Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

recht geben, daß der Eingeborene selten aus Liebe 
zur Arbeit, sondern, durch äußere Verhältnisse be- 
wogen, sich anwerben läßt. Schlechte Ernten, Be- 
drohung durch übermächtige Feinde, Streitigkeiten 
innerhalb der Stämme waren in früheren Zeiten fast 
immer die Ursachen, welche die Eingeborenen ver- 
anlaßten, in großen Mengen aus einzelnen Bezirken 
fortzugehen. In zweiler Linie sprachen erst Beliebt- 
heit einzelner Kapitäne, Arbeitgeber und Plätze mit. 
Was nun die Anwerbung in Neu-Mecklenburg, Neu- 
Hannover, Fischer und Gardner und Garrit Dennys 
anbetrifft, so ist zu bedenken, daß die Leute von hier 
seit annähernd 15 Jahren andauernd angeworben 
worden sind, und zwar nicht nur für Neu-Pommern 
und Kaiser-Wilhelmsland, sondern auch für Samoa. 
Naturgemäß hatte daher auch Neu-Mecklenburg die 
größten Verluste zu tragen, als in den ersten Jahren 
unserer kolonisatorischen Tätigkeit, besonders in Kaiser- 
Wilhelmsland, außerordentlich viel Leute an Fieber, 
Pocken usw. starben. Durch diese fortlaufenden An- 
werbungen ist die Bevölkerungsziffer zurückgegangen, 
umsomehr, als die Angeworbenen zu sieben Achteln 
aus den kräftigsten Männern bestanden. Schließlich 
ist durch Forschungen des Geheimrats Dr. Koch fest- 
gestellt worden, daß ein großer Tell des Nachwuchses 
bis zum fünften Lebensjahre an Malaria stirbt. 
Naturgemäß hat der Rückgang der Einwohneranzahl 
auch eine Verminderung des Anwerbematerials zur 
Folge gehabt. 
Die Ursachen nun, aus denen der Neu-Mecklen- 
burger der Nord= und Nordostküste sich nur noch 
ungern nach anderen Bezirken anwerben läßt, liegen 
nicht in Regierungsmaßregeln. Der Hauptgrund 
dürfte die Überschwemmung der Eingeborenen mit 
Waren (Kredit-Kistengeschäft) durch die Händler sein. 
Da außerdem durch die Konkurrenz die Prelse 
für die Eingeborenen = Konsumartikel sehr gedrückt 
sind, so erhäölt der Eingeborene jetzt für seine Kopra 
ungefähr dreimal so viel Tabak usw. wie vor fünf 
bis sechs Jahren. Weshalb soll er sich seine geringen 
Bedürfnisse mit schwerer Arbeit außer Landes ver- 
dienen, wenn er dasselbe in behaglichem Schaffen in 
der Heimat erreichen kann? Für jeden Kenner der 
Verhälnisse kann kein Zweifel darüber bestehen, daß 
der Preisrückgang der Eingeborenen-Konsumartikel 
eine bedeutende Verminderung der Anwerbung her- 
vorgerusen hat. In zweiter Linie dürfte die Pazi- 
fizierung des Landes einen Einfluß gehabt haben. 
Da es durch vielfache Beispiele erwiesen ist, daß der 
Neu-Mecklenburger gern im Lande arbeitet, so würde 
es natürlich für die Betriebe des Bezirks von großer 
Wichtigkeit sein, wenn eine Auswanderung möglichst 
unterbliebe; ganz abgesehen davon, daß es für alle 
Interessenten des Schutzgebietes von Bedeutung ist, 
dieser Frage näher zu treten, d. h. durch jahrelanges 
Schonen einzelner Anwerbegebiete diese zu stärken. 
Die Unternehmungslust im landwirtschaftlichen 
Betriebe beginnt sich zu regen. Die Neu-Guinea- 
Kompagnie hat ihren großen Landbesitz energisch in 
  
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Angriff genommen. Die Errichtung einer mehr oder 
weniger selbständigen Administration wird notwendig 
werden. Für eine gute Idee halte ich die wirt- 
schaftlichen Unternehmungen der Firma Hernsheim 
& Co., die ihre Handelsstationen mit Pflanzungen 
verbindet. 
Es würde sich nur noch erübrigen, der Frage 
näher zu treten, ob die Verhältnisse Neu-Mecklenburgs. 
sich nicht nur für Großkapital, sondern auch für den 
kleinen Landwirt eignen. Die Landwirtschaft im 
großen dürfte unter allen Umständen rentabel sein, 
während der kleinere Unternehmer, der nicht in der 
Lage ist, ein Schiff laufen zu lassen, Anlehnung an 
eine bestehende Firma suchen müßte. Sollten sich 
indessen in der nächsten Zeit die Schiffahrtsverhält- 
nisse ändern, so daß unabhängige kleine Dampfer 
bezw. Motorschuner sich in den Dienst kleinerer 
Unternehmer stellen oder der Norddeutsche Lloyd 
seinen Dampfer anlaufen läßt, so sind auch die 
Lebensbedingungen für den Kleinkapitalisten vor- 
handen. Kokosnußpalmen, Ficus elastica, Castilloa 
elastica, Mais, Maniok, Taros, süße Kartoffeln, 
Mangos, Orangen und Gemüse gedeihen vorzüglich. 
Ein großer Hühner= und Entenhof ist schnell ange- 
legt. Für Rindvieh und Pferde ist das Land wie 
geschaffen. Die klimatischen Verhältnisse sind unge- 
fähr dieselben wie in Neu-Pommern, und bei Beach- 
tung der von Geheimrat Koch empfohlenen Methode 
der Bekämpfung der Malaria und vernünftigem 
Lebenswandel kann sich jeder vor Fieber schützen. 
Die in Neu--Pommern domizilierten Missionare 
vom Heiligen Herzen Jesu sowohl als auch die 
Wesleyanische Mission haben im letzten Jahre größere 
Landankäufe gemacht, und es steht zu erwarten, 
daß sie ihre Tärigkeit bald aufnehmen. Die Ein- 
geborenen sind völlig pazifiziert, und das Wegenetz 
wird stetig weiter ausgebaut. 
Somit sind die Vorbedingungen für eine günftige 
Entwicklung des Bezirks vorhanden. 
Warlhall-Inleln. 
Schenkung zu wohltätigen Swecken. 
Im Februar 1901 wurden von dem Häuptling 
Murjil von Maloelab bei einem Besuche des unbe- 
wohnten Atolls Bikar der Marshallgruppe Trümmer 
eines dort gescheiterten großen Barkschiffs gefunden. 
Von der aus raffiniertem Petroleum bestehenden 
Ladung waren etwa 100 Kisten in mehr oder weniger 
beschädigtem Zustande angetrieben. 
Wie die angestellten Ermittlungen ergeben haben, 
war das verunglückte Schiff identisch mit der briti- 
schen Bark „Manchester", Heimatshafen Liverpool, 
die am 23. Auguft 1900 mit einer Ladung Petroleum 
von Newyork nach Yokohama in See gegangen und 
zuletzt am 23. September 1900 auf dem 12. Grade 
nördl. Breite und 29. Grade westl. Länge ange- 
sprochen war.
	        
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