zeichen vor, die auf eine unruhige und den Weißen
feindliche Stimmung bei geschlossenen Volksstämmen
oder auch nur bei einzelnen einflußreichen Farbigen
im Schutzgebiet schließen lassen. Als noch nicht
völlig ruhig werden die nördlichen Teile der Bezirke
Kilimatinde und Mpapua anzusehen sein, in denen
im Vorjahre mehrfache rohe Gewaltausbrüche gegen
Viehhändler durch militärisches Eingreifen unterdrückt
werden mußten. Die öffentliche Sicherheit wird in
dlesen Gebieten durch die Militärposten in Kondoa,
Usandaui und Mkalama aufrecht erhalten. Außer-
dem ist, um einer Beunruhigung der Einge-
borenen durch Ubergriffe der Viehhändler vorzu-
beugen, der Handel mit Vieh und Häuten im
Verordnungswege an feste Märkte gebunden.
Eine besonders aufmerksame Uberwachung durch
die Verwaltung erfordert sodann der Volksstamm
der Massal, der immer noch von Zeit zu Zeit das
Gebiet zwischen Viktorlasee und Kilimandjaro durch
räuberische Einfälle und Viehdiebstähle beunruhigt.
Die Schwierigkeiten, dem wirksam entgegenzutreten,
werden noch dadurch erhöht, daß ein großer Teil
dieser kriegerischen Nomaden seinen Sitz auf englischem
Gebiet hat und nach beendigtem Raubzug dorthin
zurückkehrt. In der letzten Zeit hat man erfreulicher-
weise wenig von den Massais gehört, und der Kranz
von Militärposten in Schirati, Ikoma, Kondoa und
Aruscha, der noch neuerdings durch einen Posten in
der Landschaft Songo unweit der englischen Grenze
ergänzt ist, scheint einen heilsamen Emfluß auszu-
üben. Es wird aber sowohl auf englischem wie auf
deutschem Gebiet durch Aufwendung genügender
militärischer Machtmittel zu versuchen sein, die
Massais auf feste Reservationen zu beschränken.
Im übrigen erfordern nur die stark bevölkerten
und straff organisierten Sultanate im Nordwesten
des Schutzgebiets erhöhte Aufmerksamkeit. Wie sich
dort die innere Lage gestalten wird, wenn sich Handel
und Verkehr diesen aussichtsreichen, aber noch uner-
schlossenen Gebieten zuwenden, läßt sich zur Zeit
noch nicht übersehen.
Kamernn.
Bericht des Raiserlichen Sonverneurs v. puttkamer über
seine Reise in das Eschadseegebiet.
IV. (Schluß.“)
In Garua hatte Hauptmann Thierry inzwischen
das mitgebrachte Asbesthaus aufgebaut und so weit
fertiggestellt, daß ich mit Leutnant Kramsta in dem-
elben wohnen konnte. Die nächsten Tage vergingen
mit Besichtigung der neuen Residentureinrichtungen
und Packen. Da der niedrige Wasserstand Dampfer-
verkehr nicht mehr zuließ, mußte die Rückrelse mit
Kanus und Stahlbooten gemacht werden, die von
"*) Siehe Deutsches Kolonialblatt 1904, Seite 186 ff.
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Jola bestellt wurden. Auch für ganz flache Dampfer
ist der Benus von Ibi an nur Juli bis September
schiffbar.
Am 30. November marschierte die bisher hier
garnisonlerende Kompagnie, in dem friedlichen Ada-
maua nicht mehr erforderlich, mit Oberleutnant
Sandrock und Assistenzarzt Dr. Heßler nach dem
Schari ab, um dort nach Weisung des Residenten
die Grenze zu besetzen.
Am 1. Dezember traf ein sehr bequemes, mit
Dach und allem Nötigen versehenes Stahlboot des
britischen Residenten zu Jola nebst mehreren Kanus
ein. Nach einem feierlichen Abschied von Lamido
Buba und seinem Volk — ich fuhr zum erstenmal
im Dogkart von der Residentur nach der Landungs-
stelle — wurde am 3. die langwierige Talfahrt
angetreten. Dank den überall zutage getretenen
Sandbänken war mehr Wild zu sehen als beim
Heraufkommen, viel Wasservögel, besonders sehr
wohlschmeckende Enten, ferner Affen, Flußpferde und
zahllose Krokodile. Sonnabend den 5. landeten wir
abends 5 Uhr am Jolastrand und fanden gastfreie
Aufnahme bei dem Agenten der Niger Co., Herrn
Campbell. Am folgenden Tage wechselte ich Besuche
mit dem britischen Residenten, Herrn Gowers, und
dem Kompagniechef Kapitän Baker. Am 11. konnte
endlich die Reise in zwei Stahlbooten und fünf
großen Kanus fortgesetzt werden; in einem Stahlboot
saßen Kramsta und ich mit persönlicher Bedienung,
im zweiten Polizeimeister Brückner und die Köche,
in einem großen Kanu zwei Hengste aus Garua,
welche mich bis Dikoa und zurück getragen hatten
und schließlich tadellos in Bußa angekommen sind;
der Rest nahm das Gepäck auf. Die Flußfahrt bot
nichts Bemerkenswertes; am 19. war Rast in Ibi,
wo mich der britische Resident, Kapitän Ructon, und
der Agent der Niger Co., Herr Langley, sehr liebens-
würdig aufnahmen. Am 27. kamen wir in Lokoja
an, wo wieder ein felerlicher Empfang stattfand.
Ich hatte mehrere eingehende Gespräche mit dem
Acting High Commissioner Herrn Wallace. Am 30.
Abfahrt mit meiner ganzen Expedition mit dem
Dampfer „Empire“ der Regierung von Northern
Nigeria, der uns am 1. Januar 1904 glücklich nach
Burum brachte, wo die Jacht „Herzogin Elisabeth“
mich bereits erwartete. Uberladen von Pferden und
Gepäck sowie Fahrt bis Forcados nahmen den 2. Ja-
nuar in Anspruch; am 3. über die Barre in See,
wo uns der stärkste Tornado begrüßte, den ? je
erlebt; See und Wind (Stärke 9 bis 10) heulten
wie im Winter in der Nordsee, dazu ein voll-
kommener Wolkenbruch. Die Jacht machte sich
brillant und ankerte am 5. morgens früh bei
klarem Wetter im Hofen von Duala. Nach Er-
ledigung von Dienstgeschäften traf ich dann am
12. Januar wohlbehalten in Bußa wieder ein.
Was die Geschichte des nördlichen Teils des
Schutzgebietes anlangt, so gilt heut noch alles, was
hierüber Passarge in seinem Reisewerk berichtet.