Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

zurückgefallen war, und nachdem in den ersten Tagen 
des April in Sansibar die Versuche, den Kurs der 
deutschen Rupie zu werfen, mit verdoppelter Heftig- 
keit erneuert worden war, sah sich das Reich ge- 
nötigt, unmittelbar für die Aufrechterhaltung des 
Rupienkurses einzutreten. Solange für die deutsche 
Rupie nicht eine selbständige Wertgrundlage geschaffen 
war, bestand der einzige Weg zur Vermeldung einer 
vollständigen Erschütterung der Münzverhältnisse des 
ostafrikanischen Schutzgebiets in der strikten Aufrecht- 
erhaltung der Parltät zwischen der deutsch-ostafrlka- 
nischen und der indischen Rupie. Infolgedessen traf 
die Kolonlalverwaltung mit der Deutsch-Ostafrikanischen 
Gesellschaft ein Abkommen, nach welchem die letztere 
auch welterhin die Einlösung deutscher gegen indische 
Rupien bewirkte, und zwar nunmehr für Rechnung 
des ostafrikanischen Schutzgebiets. Anfänglich wurde 
die Einlösung in der Weise gehandhabt, daß das 
Gouvernement in Daressalam der Generalvertretung 
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft in Sansibar 
die zur Einlösung erforderlichen indischen Rupien zur 
Versügung stellte und ihr ferner eine Vergütung für 
die mit der Einlösung verbundene Mühewaltung 
zahlte. Später wurde das Verfahren dahin ver- 
einfacht, daß das Gouvernement die von der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft in Sansibar in Beträgen 
von mindestens 10 000 Rupien eingelösten deutschen 
Rupien vierzehntägig an Bord der Gouvernements- 
dampfer abnahm, und zwar gegen Sterlingwechsel 
auf die Legationskasse zum Kurs der Chartered 
Bank in Sansibar zuzüglich ¼ pCt. Kommission 
Bis Ende Juni 1903 sind etwa 750 000 deutsche 
Rupien in Sansibar eingelöst worden, eine Summe, 
welche auch die sachkundigsten Schätzungen beträchtlich 
überschritt. Auf diesem Wege sind die in Sansibar 
umlaufenden deutschen Rupien unter Aufrechterhaltung 
ihres Kurses und ohne erheblichen Kostenaufwand 
nach Deutsch-Ostafrika zurückgeführt worden, so daß 
Ende Juni 1903 die Einlösung in Sansibar ohne 
eine weitere Gefährdung des Kurses der deutschen 
Rupie eingestellt werden konnte. 
Die Kolontalverwaltung wurde also sofort bei 
dem Ubergange des Münzrechts auf das Reich ge- 
nötigt, energische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung 
des Kurses des deutsch-ostafrikanischen Geldes zu 
ergreifen; der praktische Fall, vor den das Vorgehen 
der Sansibar-Behörden die Kolonialverwaltung stellte, 
hat deutlich gezeigt, daß dauernde Einrichtungen zur 
Sicherung des ostafrikanischen Geldwesens nicht zu 
umgehen sind. Wenn jedoch bei den im April und 
Mai 1908 getroffenen Maßnahmen zur Aufrecht- 
erhaltung des Kurses der deutschen Rupie eine voll- 
kommene Anlehnung an die indische Rupie gesucht 
wurde, so war das lediglich ein provisorisches Aus- 
kunftsmittel; solange nicht eine selbständige Wert- 
grundlage für die deutsche Rupie existierte, und 
solange der Geldverkehr des deutsch-ostafrikanischen 
Schutzgeblets selbst sich vorwiegend auf indische 
Rupien angewiesen sah, war die Aufrechterhaltung 
314 
  
des Gleichwerts der deutschen und indischen Rupie 
die einzig mögliche Münzpolitik. Aber gerade die 
Umstände, welche die Kolonlalverwaltung zunächst 
nötigten, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung dieses 
Gleichwerts zu treffen, machten es für den Fall 
ihres Fortbestehens unmöglich, bei der künftigen 
Regelung des ostafrikanischen Münzwesens die un- 
mittelbare Anlehnung an das indische Münzwesen 
aufrechtzuerhalten. Wenn die deutschen Rupien 
dauernd vom Umlauf in Sansibar ausgeschlossen 
blieben, so war damit die bisherige Umlaufsgemein= 
schaft von deutschen und indischen Ruplen, soweit 
Sansibar in Betracht kam, aufgehoben. Unter diesen 
Umständen konnte die neue Ordnung des Münz- 
wesens in Ostafrika unmöglich auf einer Grundlage 
vorgenommen werden, welche die dauernde Zulassung 
und Gleichberechtigung der indischen Rupie in Ost- 
afrika und die sich in irgendwelcher Form vollziehende 
Einlösung deutscher Rupien gegen indisches Geld er- 
fordert hätte. 
Darüber, daß mit der dauernden Ausschließung 
der deutschen Rupie aus Sansibar zu rechnen ist, 
hat die großbritannische Regierung keinen Zweifel 
bestehen lassen. Der Kaiserliche Botschafter in London 
war bereits im April 1903 beauftragt worden, bei 
der großbritannischen Regierung den Ausschluß der 
deutschen Rupien aus Sansibar zur Sprache zu 
bringen, und zwar unter Hinweis darauf, daß das 
Deutsche Reich mit der Ubernahme des Münzrechts 
für Ostafrika auch die Sorge für die Aufrechterhaltung 
des Wertes der deutschen Rupie übernommen habe, 
sowie daß in Deutsch-Ostafrika eine erhebliche Anzahl 
indischer Rupien unbeanstandet zirkulierten. Lord 
Lansdowne antwortete am 7. Oktober 1908, daß 
die großbritannische Regierung auf Grund eingehender 
Erwägungen sich nicht entschließen könne, dem Sultan 
von Sansibar die Wiederzulassung der deutschen 
Rupie zu empfehlen; als Grund wurden die Vor- 
teile eines einheitlichen und unter der Kontrolle der 
Protektoratsmacht stehenden Münzumlaufs angeführt. 
Sowohl was die Notwendigkeit von Vorkehrungen 
zur Aufrechterhaltung der ostafrikanischen Valuta an- 
langt, als auch hinsichtlich der Unmöglichkelt einer 
ferneren unmittelbaren Anlehnung des ostafrikanischen 
Geldwesens an die indische Rupie hatten mithin die 
Erelgnisse in den ersten Monaten nach dem Uber- 
gange des Münzrechts an das Reich eine Entscheidung 
herbeigeführt. Da auch die Einführung der Reichs- 
markrechnung und der Reichsmünzen aus den oben 
dargestellten Gründen ausscheiden mußte, blieb nur 
die Beibehaltung der Rupie unter Schaffung ein 
festen Wertverhältnisses zur Reichsmark. — 
Die erste Voraussetzung für die Ordnung des 
ostafrikonischen Münzwesens auf dieser Grundlage ist 
die Herstellung von Rupien deutscher Prägung, 
welche zunächst die im Schutzgebiet umlaufenden 
indischen Rupien und später auch die von der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft ausgeprägten Münzen 
ersetzen können.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.