wohl ich die Verhältnisse des Ngaunderedistrikts
noch nicht persönlich kennen gelernt habe, so glaube
ich, daß die in erster Linie dorkhin geplante Dienst-
reise und Anlage einer Station bedeutenden Nutzen
bringen wird. Nachdem ich den Lamido Dalll von
Ngaundere persönlich gelegentlich der früher ge-
nannten Versammlung vom 25./9. gesprochen habe,
bin ich entgegen früherer Berichterstattung der
Meinung, daß derselbe auch ohne Gewaltmaßregeln
für die diesseltigen Interessen gewonnen werden wird.
Im Bezirk findet sich fast allenthalben, zum
großen Teil in den noch unerschlossenen Heiden-
gebieten, ein Guttaperchaprodukt (Fullah: Tarih),
welches noch nicht wissenschaftlich bestimmt ist. Seit
Jahren wird es von der Niger Company auf-
gekauft, zur Zeit 1 Pfund englisch zu dem hohen
Preise 3000 Kauris —= 3 Schill., was für die
Verwertbarkeit des Produkts spricht. Bei der augen-
blicklichen Erntezelt habe ich deshalb Schutzmaß-
regeln gegen den bestehenden Raubbau verfügt.
Das Zentrum für den Guttaperchahandel im Bezirk
it Garua und Mubi. Die Residentur hat mit
hiesigem Saatgut gleich mit ihrer Einsetzung eine
größere Versuchsplantage in Angriff genommen, um
zwecks instruktiver Eingeborenenkulturen keine Zeit
zu verlieren. Für Gummigutti ist Marua ein
bekanntes Zentrum, welches seit vielen Jahren nach
Jola exportiert. Ebenso ist schon zu der Zeit vor
Eintritt einer deutschen Regierung von der schwim-
menden Nigerfaktorel das Produkt einer Art Seiden-
raupe aus dem Gebiete aufgekauft worden. Baum-
wollkultur ist hier überall, aber bisher nur für
Eingeborenenindustrie. Meliorationen zur Schaffung
einer exportfählgen Ware erscheinen wohl möglich.
Für gualitativ gutes Elfenbein sowie für Kaut-
schuk kommt Ngaundere sehr in Betracht. Kola
ist bisher nicht im Gebiet als Landesprodukt. Bei
der hervorragenden Wichtigkeit in kommerzieller Be-
ziehung kann nicht oft genug darauf hingewiesen
werden, von welch weittragender Bedeutung für die
Hinterlandsbezirke eine energische Einführung um-
sangreicher Eingeborenenkulturen ist. Mittels der
Wasserstraße des Niger-Benus hat dies für die
Regierung in Adamaua keine Schwierigkeit, und es
ist infolge beabsichtigter Vergütung der Unkosten von
eiten der Eingeborenen nicht mit Ausgaben ver-
bunden, das Saatgut zur Verteilung in der zur
Anpflanzung günstigen nächsten Regenzeit zu be-
schaffen. Es konnten bei Ankunft hier etwas über
400 frische Nüsse gerade noch ausgesetzt werden,
und hoffe ich, daß auch hier in bestimmten Lagen
die Kola gedeihen wird. Es muß hier angefügt
werden, daß meines Erachtens der Bezirk Banjo
— Tibatt wirtschaftlich hierher angeschlossen
rden mu
b Das Verständnis für Pferde= und Viehzucht ist
el den ansässigen Fullahs sowie bei den Wander-
Fullahs ohne allen Zweifel in hervorragender
Weise vorhanden. Daß eine nach europäischen
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Prinzipien rationelle Zucht zur Zeit nicht existiert,
liegt sowohl an den unstäten Besitzverhältnissen der
Eingeborenen als auch an den sehr bedeutenden
Verschiebungen der Bestände durch unruhige oder
kriegerische Verhältnisse im Lande in den letzten
Jahren. Der Ngaunderedistrikt allein, welcher das
Glück hatte, keine schweren kriegerischen Eingriffe
durchzumachen, hat noch rassige Viehbestände in
größerem Maße, welche ihn zu einem natürlichen
Viehzentrum machen. Nach diesseitiger Ansicht ist
betreffend Viehschläge in der Zucht besonders darauf
binzuarbeiten, niedergestelltes, breites, nicht rein-
rassiges, schweres Fleischvieh zu züchten, welches sowohl
als Zugvieh als auch als Schlachtvieh für die
Kolonie in Frage kommt. Diese Bedingung erfüllt
zur Zeit das Ngaunderevieh weit mehr als das
Garnavieh. Die hier übernommene Regierungs-
herde (über 500 Stück Vleh) ist ein schlagendes
Beweismaterial für Mißerfolge auf Grund irratio-
neller Rassenmischung ohne Trennung. Bei der
Regierungsherde sind außer verschiedenen anderen
Viehschlägen das sogenannte Garuavieh (schmächtiger
und weniger zuchtrein als in Ngaundere) und das
langhörnige, hohe, ziemlich verwilderte Vieh der
wandernden Bororo-Fullahs hauptsächlich vertreten.
Für die Zucht eignet sich bloß das erstere. Eine
Pferdezucht ist erst weiter nördlich von Madagalt
und Marua ab beheimatet, doch ist das hier allent-
halben reichliche Material wegen seiner Ausdauer
und seiner Billigkeit (ein gutes Dienstpferd 10 bis
20 Maria-Theresia-Taler = 30 bis 60 Mark)
ein weiterhin verwertbarer Faktor im Bezirk. Durch
Geschenke hat die Residentur bereits über ein Dutzend
brauchbare Stuten zur Begründung eines Gestüts
kostenlos zusammengebracht, welche sowohl zur Pferde-
als auch Maultierzucht Verwendung finden werden.
Daß Garua seit alten Zeiten wegen seiner
günstigen Verkehrslage ein natürliches Handels-
zentrum bildete, ist allgemein bekannt. Hier
schließen sich die Handelswege aus Nordost= und
Süd-Adamaua zum Abgang nach der Wasserstraße
des Benus zusammen. Garua die alte natürliche
Handelsbedeutung wiederzugeben, ist ohne Schwierig-
keiten zu erreichen. Daß Ein= und Verkauf seit
längerer Zeit zuungunsten der hiesigen Produkten-
werte sich in Jola und nicht in Garua vollzieht,
kann durch verschiedene Maßnahmen hierselbst einen
Wechsel erfahren. Trotz der sehr beschränkten Be-
nutzungsfähigkeit des Wasserweges Benus-Niger für
größere Transportfahrzeuge stellen sich die Einfuhr=
preise hier so bedeutend billiger, daß auch das süd-
liche Adamaua seine Haupthandelsfront hierher bei-
behalten wird. Ausgenommen ist Elfenbein (Ngaun-
dere), welches in Jola keine so hohen Preise wie
im deutschen Gebiet erzielt. Zum Beispiel ein
Haupteinfuhrprodukt, europälsches Salz, kostet bei
der Niger Company 10 Schilling pro Sack, in
Jaunde bereits 15 Mk. in bar und 20 Mk. nach
Buschpreis. In Joko werden von der Firma