Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

zeichen vor, die auf eine unruhige und den Weißen 
feindliche Stimmung bei geschlossenen Volksstämmen 
oder auch nur bei einzelnen einflußreichen Farbigen 
im Schutzgebiet schließen lassen. Als noch nicht 
völlig ruhig werden die nördlichen Teile der Bezirke 
Kilimatinde und Mpapua anzusehen sein, in denen 
im Vorjahre mehrfache rohe Gewaltausbrüche gegen 
Viehhändler durch militärisches Eingreifen unterdrückt 
werden mußten. Die öffentliche Sicherheit wird in 
dlesen Gebieten durch die Militärposten in Kondoa, 
Usandaui und Mkalama aufrecht erhalten. Außer- 
dem ist, um einer Beunruhigung der Einge- 
borenen durch Ubergriffe der Viehhändler vorzu- 
beugen, der Handel mit Vieh und Häuten im 
Verordnungswege an feste Märkte gebunden. 
Eine besonders aufmerksame Uberwachung durch 
die Verwaltung erfordert sodann der Volksstamm 
der Massal, der immer noch von Zeit zu Zeit das 
Gebiet zwischen Viktorlasee und Kilimandjaro durch 
räuberische Einfälle und Viehdiebstähle beunruhigt. 
Die Schwierigkeiten, dem wirksam entgegenzutreten, 
werden noch dadurch erhöht, daß ein großer Teil 
dieser kriegerischen Nomaden seinen Sitz auf englischem 
Gebiet hat und nach beendigtem Raubzug dorthin 
zurückkehrt. In der letzten Zeit hat man erfreulicher- 
weise wenig von den Massais gehört, und der Kranz 
von Militärposten in Schirati, Ikoma, Kondoa und 
Aruscha, der noch neuerdings durch einen Posten in 
der Landschaft Songo unweit der englischen Grenze 
ergänzt ist, scheint einen heilsamen Emfluß auszu- 
üben. Es wird aber sowohl auf englischem wie auf 
deutschem Gebiet durch Aufwendung genügender 
militärischer Machtmittel zu versuchen sein, die 
Massais auf feste Reservationen zu beschränken. 
Im übrigen erfordern nur die stark bevölkerten 
und straff organisierten Sultanate im Nordwesten 
des Schutzgebiets erhöhte Aufmerksamkeit. Wie sich 
dort die innere Lage gestalten wird, wenn sich Handel 
und Verkehr diesen aussichtsreichen, aber noch uner- 
schlossenen Gebieten zuwenden, läßt sich zur Zeit 
noch nicht übersehen. 
Kamernn. 
Bericht des Raiserlichen Sonverneurs v. puttkamer über 
seine Reise in das Eschadseegebiet. 
IV. (Schluß.“) 
In Garua hatte Hauptmann Thierry inzwischen 
das mitgebrachte Asbesthaus aufgebaut und so weit 
fertiggestellt, daß ich mit Leutnant Kramsta in dem- 
elben wohnen konnte. Die nächsten Tage vergingen 
mit Besichtigung der neuen Residentureinrichtungen 
und Packen. Da der niedrige Wasserstand Dampfer- 
verkehr nicht mehr zuließ, mußte die Rückrelse mit 
Kanus und Stahlbooten gemacht werden, die von 
"*) Siehe Deutsches Kolonialblatt 1904, Seite 186 ff. 
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Jola bestellt wurden. Auch für ganz flache Dampfer 
ist der Benus von Ibi an nur Juli bis September 
schiffbar. 
Am 30. November marschierte die bisher hier 
garnisonlerende Kompagnie, in dem friedlichen Ada- 
maua nicht mehr erforderlich, mit Oberleutnant 
Sandrock und Assistenzarzt Dr. Heßler nach dem 
Schari ab, um dort nach Weisung des Residenten 
die Grenze zu besetzen. 
Am 1. Dezember traf ein sehr bequemes, mit 
Dach und allem Nötigen versehenes Stahlboot des 
britischen Residenten zu Jola nebst mehreren Kanus 
ein. Nach einem feierlichen Abschied von Lamido 
Buba und seinem Volk — ich fuhr zum erstenmal 
im Dogkart von der Residentur nach der Landungs- 
stelle — wurde am 3. die langwierige Talfahrt 
angetreten. Dank den überall zutage getretenen 
Sandbänken war mehr Wild zu sehen als beim 
Heraufkommen, viel Wasservögel, besonders sehr 
wohlschmeckende Enten, ferner Affen, Flußpferde und 
zahllose Krokodile. Sonnabend den 5. landeten wir 
abends 5 Uhr am Jolastrand und fanden gastfreie 
Aufnahme bei dem Agenten der Niger Co., Herrn 
Campbell. Am folgenden Tage wechselte ich Besuche 
mit dem britischen Residenten, Herrn Gowers, und 
dem Kompagniechef Kapitän Baker. Am 11. konnte 
endlich die Reise in zwei Stahlbooten und fünf 
großen Kanus fortgesetzt werden; in einem Stahlboot 
saßen Kramsta und ich mit persönlicher Bedienung, 
im zweiten Polizeimeister Brückner und die Köche, 
in einem großen Kanu zwei Hengste aus Garua, 
welche mich bis Dikoa und zurück getragen hatten 
und schließlich tadellos in Bußa angekommen sind; 
der Rest nahm das Gepäck auf. Die Flußfahrt bot 
nichts Bemerkenswertes; am 19. war Rast in Ibi, 
wo mich der britische Resident, Kapitän Ructon, und 
der Agent der Niger Co., Herr Langley, sehr liebens- 
würdig aufnahmen. Am 27. kamen wir in Lokoja 
an, wo wieder ein felerlicher Empfang stattfand. 
Ich hatte mehrere eingehende Gespräche mit dem 
Acting High Commissioner Herrn Wallace. Am 30. 
Abfahrt mit meiner ganzen Expedition mit dem 
Dampfer „Empire“ der Regierung von Northern 
Nigeria, der uns am 1. Januar 1904 glücklich nach 
Burum brachte, wo die Jacht „Herzogin Elisabeth“ 
mich bereits erwartete. Uberladen von Pferden und 
Gepäck sowie Fahrt bis Forcados nahmen den 2. Ja- 
nuar in Anspruch; am 3. über die Barre in See, 
wo uns der stärkste Tornado begrüßte, den ? je 
erlebt; See und Wind (Stärke 9 bis 10) heulten 
wie im Winter in der Nordsee, dazu ein voll- 
kommener Wolkenbruch. Die Jacht machte sich 
brillant und ankerte am 5. morgens früh bei 
klarem Wetter im Hofen von Duala. Nach Er- 
ledigung von Dienstgeschäften traf ich dann am 
12. Januar wohlbehalten in Bußa wieder ein. 
Was die Geschichte des nördlichen Teils des 
Schutzgebietes anlangt, so gilt heut noch alles, was 
hierüber Passarge in seinem Reisewerk berichtet.
	        
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