Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

hier eine persönliche Täuschung vorliegen, indessen 
verändert auch die Vegelation nach Osten zu ihr 
Bild. Alles wächst üppiger, an Stelle der Hyphaenen= 
palme tritt die Phoenix. Feigenbäume und Baobabs 
erreichen einen mächtigen Umfang, viele neue, mir 
unbekannte Bäume erscheinen. Im ganzen Okawango- 
tale liegt etwas von Treibhaustemperatur, was man 
sich erklären kann, wenn man bedenkt, daß das ganze 
Tal tief in die Dünenzüge eingebettet ist und daß 
neben dem Flusse in dem gesamten, zur Regenzeit 
überschwemmten großen Tal die Feuchtigkeit ver- 
dunstet, bis im September—Oktober die neue Regen- 
zeit einsetzt. Hieraus folgert aber auch die un- 
gemeine Fruchtbarkelt des Tales. Während der 
Regenzeit soll viel Fleber herrschen, aber ich glaube, 
daß sich der Europäer überall gesunde Wohnplätze 
schaffen kann, wenn er sich nicht im Tal, sondern 
auf der Höhe anbaut. Auf der zwelmonatlichen 
Reise kam kein einziger Fieberfall vor, allerdings 
wurde ab und zu prophylaktisch Chinin gegeben. 
Frost kommt in der kalten Zeit fast alljährlich vor. 
Wirtschaftliche Verhältnisse, Kulturen. 
Die Produkte find am ganzen Okawango die 
gleichen, Kaffernkorn, Bohnen, Hirse, Erdnüsse, 
Kürbisse und etwas Tabak, der aber nur geschnupft 
wird. Die Preise für Lebensmittel waren gegen 
die Vorjahre erheblich gestiegen, weil infolge wenigen 
Regens die Ernte schlecht ausgefallen war. 
Heuschrecken. 
Stellenweise wurde auch über Heuschrecken ge- 
klagt, dicht südlich des Okawango beobachtete ich im 
April große Schwärme, wodurch die Annahme wider- 
legt wird, daß am Okawango keine Heuschrecken vor- 
kommen. 
Bodenverhältnisse. 
Von dem Wirtschaftsgebiet ist natürlich nur der 
allerkleinste Teil durch die Eingeborenen in Kultur 
genommen. In allgemeinen bietet der westliche Teil 
des Okawango von Himarua bis zum Fontein 
Omuramba größere Flächen, die sofort in Kultur 
genommen und vom Fluß aus bewässert werden 
können, als der östliche Teil Fontein Omuramba— 
Andara, obwohl auch hier reichlich kulturfähiges 
Land zur Verfügung steht. Im Durchschnitt ist 
aber flußabwärts das Flußtal schmaler, und die 
Dünen treten vielfach näher an den Fluß heran, 
wie oberhalb. Im Tale sieht man häufig reichlichen 
Salzausschlag, so daß einer Bearbeitung der Flächen 
in großem Stile jedenfalls genaue Bodenunter- 
suchungen vorhergehen müßten. 
Viehzucht. 
Viehzucht wird nur wenig von den Eingeborenen 
getrieben, und das Wenige mit gestohlenem Vieh. 
Nur Himarua hat dauernd größere Viehbestände; 
bei Diabe sieht man elnzelne sehr kleine Ziegen. 
andel. 
In früheren Jahren herrschte am Okawango ein 
  
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lebhafter Handel, aber seitdem eine Anzahl Händler 
beraubt wurde, ließ der Handel nach und hörte 
schließlich so gut wie ganz auf. Die Häuptlinge 
haben große Mengen Elfenbein gesammelt, verkaufen 
es aber nur für Munition, nach der überhaupt ihr 
ganzes Sinnen und Trachten steht. Daß troh des 
reichen in Aussicht stehenden Gewinns selbst die 
farbigen Angolahändler jetzt dem Okawango fern- 
bleiben, beweist, welches schlechten Rufes sich die 
Okawangobewohner auch in Angola erfreuen. 
Kautschuk fand ich nur bei Himarua, aber nicht 
flußabwärts. Da östlich des Kuito mit Kautschuk 
gehandelt wird, halte ich es für wahrscheinlich, daß 
kautschukhaltige Wurzeln und Pflanzen auch fluß- 
abwärts, vielleicht auf dentschem Gebiet, vorkommen. 
Leider fehlten mir Zeit und praktische Kenntnisse, 
um Untersuchungen darüber anzustellen. 
Ich berechne auch den ungemein großen wirt- 
schaftlichen Wert des Okawangotales weniger nach 
dem Handel, der getrieben werden kann, als nach 
der landwirtschaftlichen Produktion. A##bau von 
Weizen, Mais, Baumwolle, Tabak und Wein, die 
mit Leichtigkeit gewonnen werden können. 
Es ist sicher, daß der Okawango dermaleinst die 
wichtigste Rolle im wirtschaftlichen Leben der Kolonie 
spielen wird. Nicht unerwähnt bleiben darf die 
große Kunstfertigkeit der Owambokuschen, die sich vor 
allem in der Anfertigung von Schnitzereien zeigt. 
Die Kanus sind viel sauberer und eleganter ge- 
arbeitet, wie bei den Stämmen flußaufwärts; aus 
einem sehr harten Holz mit fast dunkelrot-schwarzem 
Kern werden außerordentlich schöne Biertöpfe, Löffel, 
Stühle und Kornschalen geschnitzt. Aus Binsen und 
Kornstroh werden Körbe in verschiedensten Formen 
mit ungemein feinem Flechtwerk hergestellt. Auch 
Schmiedearbeiten aus Eisen, Speerspitzen in ver- 
schiedensten Formen und kleinere Gebrauchsgegen- 
stände, wie Messer und kleine Löffel, mit denen sie 
Schnupftabak aus den langen Holzdosen kratzen, 
werden angefertigt. 
Geographie. 
In geographischer Beziehung werden die vom 
Oberlandmesser täglich ausg 
verbunden mit Routen und Tacheometeraufnahmen, 
es ermöglichen, eine genaue Karte des nördlichen 
Grenzgebietes herzustellen. Lelder gestattete es die 
Zeit nicht, über den Okawango hinaus nach Osten 
wenigstens bis zum Tschobe zu reisen. Dies soll 
nach Aussage der Eingeborenen keinerlei Schwierig= 
keiten machen, und die von Aurel Schulz vor fast 
20 Jahren bemerkte Tsetsefliege am Tschobe soll so 
nachgelassen haben, daß man an den meisten Stellen 
mit Ochsen ziehen kann. 
Über die von Aurel Schulz erwähnte Bifurkation 
zum Tschobe habe ich nichts erfahren können, ob- 
wohl ich jede Gelegenheit benutzte, danach zu fragen. 
Von einem Selinda-Rivier wußten die Owambo- 
kuschen nichts, bestritten auch, daß in der Regenzeit 
irgend eine Verbindung zwischen Okawango und
	        
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