Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

gesamt über 2000 ha. Im Kilwabezirk bezeichnet 
der Baumwollinspektor ferner etwa 100 000 ha als 
gutes Baumwolland. 
Auf die Ausbreitung der Kultur im Tangabezirk 
hat die Usambarabahn günstig eingewirkt. Die Be- 
willigung von Mitteln für eine Eisenbahnlinie Dar- 
essalam—Mrogoro hat das Komitee belm Reichs- 
tage befürwortet. Zur wirtschaftlichen Erkundung 
der Interessengebiete einer Eisenbahn im Süden der 
Kolonie (Kilwa—Miassasee) ist im Auftrage des 
Komitees der bisherige Bevollmächtigte der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft, Paul Fuchs, Kilwa, am 
19. April ausgereist. Im Schutzgebiet schließt sich 
der mit den zentralafrikanischen Verhältnissen gut 
vertraute Landwirto J. Booth aus Songea der 
Expedition an. 
Im Interesse der Arbeitsviehfrage ist der Stabs- 
arzt Dr. Panse mit Immuntsierungsversuchen gegen 
die Surrakrankheit betraut. 
2 Songen am Niassasee und namentlich in 
der Landschaft Nera am Viktoria-Niansa sind bereits 
größere Versuche mit Eingeborenen= und Plantagen- 
kultur unternommen. Die Nera-Baumwolle gelangt 
durch die Ugandabahn über Mombassa zur Ausfuhr. 
Eine Baumwollkultur größeren Stils bereitet 
das Komitee nunmehr im Rufidjigebiet vor, da dort 
nach Angabe der Sachverständigen über 700 000 ha 
vorzügliches Baumwolland zur Verfügung stehen 
und auch die Transportmöglichkeit durch den etwa 
150 kmn schiffbaren Rufidjl gegeben ist. Zur Durch- 
führung dieser Spezlalaufgabe ist der neuerdings ver- 
pflichtete deutsch-amerikanische Baumwollsachverständige 
F. A. Holzmann ausersehen, der bisher im Dienste 
der amerikanischen Regierung eine Versuchs= und 
Lehrstation in Texas geleitet hat. In diesem Gebiet 
wird u. a. auch eine Baumwollschule zur Heran- 
bildung von Baumwollehrmeistern eingerichtet werden. 
Zur Zeit wird in der Kolonle eine Zentral- 
ginstation mit Dampfanlage eingerichtet, während die 
im Betrieb befindlichen 26 Ginmaschinen und 13 
Pressen etappenförmig nach dem Innern vorgeschoben 
werden. 
Eine Baumwollausstellung wird gelegentlich der 
von dem Kaiserlichen Gouverneur Grafen v. Götzen 
für August zu Daressalam geplanten landwirtschaft- 
lichen Ausstellung stattfinden. Für Baumwolle und 
sonstige national wichtige Rohstoffe und Produkte 
sowie für Arbeitsvieh hat das Komitee größere Geld- 
preise ausgesetzt. Gleichzeitig wird eine Baumwoll- 
konferenz von Interessenten abgehalten, die zur 
weiteren Klärung der Lage des Baumwollbaues in 
der Kolonie beitragen soll. 
Wie die Woermann-Linie für Togo, so haben die 
Deutsche Ostafrika-Linie und Wm. O'Swald & Co. 
für Deutsch-Ostafrika die vorläufige frachtfreie Be- 
förderung von Baumwolle nach Deutschland in 
dankenswerter Weise übernommen. 
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Verarbeitung. 
Mit der fabrikatorischen Prüfung der bis Januar 
d. Is. nach Deutschland eingeführten über 140 000 
Pfund Togo= und Ostafrika-Baumwolle befaßten sich 
etwa 50 Spinnereten. Alle Urteile stimmen darin 
überein, daß die deutsche Kolonialbaumwolle sich von 
Lieferung zu Lieferung verbessert hat und eine für 
die deutsche Industrie durchaus marktgängige Qualität 
darstellt. 
Rolonial-Wirtschaftliches. 
In der Hauptversammlung der Deutschen Ko- 
lonialgesellschaft, Abteilung Hamburg, unter Vorsitz 
des Herrn Dr. L. Friedrichsen, hielt der Botaniker 
Rudolf Schlechter einen Vortrag über seine Reisen 
in Neu-Guinea und die Neu-Guinea-Guttapercha. 
Der Vortragende würdigte zunächst die Ver- 
dienste des Kolontal-Wirtschaftlichen Komitees um die 
Hebung unserer Kolonialwirtschaft. Im Auftrage des 
Komitees führte Schlechter im Jahre 1899 die 
Kautschuk-Expedition nach Westafrika, in den Jahren 
1901 bis 1902 die Guttapercha= und Kautschuk- 
Expedition nach der Südsee aus. Er schilderte 
sodann den Verlauf selner Forschungen in Neu-Guinea, 
wo er als erster Europäer bis tief in das Bismarck- 
gebirge eindrang, das Toricelligebirge überschritt 
und bis in die Ebene des Kaiserin-Augusta-Flusses 
vordrang. Trotz der Feindseligkeiten der Eingebornen 
und der sehr schlechten klimatischen Verhältnisse hatte 
er nur den Verlust eines einzigen Trägers zu ver- 
zeichnen. « 
Die von ihm entdeckte und von Autoritäten an- 
erkannte Neu-Guinea-Guttapercha bezeichnete er als 
durch sachgemäße Gewinnungsmethode noch ver- 
besserungsfähig und für eine Exploitation durchaus 
geeignet. Er betonte zum Schlusse die Wichtigkeit 
elnes neuen, von dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee 
geplanten Unternehmens, das sich die Erziehung der 
eingeborenen Bevölkerung von Neu-Guinea zur Ge- 
winnung von Guttapercha und Kautschuk zum End- 
ziele gesetzt hat. 
Auf Grund der Ausführungen des Herrn Schlechter 
über die von ihm in den Jahren 1901/1902 aus- 
geführte Kautschuk= und Guttopercha-Expedition nach 
der Südsee anerkennt die Versammlung der Deutschen 
Kolontalgesellschaft, Abteilung Hamburg, die Wich- 
tigkeit der Nutzbarmachung der Ergebnisse der Ex- 
pedition durch ein von dem Kolonial-Wirtschaflichen 
Komitee geplantes neues Unternehmen, das die Er- 
ziehung der eingeborenen Bevölkerung von Neu- 
Guinea zur Produktion der für unseren heimischen 
Handel, für unsere heimische Industrie und für 
unsereZ# staatswissenschaftlichen Interessen unentbehr- 
lichen Rohstoffe Kautschuk und kabeltaugliche Gutta- 
percha bezweckt. 
 
	        
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