Solche Anhänglichleit und solche Vasallentreue
sind gewiß selten, besonders da Mwanga oftmals
seine Herrscherlaunen im Blut seiner Untertanen
kühlte. Es regt sich in einem kaum das Gefühl des
Bedauerns über seinen Fall, wenn man die Geschichte
seiner Regierung überblickl. Er hat viel gesündigt,
aber auch viel Ubles dafür geerntet, und in selnen
letzten Jahren verfolgten und folterten ihn Gewissens-
bisse oder doch die Reue über die leichtfertige Ver-
scherzung seines Glückes. Wenn er auch an Geistes-
anlagen seinem Vater Mtesa nicht gleich kam, so
gab es doch immer Gelegenheit für ihn, jene Talente
zu zeigen, die er wohl besessen haben mochte. Auch
in den unheimlichsten Gestalten afrikanischer Macht-
haber finden sich Funken guter Elgenschaften und
allgemeiner Menschlichkeit, die sich doch einigermaßen
über das Niveau ihrer Stammesgenossen hinaus-
heben und ihnen den Stempel des Königlichen auf-
drücken. Doch Mwanga konnte sich wenig solcher
Tugenden rühmen. Sein ganzes Streben ging
dahin, seine sinnlichen Gelüste vollauf zu befriedigen,
und deshalb benützte er seine Macht nicht dazu,
seinem Volke zu nützen, sondern mißbrauchte sie zu
den angedeuteten selbstsüchtigen Zwecken.
Seine Religion wechselte er nach Umständen, je
nachdem politische Gründe es für geraten erscheinen
ließen. Es läßt sich schwer sagen, ob er sich jemals
aufrichtig irgend einer christlichen Konfession ange-
schlossen habe; er war zuerst Heide, dann Protestant,
dann Kathollk, dann Mohammedaner. Durch den
Einmarsch der Engländer verlor er die unumschränkte
Herrschaft über Leben und Tod selner Untergebenen;
deshalb haßte er die Europäer vom ersten Augen-
blick seiner Regierung an und suchte ihnen zu schaden,
wo immer er nur konnte, um sie wieder aus seinem
Gebiete zu vertreiben. Aus dem gleichen Grunde
unterdrückte er auch alle Bestrebungen seines Volkes,
sich europäischer Zivilisation zu nähern. Nach seiner
Thronbesteigung im Jahre 1884 setzte er sofort eine
eeolgung aller Missionare und ihrer Christen ins
er
Längere Zeit waren die Missionare Gefangene in
ihren elgenen Häusern; seine christlichen Untertanen
ließ er in großer Zahl verbrennen, darunter 26 katho-
lische Männer, die eines heldenmütigen Todes starben.
Am 29. Oktober 1885 ließ er den protestantischen
Bischof Hannington auf dem Wege von Usoga nach
Uganda überfallen und ermorden. Doch das waren
erst die Vorboten des Sturmes, der im Jahre 1886
ausbrach; die Christen stoben nach allen Seiten aus-
einander, auch die Missionare flohen; so ernst schien
die Lage zu werden.
Doch nur kurze Zeit weilten sie in der Ferne,
aber bei ihrer Rückkehr fanden sie das ganze Land
in Empörung. Christen und Muselmänner hatten
sich erhoben, denn sie glaubten sest, Mwanga habe
beschlossen, sie auszurotten. Der König selbst mußte
die Flucht ergreifen und sloh nach dem Süden, wo
er sich in einen Katholiken verwandelte, dann friedlich
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wieder zurückkehrte und wieder in seine Herrschaft
eingesetzt wurde. Aber die Bewohner des Landes
waren mißtrauisch geworden und hatten gelernt, sich
selbost zu helfen, wenn sie zum äußersten getrieben
wurden. Verschwörungen, Bürgerausstände und Em-
pörungen waren an der Tagesordnung, ein Zustand,
der seinen Höhepunkt erreichte in der furchtbaren
Rebellion der sudanesischen Soldaten der englischen
Regierung ...Errst nach längerem Bemühen glückte
es, den Aufstand niederzuwerfen, der so viel Blut
und Menschenleben gekostet hatte. König Mwanga
hatte bei dem blutigen Schauspiel auch seine Hand
im Spiele, sah sich aber jetzt in seinen Hoffnungen
getäuscht und floh, wurde aber auf der Flucht ge-
fangen genommen. Im gleichen Jahre (1897)
wurde Daudi zum Könige erhoben, Mwanga aber
ward nach Mombassa überführt und später auf die
Seychelleninseln verbannt, wo er vor wenigen Mo-
naten verschied. .
So traurig hat der geendet, der vor wenigen
Jahren der Stolz und die Hoffnung seines Volkes
gewesen; sein Sturz war der Segen seines Volkes,
das sich seitdem von den schweren Schlägen erholt
und prächtig entwickelt hat. Beinahe möchte man
wünschen, daß der alte König noch einmal sein Reich
hätte sehen dürfen und den wunderbaren Wechsel,
der sich dort vollzogen hat selt den stürmischen Tagen
seines Königtums.
Doch es gibt, wie oben erwähnt, noch einige
seiner Anhänger, die ihm auch im Unglück treu ge-
blieben sind. Als heuer die Regenzeit länger dauerte
als sonst und große Wassermassen das Land über-
schwemmten, da murmelten sich seine Getreuen zu:
„Seht, auch die Elemente trauern um den alten
König!“ (Gott will es. 1904, 2. Heft.)
Titerakur.
Kriegskarte von Deutsch-Südwestafrika in
1:800 000. Im Auftrage der Kolonial-Abteilung
des Auswärtigen Amts auf Grundlage aller bisher
veröffentlichten Karten und der unveröffentlichten
Materialten der Kolonial-Abteilung des Auswär-
tigen Amts u. a. m. hergestellt in dem kartogr.
Institut Dietrich Reimer (Erust Vohsen), Berlin,
unter Leitung von P. Sprigade und M. Moisel.
Blatt Zesfontein, Owambo, Andara, Keet-
manshoop, Warmbad. Preis pro Blatt 1 Mk.
Von der Kriegskarke von Deutsch-Südwestafrika
in 1:800 000, bearbeitet von P. Sprigade und M.
Meisel, herausgegeben von D. Relmer (Ernft Vohsen),
von der die bisher notwendigsten Blätter Windhuk,
Otawi und Rehoboth erschienen waren, liegen nun-
mehr die noch fehlenden fünf Blätter, Zesfontein,
Owambo, Andara im Norden, Keetmanshoop und
Warmbad im Süden fertig vor. Davon sind die
drei erst genannten Sektionen im Auftrage des Großen