Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

nach Zahlungsmitteln für das Ausland dauernd oder 
auch nur regelmäßig überwiege und daß infolgedessen 
die Gestaltung der deutsch-ostafrikanischen Handels- 
bilanz eine Regelung des Rupienkurses im Wege 
der bloßen Beeinflussung der Wechselkurse und unter 
Verzicht auf eine gesetzliche Umtauschsverpflichtung 
unmöglich mache. Bei der Beurteilung dieser Frage 
muß vielmehr berücksichtigt werden, daß Deutsch- 
Ostafrika weder wirtschaftlich noch finanziell ein auf 
sich selbst stehendes Land ist; daß die Elnfuhr 
Deutsch-Ostafrikas zu einem großen Teile auf der 
Investierung europäischen Kapitals beruht und daß 
sie, soweit das der Fall ist, nicht vom Schutzgebiete 
sondern von den europälschen Interessenten bezahlt 
wird; daß ferner der noch für eine Reihe von 
Jahren unentbehrliche Reichszuschuß ein wichtiges 
Aktivum in der Zahlungsbilanz des Schutzgebiets 
darstellt, das geeignet ist, den Elnfluß der ungünstigen 
Handelsbilanz auf Bargeldbewegungen und Wechsel- 
kurse aufzuheben. Die Wirkung dieser Verhältnisse 
hat sich schon im bisherigen Verlauf der Dinge 
darin gezeigt, daß Deutsch-Ostafrika Jahr für Jahr 
eine nicht unerhebliche Zufuhr von barem Gelde zu 
verzelchnen hat, die bisher tellweise durch die Prä- 
gungen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, teil- 
weise durch die vom Gouvernement ausgeführten Be- 
schaffungen von Rupien in Zanzibar und Indien 
gegen Abgabe von Wechseln auf die Legationskasse 
bewirkt worden ist; ferner ist diese Wirkung bisher 
schon darin zutage getreten, daß der Rupienkurs in 
Ostafrika regelmäßig etwas höher gewesen ist als 
der Rupienkurs in Indien, was sich nur durch den 
überwiegenden Bedarf an Zahlungsmitteln er- 
klären läßt. 6 
Die geschilderten Voraussetzungen werden, soweit 
es sich absehen läßt, auch künftighin vorliegen und 
sie werden eine Befestigung des Kurses der deutsch- 
ostafrikanischen Rupie im Wege einer planmäßigen 
Regulierung der Wechselkurse ermöglichen. 
Die Regulierung des Rupienkurses soll in der 
Weise erfolgen, daß von seiten der Verwaltung 
unter gewissen Voraussetzungen Wechsel und Zahlungs- 
anweisungen, die auf die eine Währung lauten, gegen 
Bareinzahlungen in der andern Währung abgegeben 
werden. Zu diesem Behufe sind Instruktionen an 
die Legationskasse in Berlin und an das Gouverne- 
ment in Daressalam ergangen. Das mit diesen In- 
struktionen geschaffene System ist — bei allen durch 
die Verschiedenheit der Verhältnisse bedingten Ab- 
weichungen in Einzelheiten — in seinen wesentlichen 
Zügen dasselbe, welches Mr. A. M. Lindsay, Di- 
rektor der Bank von Bengalen in Calcutta, zur 
Befestigung des Goldkurses der indischen Rupie ohne 
Goldumlauf und ohne eine in Indien selbst zu 
haltende Goldreserve ausgearbeitet hat und das von 
den Vereinigten Staaten für die Befestigung des 
Goldkurses des Silbergeldes der Philippinen ins 
Auge gefaßt lst. " 
Zur Erläuterung des in den erwähnten In- 
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struktionen niedergelegten Systems sei folgendes 
bemerkt: 
1. Die Legationskasse verabfolgt gegen Ein- 
zahlungen in deutscher Reichswährung auf Rupien 
lautende Zahlungsanwelsungen an die Gouvernements- 
Hauptkasse in Daressalam zum Kurse von 134,25 Mk. 
pro 100 Rupien, d. h. zu einem Kurse, der die ge- 
setzliche Parität um nur 7 Promille übersteigt. Über 
den erwähnten Satz wird der Kurs der deutsch- 
ostafrikantschen Rupie in Zukunft nicht steigen können. 
Da ferner der Aufschlag von etwa 7 Promille, den 
die Legationskasse bei der Abgabe von Rupien- 
anweisungen auf die gesetzliche Parität berechnet, 
hinter dem Betrage der Transport= und Versiche- 
rungskosten, die bei der Versendung von Reichsgold- 
münzen nach dem Schutzgebiet entstehen würden, 
zurückbleibt, so wird auf diesem Wege die Ver- 
sendung von Reichsgoldmünzen nach dem Schutz- 
gebiete, die bei dem System des Umtauschs von 
Goldgeld gegen Rupien im Schutzgebiete selbst zur 
Beschaffung von Rupiengeld erforderlich wäre, ver- 
mieden werden. Die Transportkosten von Reichs- 
goldmünzen von Hamburg nach Daressalam betragen 
etwa 0,8 pCt., die Versicherung beträgt 0,25 péEt., 
Transport= und Versicherungskosten zusammen be- 
tragen mithin etwa 1,05 pCt. Schlägt man diesen 
Satz auf den Parikurs von 138½ Mk. für 100 
Rupien, zu welchem im Schutgebiete die Reichs- 
goldmünzen bei den öffentlichen. Kassen in Zahlung 
genommen werden sollen, so erhält man einen Kurs 
von 134,73 Mk als obere Grenze, gewissermaßen 
als den „Goldpunkt“ für Deutsch-Ostafrika. Da 
der Kurs, zu welchem die Legationskasse auf Rupien 
lautende Zahlungsanweisungen auf die Gouvernements- 
Hauptkasse ausstellt, auf 134,25 Mk. pro 100 Rupien 
festgesetzt ist und somit nicht unbeträchtlich hinter dem 
oben berechneten Goldpunkte, bei welchem die Ver- 
sendung von Reichsgoldmünzen für die Interessenten 
anfängt lohnend zu werden, zurückbleibt, so darf an- 
genommen werden, daß alle, welche Geld nach 
Deutsch-Ostafrika hinauszulegen haben, an Stelle der 
Versendung von Reichsgoldmünzen sich des Weges 
der Einzahlung bei der Legationskasse bedienen 
werden. Dieser Weg vermeidet also gleichzeitig einen 
unerwünschten Abfluß von Reichsgoldmünzen nach 
Ostafrika, erleichtert und verbilligt den Interessenten 
den Zahlungsverkehr mit dem Schutzgebiet und wirft 
außerdem der Schutzgebietsverwaltung in dem Auf- 
schlag von 0,92 Pfennig pro Rupie einen kleinen 
Gewinn bei jeder Transaktion ab. Dazu kommt 
gegenüber dem Umtausch von Goldgeld gegen Rupien 
iim Schutzgebiete selbst der weitere Vorteil, daß 
zwischen der Ausstellung der Anweisung in Berlin 
und deren Präsentation in Daressalam notwendiger- 
weise ein Zeitraum von einigen Wochen liegt, daß 
mithin die im Falle größerer Abgaben auf Dar- 
essalam telegraphisch zu benachrichtigende Gouverme= 
ments-Hauptkasse Zelt hat, ihre Vorkehrungen für 
die Einlösung der Anweisungen zu treffen. Schließ-
	        
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