Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

allen Tropenländern bestehenden Bedürfnis nach 
einem wirksamen Mittel, um Saatgut gegen die ver- 
heerenden Wirkungen des Insektenfraßes zu schützen. 
Meine in die Preanger-Regentschaften und nach 
Ostjava unternommenen Reisen dienten dem Studium 
der Kulturen von Kaffee, Chinarindenbäumen, Tee, 
Koka, Zuckerrohr und Guttapercha. Zu diesem Zwecke 
besuchte ich sowohl größere als mustergültig bekannte 
Privatplantagen, als auch die „Regierungs-China- 
Unternehmungen“ in Lembang, Nagrak und Tijinji- 
roan sowie die Versuchsstation für Zuckerrohr in 
Passoeroean und die Regierungs-Guttaperchapflanzung 
Tiipetir. Um diesen Bericht nicht übermäßig mit 
Einzelheiten zu belasten, darf ich mich darauf be- 
schränken, einige für die deutschen Schutzgebiete wichtige 
Gesichtspunkte hervorzuheben. Bemerkenswert erscheint 
mir zunächst die Tatsache, daß die großen Kaffee- 
pflanzer Javas, veranlaßt durch die in den letzten 
Jahrzehnten übermäßig gestiegene Weltproduktion an 
Kaffee, in einzelnen Fällen auch durch Überhandnahme 
von Schädlingen, jetzt vielfach zum Anbau von China= 
rinden und Tee übergehen. Es hat sich dabei gezeigt, 
daß die Chinarindenbäume auf ehemaligem Kaffeeland 
vorzüglich gedeihen und daß man auch Tee auf 
ehemals mit Kaffee bestandenem Boden mit bestem 
Erfolg anbauen kann. Diese Erfahrungen mögen 
für die Zukunft der Plantagenwirtschaft in Deutsch- 
Ostafrka von einiger Bedeutung sein. Dort hat 
sich für verschiedene größere Unternehmungen die 
Notwendigkeit ergeben, einen Ersatz für den in 
einigen Lagen stark bedrohten Kaffee zu gewinnen 
und durch Einführung einer anderen rentablen 
Kultur drohenden Ausfällen für die Zukunft vorzu- 
beugen. In anderen, der Plantagenkultur noch nicht 
erschlossenen, jedoch aussichtsvollen Gebieten — wie 
zum Beispiel das Kondeland und gewisse Zonen am 
Kilimandjaro — wird man überhaupt gut tun, von 
vornherein auf Neuanlagen von Kaffeeplantagen zu 
verzichten, weil der Kaffee bei den jetzigen Preisen 
den Transport zur Küste aus jenen entlegeneren 
Gebieten nicht würde tragen können. 
Beim Studium der javanischen Kulturen bin 
ich zu der Uberzeugung gelangt, daß an die Ein- 
führung des Teebaues in Ostafrika vorläufig nur in 
bescheidenstem Umfange gedacht werden kann, weil 
dieser Betrieb ein zu umfangreiches und gut geschultes 
Arbeiterpersonal verlangt. 
Anders liegen die Verhältnisse für die China= 
kultur. Sie ist billig, läßt sich mit verhältnismäßig 
geringem und unausgebildetem Personal betreiben 
und wird auch für lange Zeit rentabel bleiben, da 
eine Uberproduktion schon allein des steigenden 
Chininbedarfs wegen nicht zu erwarten steht. Die 
Rinden würden auch weitere Transporte zur Küste, 
wie z. B. vom Kilimandjaro über die Ugandabahn, 
sehr wohl tragen können. Die Inangriffnahme der 
Chinarindenkultur in Ostafrika sollte meines Er- 
achtens mit besonderem Nachdruck betrieben werden, 
und zwar — wie ich demnächst in einer besonderen 
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Schrift darzulegen versuchen werde — durch Ein- 
richtung einer Versuchsplantage seitens des Gouverne- 
ments. Diese Pflanzung müßte unter ständiger 
Kontrolle des Biologisch-Landwirtschaftlichen Instituts 
Amani stehen und mindestens solange von dem 
Gouvernement erhalten werden, bis eine bestimmte 
Basis für die weitere Ausdehnung dieser Kultur in 
Usambara und anderen geeigneten Bergländern Ost- 
afrikas gewonnen sein wird. 
Das gleiche Verfahren scheint mir für die Ein- 
führung der Guttaperchakultur in Kamerun empfehlens- 
wert zu sein. Dort könnte durch den Botanischen 
Garten von Viktoria eine eigene kleinere Gutta- 
pflanzung angelegt und geleitet werden. Denn auch 
für diesen Betrieb müßten in neuen Gebieten neue 
Erfahrungen gesammelt werden, wie beim Anban 
der Chinarinden. 
Ob es sich in den deutschen Kolonieen empfehlen 
würde, nach dem Vorbilde der holländischen Regierungs- 
Plantagen aus kleineren Versuchsfarmen allmählich 
umfangreiche, für die Regierung gewinnbringende 
und von ihr geschäftlich auszunutzende Unternehmungen 
zu schaffen, erscheint mir zweiselhaft. Doch könnte 
ja zur gegebenen Zeit je nach Lage der Verhälmisse 
durch Verkauf oder Verpachtung der Anlogen, 
eventuell auch durch Ausfuhrzölle auf hochwertige 
Produkte ein beträchtlicher Teil der Unkosten wieder 
eingebracht werden. 
Über die Kultur der Kokopflanze und ihre 
Ergebnisse hat man auf Java sehr widersprechende 
Erfahrungen gemacht. Ein auf der Regierungs- 
China-Plantage Tjinjiroan (bei etwa 1600 m Meeres- 
höhe und einem durchschnittlichen jährlichen Regen- 
fall von 2600 mm) gemachter Versuch ist gescheitert; 
dagegen betreibt die Pflanzung Soembersarie am 
Smeru in Ostjava (bei 800 m Meereshöhe und 
4000 mm Regenfall) die Kokakultur mit gutem 
Erfolg. Man will dort bis 2 pCt. Kokain aus 
den jungen Blättern erhalten haben. Dem Ver- 
nehmen nach besteht auch bei Soekaboemi in West- 
java eine größere Kokapflanzung. 
Während meines Aufentholtes in Buitenzorg 
konnte ich — dank der dauernden Unterstützung der 
Gartenverwaltung — dem Gouvernement von Samoa 
und der Katholischen Mission vom Heiligen Geist 
in Potsdamhafen wertvolle Sortimente lebender 
Nutzpflanzen übersenden. Ferner erhielten die Bota- 
nische Zentralstelle für die Kolonien in Berlin und 
das Bieologisch-Landwirtschaftliche Insttut in Amani 
Sämereien von je etwa 200 Arten in Buitenzorg 
kultivierter Pflanzen, und endlich konnte ich 12 Wardsche 
Kästen mit wertvollen lebenden Nuptpflanzen Javas 
persönlich an das genannte Institut im Amani über- 
führen. Das Königliche Botansche Museum in 
Berlin erhielt eine umfangreiche Sammlung blatt- 
bewohnender Flechten und Algen, sowie in Alkohol 
eingelegter tropischer Früchte nebst dem zugehörigen 
Herbarmaterial; für das Kaiserliche Gesundheitsamt 
beschaffte ich eine Sammlung von Produkten tropischer
	        
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