgenommenen Zollsätze befürwortet
worden sind, so steht das einer Revision seines Urteils
über den allen Interessen gerecht werdenden Zollsatz
nicht im Wege; sollten sich die gegen die Wieder-
erhöhung des Ausfuhrzolls auf Vieh erhobenen Be-
schwerden als begründet erweisen und sollte sich die
Aufrechterhaltung der niedrigen Zölle mit dem In-
teresse an der Weiterentwickelung der Viehzucht des
Schutzgebiets vereinbaren lassen, so wird der Gou-
verneur zweifellos nicht zögern, von der ihm erteilten
Ermächtigung, die Zollsätze auf dem Verordnungs-
wege abzuändern, Gebrauch zu machen.
Es sei noch erwähnt, daß der Kolonialrat in
seiner letzten Tagung, nachdem ihm die bei der Auf-
stellung des neuen Zolltarifs für Südwestafrika maß-
gebenden Grundsätze dargelegt worden waren, den
Tarif als eine brauchbare Vereinigung der wirt-
schaftlichen und finanziellen Interessen des Schutz-
gebiets anerkannt hat.