Von demselben Termin an wird die Legationskasse
in Berlin mit der Ausstellung von Rupienanweisungen
auf das Gouvernement in Daressalam gegen Ein-
zahlung von Reichswährung beginnen.
Die bisher zur Regelung des ostafrikanischen
Münzwesens getroffenen Änderungen lassen die
Frage offen, auf welche Weise der bei der Aus-
prägung der neuen Münzen für Rechnung des
deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets sich ergebende
Prägegewinn verwendet werden soll.
Die hier bestehenden Möglichkeiten sind folgende:
entweder wird der Prägegewinn verwendet,
um eine zur Aufrechterhaltung des der
Rupie beizulegenden Kurswerts dienende
Goldreserve zu schaffen,
oder der Prägegewinn wird als Einnahme
des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets ver-
rechnet.
An und für sich sprechen beachtenswerte Gründe
dafür, aus den Prägegewinnen eine Goldreserve an-
zusammeln. Bei einer Währungsverfassung, wie
derjenigen Deutsch-Ostafrikas, in welcher den silbernen
Kurantmünzen ein ihren Metallwert betrüchtlich über-
steigender und in Goldgeld festgelegter Kurs zugedacht
ist, empfiehlt es sich zwelfellos, dem Kurswerte des
Silbergeldes durch eine Goldreserve eine besondere
Sicherheit zu geben. Diese Erwägung hat Britisch-
Indien zur Schaffung elner Goldreserve bestimmt;
sie hat ferner Veranlassung gegeben, daß die Ver-
einigten Staaten bei der Ordnung des Geldwesens
der Philippinen, und daß Mexiko bei der geplanten
Einführung eines festen Goldkurses für seinen Silber-
Piaster die Schaffung einer Goldreserve ins Auge
gefaßt haben. Der Zweck der Goldreserve ist, im
Falle einer ungewöhnlichen Steigerung der Nachfrage
nach Goldwechseln und der sich daraus ergebenden
Gefahr eines Kursrückganges des aus Silber be-
stehenden Landesgeldes die Finanzverwaltung in den
Stand zu setzen, dem Markte Goldwechsel zur Ver-
fügung zu stellen und so dem Sinken des Kurses
des Landesgeldes vorzubeugen.
Immerhin sind jedoch die Verhältnisse, auf Grund
deren die genannten Staaten ihr Geldwesen zu ordnen
haben, in manchen Punkten andere als diejenigen,
welche bei Deutsch-Ostafrika vorliegen. Die erst-
genannten Staatswesen sind hinsichtlich ihrer Finanz-
wirtschaft ganz und gar auf sich selbst gestellt;
Deutsch-Ostafrika dagegen ist finanzpolitisch durchaus
v eutschen Reiche abhängig und wird von diesem
Jahr für Jahr durch erhebliche Zuschüsse unterstützt,
deren Wegfall sich für eine nahe Zelt noch nicht wird
ermöglichen lassen. Wenn nun eine Goldreserve ihre
währungspolitische Bedeutung darin hat, daß bei
einer ungünsiigen Gestaltung der Wechselkurse dem
Verkehre seitens der Verwaltung Goldwechsel zur
Begleichung der nach dem Auslande zu leistenden
Zahlungen zur Verfügung gestellt werden können, so
erfüllt für das deutsch--ostafrikanische Schutzgebiet der
Reichszuschuß, der durch Ziehung von Goldwechseln
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auf die Legationskasse reallsiert werden kann, in ge-
wissem Umfange bereits die Funktionen, denen die
Goldreserve bei finanzpolitisch selbständigen Ländern
mit gleichartiger Währungsverfassung allein zu
dienen hat. ·
Aus diesen Gründen dürfte es genügen, bis auf
welteres die Hälfte der aus den Prägungen deutsch-
ostafrikanischer Landesmünzen zu erzielenden Münz-
gewinne zu einer Goldreserve anzusammeln, während
die andere Hälfte für die allgemeinen Zwecke des
Schutzgebiets verfügbar bleibt.
Eine weitere noch offene Frage ist die Ergänzung
des melallischen Geldumlaufs durch papierne Zirku-
lationsmittel und in Verbindung damit die Errichtung
eines Bankinstituts im ostafrikanischen Schutzgebiete,
dem die Ausgabe von Rupiennoten und daneben die
Regelung des inneren Geldverkehrs des Schutzgebiets
sowie die zur Aufrechterhaltung des Rupienkurses
erforderlichen Operationen übertragen werden könnten.
Nachdem die Verhandlungen über die Errichtung
eines Bankinstituts oder einer Bankfiliale in Deutsch-
Ostafrika, die unmittelbar nach dem Abschlusse des
Vertrags zwischen dem Reichskanzler und der Deutsch-
Ostafrikanischen Gesellschaft, vom 15. November 1902,
eingeleitet worden waren, zu keinem Ergebnisse ge-
führt hatten, wurden die Maßnahmen zur Aufrecht-
erhaltung des Rupienkurses durch die oben erwähnten
Dienstanweisungen der Legationskasse und der Gou-
vernements-Hauptkasse in Daressalam übertragen;
die Regelung des inneren Geldverkehrs ist bis auf
weiteres Sache der Kassenverwaltung des Schutz-
geblets; um dem Bedarfe nach einem bequemen und
elastischen Umlaufsmittel zu genügen, wurde die
Ausgabe von Schutzgebiets-Kassenscheinen zu 5 und
10 Rupien ins Auge gefaßt.
Neuerdings jedoch hat sich die Aussicht eröffnet,
daß sich eine Bank für Deutsch-Ostafrika errichten
läßt. Die Schaffung einer solchen mit dem Rechte
der Notenausgabe auszustattenden Bank wird der
Schlußstein der Neuordnung des ostafrikanischen
Geldwesens sein.
Entwicklung friedlicher Verpältniße.
Über die innere politische Lage in Deutsch-
Ostafrika waren vor einiger Zeit in der Presse
beunruhlgende Mittetlungen gebracht worden, die
von einer unzufriedenen und gärenden Stimmung
unter den Eingeborenen zu berichten wußten und
die Besorgnis zum Ausdruck brachten, daß auch in
diesem Schutzgebiet in absehbarer Zeit die Ruhe durch
aufständische Bewegungen gestört werden könnte.
Derartige Befürchtungen können glücklicherweise als
zur Zeit jeder tatsächlichen Unterlage entbehrend
bezeichnet werden. Der Einfluß der deutschen Ver-
waltung auf die eingeborene Bevölkerung entwickelt
sich in durchaus normaler Weise, und aus den meisten
Landschaften des Schutzgebiets liegen kelnerlei An-