Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

dem Marsch durch das Grasland möglich, den weiteren 
Kadeilauf annähernd festzulegen. Schon auf dem 
Graslande wurde mir ein Geschenk durch einen der 
Söhne Bertuas entgegengebracht; ebenso beim Ein- 
treffen im ersten zu Bertua gehörigen Farmdorf. 
Trotz der geringen Entfernung dieses Farmdorfes 
von Bertuag mußte ich sehr heftiger Leberschmerzen 
halber dort einen Tag liegen bleiben. Erst am 
30. Juli erreichte ich Bertua selbst und wurde, nach- 
dem ich in den passierten Farmdörfern alles in 
friedlicher Tätigkeit vorgefunden hatte, gerade so wie 
bei dem früheren Besuche, von dem ältesten Sohn 
Bertuas und einer großen Menschenmenge ohne 
Waffen eingeholt. Bertua selbst war mit wenigen 
Leuten geflüchtet, und es ist bisher noch nicht ge- 
lungen, semen Aufenthaltsort zu ermitteln. Aufnahme 
und Verpflegung 2c. waren genau so glänzend wie 
bei dem früheren Besuch. Sehr bald erschien 
die erwähnte Merimagesandtschaft; auch aus Bimba 
sind bereits Gesandte mit einem Geschenk hier- 
gewesen. Ebenso hat Dashi, trotz seiner noch immer 
bestehenden Todfeindschaft mit Bertua, Gesandte mit 
einem Geschenk hierher gelangen lassen, von denen 
einer allerdings unter Mitnahme mehrerer in Bertua 
gefangen gehaltener Dashileute dann flüchtig wurde. 
Er hat darauf mit einem weiteren Geschenk seinen 
Bruder geschickt und diese Flüchtlinge mir zur Ver- 
fügung gestellt. Außerdem versicherte er, er würde 
sich in Bimba stellen und die #ihm auferlegten 
Friedensbedingungen erfüllen. Eine Gesandtschaft, 
die er mit demselben Auftrage nach Yokaduma ge- 
schickt habe, sei von Mokbeleuten aufgehalten worden. 
Falls diese Gestellung wirklich erfolgen sollte, halte 
ich es im Interesse der Verwaltung und vor Allem 
der Gesellschaft „Süd-Kamerun“" für wünschens- 
werter, eine Ansiedelung der Dalhileute zwischen 
Mokbe und Balaga herbeizuführen und auf der vollen 
Bezahlung der auferlegten Strafelfenbeine zu be- 
stehen. Von den Bertua seinerzeit zur Aufbewahrung 
gegebenen M. Boubi-Häuptlingen liegen Nachrichten 
zur Zeit nicht vor, auch konnte bisher mit Sicher- 
heit nicht festgestellt werden, ob diese Gefangenen, 
wie die Bertualeute behaupten, wirklich flüchtig ge- 
worden sind, oder ob Bertua mit ihnen paktiert hat. 
Eine Verfolgung der Angelegenheit im Laufe dieser 
Expedition erscheint jetzt im Beginn der Regenzeit 
kaum mehr möglich, zumal der Umfang eines solchen 
Unternehmens sich vorher kaum übersehen läßt. Für 
die dadurch ausgefallenen Strafelfenbeine werde ich 
Bertua zunächst allerdings haftbar machen. 
Mehrfach wurde bereits erwähnt, daß Europäer 
der Gesellschaft „Süd-Kamerun" der Expedition in 
einiger Entfernung folgten. Ich hatte, wie bisher 
siets bei den größeren Expeditionen, die Direktion 
aufgefordert, im Interesse der kaufmännischen Er- 
schließung eines Landes einen Europäer der Expe- 
dition anzuschließen. Es konnte diesem Anerbieten 
damals nicht Folge geleistet werden, da nicht ge- 
nügend Europäer zur Verfügung standen; doch er- 
12 
  
  
  
hielt ich bereits in Yokaduma Nachricht, daß der 
Direktor Graf v. Schlippenbach der Expedition folge. 
Wie bereits erwähnt, erhielt ich in Berri weitere 
Nachricht, daß Graf v. Schlippenbach die Expedition 
in Bertua treffen wolle. Er ist dann auch am 
3. August dort angekommen und hat die Verhältnisse 
nördlich des Dume nun von der kaufmännischen Seite 
kennen gelernt und die Ausnutzung dieser Gegenden 
durch die Gesellschaft in die Wege geleitet. 
lber die Verhältnisse in Bertua selbst ist ein 
entscheidender Bericht zur Zeit noch nicht am Platze. 
Es steht zunächst nur sicher fest, daß kurz nach Ab- 
marsch der Nord-West-Expedition eine tiefgehende 
Spaltung in Bertua eintrat, die fast zum Kriege 
geführt hätte. Die eine Partei unter dem zweiten 
Sohne Bertuas wollte sich der noch zu entrichtenden 
Strafe an Elfenbein und Arbeiten durch den defini- 
tiven Ubertritt ins französische Gebiet entziehen, 
während der Seruma (Titel des Nachfolgers Bertuas) 
mit dem größeren Teil der Bevölkerung sich die 
Freundschaft der deutschen Verwaltung erhalten wollte. 
Bertua selbst scheint lange geschwankt und erst infolge 
der Bestrafung, die er für die Biebiangelegenheit be- 
fürchtete, sich der Auffassung der erstgenannten Partei 
angeschlossen zu haben. Die Haussaansiedelung hat 
sich völlig dem Seruma zugewandt. Die Angelegen- 
heit liegt zur Zeit so, daß nur Seruma und sein 
Anhang sich in Bertua aufshalten und sich vollständig 
der Verwaltung zur Verfügung gestellt haben, daß 
die große Menge der noch schwankenden Bevölkerung 
in den zahlreichen Farmdörfern eine definitive Ent- 
scheidung abwartet, und daß Bertua selbst mit dem 
erstgenannten Sohn und kleinem Anhang in nicht 
allzugroße Entfernung geflüchtet ist. Sehr ge- 
schickt hat man durch das Bekanntgeben verschiedener 
Fluchtrichtungen das eigentliche Versteck auch vor der 
Bevölkerung bisher zu verbergen gewußt. Ich 
habe eine übereilte Beschlußfassung nicht für am 
Platze gehalten. Vielmehr will ich die Rückkehr der 
Herrn v. Lüdinghausen bis Mokbe mitgegebenen 
Eskorte abwarten, bevor ich einen entscheidenden 
Schritt einleiten werde, zumal noch immer einige 
Wahrscheinlichkeit vorliegt, das Versteck Bertuas in 
Erfahrung zu bringen und durch seine Gefangen- 
nahme die Sachlage mit einem Schlage zu klären. 
Nach definitiver Klärung der Verhältnisse werde ich 
baldmöglichst Bericht erstatten. 
Westafrikanische Pflan zungsgesellschaft Bibundi. 
Am 29. November v. Is. fand die General- 
versammlung statt, in der Bericht, Bilanz und 
Gewinn= und Verlustrechnung gebilligt, dem Vor- 
stande und Aufsichtsrate Entlastung erteilt und eine 
beantragte Statutenänderung angenommen wurde. 
Von den austretenden Mitgliedern des Aussichts- 
rates lehnte Herr Schramm eine Wiederwahl ab, 
während Herr Jantzen den Wunsch aussprach, aus
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.