Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Von demselben Termin an wird die Legationskasse 
in Berlin mit der Ausstellung von Rupienanweisungen 
auf das Gouvernement in Daressalam gegen Ein- 
zahlung von Reichswährung beginnen. 
Die bisher zur Regelung des ostafrikanischen 
Münzwesens getroffenen Änderungen lassen die 
Frage offen, auf welche Weise der bei der Aus- 
prägung der neuen Münzen für Rechnung des 
deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets sich ergebende 
Prägegewinn verwendet werden soll. 
Die hier bestehenden Möglichkeiten sind folgende: 
entweder wird der Prägegewinn verwendet, 
um eine zur Aufrechterhaltung des der 
Rupie beizulegenden Kurswerts dienende 
Goldreserve zu schaffen, 
oder der Prägegewinn wird als Einnahme 
des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets ver- 
rechnet. 
An und für sich sprechen beachtenswerte Gründe 
dafür, aus den Prägegewinnen eine Goldreserve an- 
zusammeln. Bei einer Währungsverfassung, wie 
derjenigen Deutsch-Ostafrikas, in welcher den silbernen 
Kurantmünzen ein ihren Metallwert betrüchtlich über- 
steigender und in Goldgeld festgelegter Kurs zugedacht 
ist, empfiehlt es sich zwelfellos, dem Kurswerte des 
Silbergeldes durch eine Goldreserve eine besondere 
Sicherheit zu geben. Diese Erwägung hat Britisch- 
Indien zur Schaffung elner Goldreserve bestimmt; 
sie hat ferner Veranlassung gegeben, daß die Ver- 
einigten Staaten bei der Ordnung des Geldwesens 
der Philippinen, und daß Mexiko bei der geplanten 
Einführung eines festen Goldkurses für seinen Silber- 
Piaster die Schaffung einer Goldreserve ins Auge 
gefaßt haben. Der Zweck der Goldreserve ist, im 
Falle einer ungewöhnlichen Steigerung der Nachfrage 
nach Goldwechseln und der sich daraus ergebenden 
Gefahr eines Kursrückganges des aus Silber be- 
stehenden Landesgeldes die Finanzverwaltung in den 
Stand zu setzen, dem Markte Goldwechsel zur Ver- 
fügung zu stellen und so dem Sinken des Kurses 
des Landesgeldes vorzubeugen. 
Immerhin sind jedoch die Verhältnisse, auf Grund 
deren die genannten Staaten ihr Geldwesen zu ordnen 
haben, in manchen Punkten andere als diejenigen, 
welche bei Deutsch-Ostafrika vorliegen. Die erst- 
genannten Staatswesen sind hinsichtlich ihrer Finanz- 
wirtschaft ganz und gar auf sich selbst gestellt; 
Deutsch-Ostafrika dagegen ist finanzpolitisch durchaus 
v eutschen Reiche abhängig und wird von diesem 
Jahr für Jahr durch erhebliche Zuschüsse unterstützt, 
deren Wegfall sich für eine nahe Zelt noch nicht wird 
ermöglichen lassen. Wenn nun eine Goldreserve ihre 
währungspolitische Bedeutung darin hat, daß bei 
einer ungünsiigen Gestaltung der Wechselkurse dem 
Verkehre seitens der Verwaltung Goldwechsel zur 
Begleichung der nach dem Auslande zu leistenden 
Zahlungen zur Verfügung gestellt werden können, so 
erfüllt für das deutsch--ostafrikanische Schutzgebiet der 
Reichszuschuß, der durch Ziehung von Goldwechseln 
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auf die Legationskasse reallsiert werden kann, in ge- 
wissem Umfange bereits die Funktionen, denen die 
Goldreserve bei finanzpolitisch selbständigen Ländern 
mit gleichartiger Währungsverfassung allein zu 
dienen hat. · 
Aus diesen Gründen dürfte es genügen, bis auf 
welteres die Hälfte der aus den Prägungen deutsch- 
ostafrikanischer Landesmünzen zu erzielenden Münz- 
gewinne zu einer Goldreserve anzusammeln, während 
die andere Hälfte für die allgemeinen Zwecke des 
Schutzgebiets verfügbar bleibt. 
Eine weitere noch offene Frage ist die Ergänzung 
des melallischen Geldumlaufs durch papierne Zirku- 
lationsmittel und in Verbindung damit die Errichtung 
eines Bankinstituts im ostafrikanischen Schutzgebiete, 
dem die Ausgabe von Rupiennoten und daneben die 
Regelung des inneren Geldverkehrs des Schutzgebiets 
sowie die zur Aufrechterhaltung des Rupienkurses 
erforderlichen Operationen übertragen werden könnten. 
Nachdem die Verhandlungen über die Errichtung 
eines Bankinstituts oder einer Bankfiliale in Deutsch- 
Ostafrika, die unmittelbar nach dem Abschlusse des 
Vertrags zwischen dem Reichskanzler und der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft, vom 15. November 1902, 
eingeleitet worden waren, zu keinem Ergebnisse ge- 
führt hatten, wurden die Maßnahmen zur Aufrecht- 
erhaltung des Rupienkurses durch die oben erwähnten 
Dienstanweisungen der Legationskasse und der Gou- 
vernements-Hauptkasse in Daressalam übertragen; 
die Regelung des inneren Geldverkehrs ist bis auf 
weiteres Sache der Kassenverwaltung des Schutz- 
geblets; um dem Bedarfe nach einem bequemen und 
elastischen Umlaufsmittel zu genügen, wurde die 
Ausgabe von Schutzgebiets-Kassenscheinen zu 5 und 
10 Rupien ins Auge gefaßt. 
Neuerdings jedoch hat sich die Aussicht eröffnet, 
daß sich eine Bank für Deutsch-Ostafrika errichten 
läßt. Die Schaffung einer solchen mit dem Rechte 
der Notenausgabe auszustattenden Bank wird der 
Schlußstein der Neuordnung des ostafrikanischen 
Geldwesens sein. 
Entwicklung friedlicher Verpältniße. 
Über die innere politische Lage in Deutsch- 
Ostafrika waren vor einiger Zeit in der Presse 
beunruhlgende Mittetlungen gebracht worden, die 
von einer unzufriedenen und gärenden Stimmung 
unter den Eingeborenen zu berichten wußten und 
die Besorgnis zum Ausdruck brachten, daß auch in 
diesem Schutzgebiet in absehbarer Zeit die Ruhe durch 
aufständische Bewegungen gestört werden könnte. 
Derartige Befürchtungen können glücklicherweise als 
zur Zeit jeder tatsächlichen Unterlage entbehrend 
bezeichnet werden. Der Einfluß der deutschen Ver- 
waltung auf die eingeborene Bevölkerung entwickelt 
sich in durchaus normaler Weise, und aus den meisten 
Landschaften des Schutzgebiets liegen kelnerlei An-
	        
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