Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Die Patrouille hat in der Nacht vom 28. zum 29. 
den Dongo auch erreicht, dort aber weder eine Nach- 
richt, noch die Möglichkelt vorgefunden, mit der auf 
dem anderen Ufer belegenen Faktorei in Verbindung 
zu treten, da bei der Dongofaktorei ein Kanu nicht 
vorhanden war. Für das nun lediglich auf Fleisch- 
nahrung angewiesene, tellweise erkrankte und durch 
den anstrengenden Marsch mitgenommene ungeübte 
Expeditionspersonal war diese Wartezeit ins un- 
gewisse, da eine Möglichkeit, den etwa 120 m 
breiten reißenden Fluß zu überschreiten, nicht bestand, 
eine recht starke Zumutung. Bedeutend verschärft 
wurde diese Anforderung an die Zähigkeit der Leute, 
als der kleine Dampfer der Gesellschaft am 2. Mai 
eintraf, noch durch den Umstand, daß nur gerade 
so viele Gemüsekonserven (Erbssuppen usw.) mit- 
gekommen waren, daß, falls ein Zwischenfall nicht 
eintrat, die ersten Fangdörfer hätten erreicht werden 
önnen. 
Der ungünstigen lokalen Verhältnisse halber hatte 
ich übrigens für diese Wartezeit nicht direkt am 
Dongo, sondern an der Stelle des alten Depotlagers 
der Djaschnellenexpedition 1900 Lager bezogen und 
am Ende der Schiffbarkeit des Flusses nur eine 
Wache belassen. 
Die Abwicklung der notwendigsten Geschäfte mit 
dem Direktor der Gesellschaft und dem Verwaltungs- 
beamten Preuß, die mit dem klelnen Dampfer an- 
gekommen waren, ging nach dem Übersetzen der 
Expedition in sehr großer Beschleunigung vor sich, 
da der Dampfer nicht länger zur Verfügung stand. 
Ich mußte krankheitshalber die beiden ältesten farbigen 
Unteroffiziere der Expedition leider nach Ngoko 
senden, so daß ich nur ganz junge Chargen noch 
zur Verfügung behielt. 
Der fast stetig fallende Regen erschwerte den 
Weitermarsch vom Dongo, der erst am 4. Mai an- 
getreten werden konnte, ganz außerordentlich. Der 
übliche Karawanenweg, der unpraktischerweise den 
in der Trockenzeit wohl passierbaren Jue häufig 
kreuzt, jetzt aber durch einen 30 m breiten, 2 m 
tiefen reißenden Fluß führte, war völlig unbenutzbar, 
da ich der knappen Verpflegung halber mich unmög- 
lich mit der Herstellung von Baumstammbrücken be- 
fassen konnte. Die Folge war natürlich auch hier ein 
anstrengender Marsch an steilen Berghängen entlang 
unter stetem Verfolg der zahlreichen Flußbiegungen 
und fast ohne Weg. Die Niveaudifferenzen sind 
hier übrigens etwas geringer wie auf dem anderen 
Djaufer (etwa 200 bis 300 m) und nehmen 
westwärts in geringerer Entfernung vom Flusse 
schnell ab. Ein mir unverständliches völliges Über- 
sehen des von der Expedition verfolgten, zweifellosen 
Hauptauellflusses des Jue hat sich in dem mir zur 
Verfügung stehenden Kartenmaterial festgesetzt, das 
mich aber von der Karawanenstraße, die offenbar 
einem minder bedeutenden Quellflüßchen folgt, völlig 
abbrachte. Erst die mit meinem gesamten fremden 
Kartenmaterlal nicht übereinstimmende südwestliche 
  
88. 
  
Richtung des verfolgten Flusses und die aus allen 
möglichen lleinen Anzeichen erkennbare, offenbar noch 
große Entfernung, die mich am 8. Mai trotz guter 
Marschleistungen noch von Ansiedlungen trennen 
mußte, legte mir die Vermutung eines derartigen 
Irrtums nahe, der sich dann, als ich vom Flusse 
abbog und nach Nordwesten in der vermuteten 
Richtung der nächsten Dörfer über übrigens hier 
wieder bedeutendere Erhebungen marschierte, auch 
als tatsächlich vorhanden herausstellte. Als ich am 
. endlich einen von Norden nach Süden führenden 
begangenen Weg erreichte, über die aus der Hoese- 
mannschen Route ersichtliche Lage der ersten Fang- 
dörfer aber westwärts bereits hinausgekommen war, 
den verfolgten Fluß dagegen immer noch als den 
Jue ansehen mußte, war ich tatsächlich nicht in der 
Lage, festzustellen, ob der erreichte Weg die Ver- 
bindung von Suanke nach Bombassa im Süden oder 
nach Eta im Norden darstellte. Die weitere Auf- 
nahme ergab, daß Juanke nach den Hoesemannschen 
Aufnahmen offenbar zu nahe an den Dja fiel und 
die Expedition die besiedelte Gegend westwärts noch 
nicht erreicht hatte. Die sofort ausgesandten Auf- 
klärungspatrouillen veranlaßten mich schließlich, den 
nach Norden führenden Weg zu nehmen, auf dem 
sich ein Lagerplatz vorgefunden hatte, der offenbar 
von Europäern benutzt worden war. 
Unterdes hatte der Gesundheitszustand der Leute 
sich außerordentlich verschlechtert, und war am 10. Mai 
Nahrung kaum mehr vorhanden, da diesseit des 
Djia die Jagd kaum Ergebnisse hatte. Bereits 
waren zwei der vom Dongo ab nicht einmal mehr 
belasteten Strafträger gestorben, und hatte die Ex- 
pedition ein in weitem Abstand langsam folgendes 
Detachement mit vielen, kaum mehr marschfähigen, 
meist kranken Leuten, die in der Mehrzahl aus 
Kunabembe-- und Bertuaträgern bestanden. ch 
schickte die gewandtesten Soldaten deshalb auf dem 
hier stark begangenen Wege voraus, um die dringend 
nötige Verpflegung baldmöglichst zu beschaffen, folgte 
mit dem noch marschfähigen Rest, so schnell es zu 
erreichen war, und ließ das Krankendetachement über- 
haupt zurück. Am 11. traf ich die von Etaleuten 
begleitete zurücklehrende Patrouille mit Verpflegung, 
die mir der Chef von Eta sandte, etwa drei Stunden 
vor dem Dorfe, konnte dasselbe trotz der frühen 
Nachmittagsstunde mit der völlig erschöpften Expedition 
aber nicht mehr an diesem Tage erreichen. Die 
Patrouille ging mit der größeren Menge der Ver- 
pflegung zu dem welt entfernten Krankendetachement 
weiter, während ich mir so viel entnahm, um am 
12. Mai Eta erreichen zu können, wo tags darauf 
ohne weiteren Verlust auch das nachfolgende Detache- 
ment eintraf. 
Die Aufnahme in Eta war recht gut, wenn auch 
die jetzt ganz neue Dorf= und Pflanzungsanlage noch 
nicht fählg war, allzureichlich Verpflegung zu liefern. 
Das alte (Hoesemannsche) Eta liegt etwa 1½ km 
nördlicher, und ich habe dort Anschluß an die Hoese-
	        
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