Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

wohl ich die Verhältnisse des Ngaunderedistrikts 
noch nicht persönlich kennen gelernt habe, so glaube 
ich, daß die in erster Linie dorkhin geplante Dienst- 
reise und Anlage einer Station bedeutenden Nutzen 
bringen wird. Nachdem ich den Lamido Dalll von 
Ngaundere persönlich gelegentlich der früher ge- 
nannten Versammlung vom 25./9. gesprochen habe, 
bin ich entgegen früherer Berichterstattung der 
Meinung, daß derselbe auch ohne Gewaltmaßregeln 
für die diesseltigen Interessen gewonnen werden wird. 
Im Bezirk findet sich fast allenthalben, zum 
großen Teil in den noch unerschlossenen Heiden- 
gebieten, ein Guttaperchaprodukt (Fullah: Tarih), 
welches noch nicht wissenschaftlich bestimmt ist. Seit 
Jahren wird es von der Niger Company auf- 
gekauft, zur Zeit 1 Pfund englisch zu dem hohen 
Preise 3000 Kauris —= 3 Schill., was für die 
Verwertbarkeit des Produkts spricht. Bei der augen- 
blicklichen Erntezelt habe ich deshalb Schutzmaß- 
regeln gegen den bestehenden Raubbau verfügt. 
Das Zentrum für den Guttaperchahandel im Bezirk 
it Garua und Mubi. Die Residentur hat mit 
hiesigem Saatgut gleich mit ihrer Einsetzung eine 
größere Versuchsplantage in Angriff genommen, um 
zwecks instruktiver Eingeborenenkulturen keine Zeit 
zu verlieren. Für Gummigutti ist Marua ein 
bekanntes Zentrum, welches seit vielen Jahren nach 
Jola exportiert. Ebenso ist schon zu der Zeit vor 
Eintritt einer deutschen Regierung von der schwim- 
menden Nigerfaktorel das Produkt einer Art Seiden- 
raupe aus dem Gebiete aufgekauft worden. Baum- 
wollkultur ist hier überall, aber bisher nur für 
Eingeborenenindustrie. Meliorationen zur Schaffung 
einer exportfählgen Ware erscheinen wohl möglich. 
Für gualitativ gutes Elfenbein sowie für Kaut- 
schuk kommt Ngaundere sehr in Betracht. Kola 
ist bisher nicht im Gebiet als Landesprodukt. Bei 
der hervorragenden Wichtigkeit in kommerzieller Be- 
ziehung kann nicht oft genug darauf hingewiesen 
werden, von welch weittragender Bedeutung für die 
Hinterlandsbezirke eine energische Einführung um- 
sangreicher Eingeborenenkulturen ist. Mittels der 
Wasserstraße des Niger-Benus hat dies für die 
Regierung in Adamaua keine Schwierigkeit, und es 
ist infolge beabsichtigter Vergütung der Unkosten von 
eiten der Eingeborenen nicht mit Ausgaben ver- 
bunden, das Saatgut zur Verteilung in der zur 
Anpflanzung günstigen nächsten Regenzeit zu be- 
schaffen. Es konnten bei Ankunft hier etwas über 
400 frische Nüsse gerade noch ausgesetzt werden, 
und hoffe ich, daß auch hier in bestimmten Lagen 
die Kola gedeihen wird. Es muß hier angefügt 
werden, daß meines Erachtens der Bezirk Banjo 
— Tibatt wirtschaftlich hierher angeschlossen 
rden mu 
b Das Verständnis für Pferde= und Viehzucht ist 
el den ansässigen Fullahs sowie bei den Wander- 
Fullahs ohne allen Zweifel in hervorragender 
Weise vorhanden. Daß eine nach europäischen 
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Prinzipien rationelle Zucht zur Zeit nicht existiert, 
liegt sowohl an den unstäten Besitzverhältnissen der 
Eingeborenen als auch an den sehr bedeutenden 
Verschiebungen der Bestände durch unruhige oder 
kriegerische Verhältnisse im Lande in den letzten 
Jahren. Der Ngaunderedistrikt allein, welcher das 
Glück hatte, keine schweren kriegerischen Eingriffe 
durchzumachen, hat noch rassige Viehbestände in 
größerem Maße, welche ihn zu einem natürlichen 
Viehzentrum machen. Nach diesseitiger Ansicht ist 
betreffend Viehschläge in der Zucht besonders darauf 
binzuarbeiten, niedergestelltes, breites, nicht rein- 
rassiges, schweres Fleischvieh zu züchten, welches sowohl 
als Zugvieh als auch als Schlachtvieh für die 
Kolonie in Frage kommt. Diese Bedingung erfüllt 
zur Zeit das Ngaunderevieh weit mehr als das 
Garnavieh. Die hier übernommene Regierungs- 
herde (über 500 Stück Vleh) ist ein schlagendes 
Beweismaterial für Mißerfolge auf Grund irratio- 
neller Rassenmischung ohne Trennung. Bei der 
Regierungsherde sind außer verschiedenen anderen 
Viehschlägen das sogenannte Garuavieh (schmächtiger 
und weniger zuchtrein als in Ngaundere) und das 
langhörnige, hohe, ziemlich verwilderte Vieh der 
wandernden Bororo-Fullahs hauptsächlich vertreten. 
Für die Zucht eignet sich bloß das erstere. Eine 
Pferdezucht ist erst weiter nördlich von Madagalt 
und Marua ab beheimatet, doch ist das hier allent- 
halben reichliche Material wegen seiner Ausdauer 
und seiner Billigkeit (ein gutes Dienstpferd 10 bis 
20 Maria-Theresia-Taler = 30 bis 60 Mark) 
ein weiterhin verwertbarer Faktor im Bezirk. Durch 
Geschenke hat die Residentur bereits über ein Dutzend 
brauchbare Stuten zur Begründung eines Gestüts 
kostenlos zusammengebracht, welche sowohl zur Pferde- 
als auch Maultierzucht Verwendung finden werden. 
Daß Garua seit alten Zeiten wegen seiner 
günstigen Verkehrslage ein natürliches Handels- 
zentrum bildete, ist allgemein bekannt. Hier 
schließen sich die Handelswege aus Nordost= und 
Süd-Adamaua zum Abgang nach der Wasserstraße 
des Benus zusammen. Garua die alte natürliche 
Handelsbedeutung wiederzugeben, ist ohne Schwierig- 
keiten zu erreichen. Daß Ein= und Verkauf seit 
längerer Zeit zuungunsten der hiesigen Produkten- 
werte sich in Jola und nicht in Garua vollzieht, 
kann durch verschiedene Maßnahmen hierselbst einen 
Wechsel erfahren. Trotz der sehr beschränkten Be- 
nutzungsfähigkeit des Wasserweges Benus-Niger für 
größere Transportfahrzeuge stellen sich die Einfuhr= 
preise hier so bedeutend billiger, daß auch das süd- 
liche Adamaua seine Haupthandelsfront hierher bei- 
behalten wird. Ausgenommen ist Elfenbein (Ngaun- 
dere), welches in Jola keine so hohen Preise wie 
im deutschen Gebiet erzielt. Zum Beispiel ein 
Haupteinfuhrprodukt, europälsches Salz, kostet bei 
der Niger Company 10 Schilling pro Sack, in 
Jaunde bereits 15 Mk. in bar und 20 Mk. nach 
Buschpreis. In Joko werden von der Firma
	        
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