Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

bedingungen erzeugen durchweg kräftigeren Baum- 
wuchs und haben das Vorkommen edlerer Holzarten 
im Gefolge, so daß sich nicht selten dem Auge das 
Bild prächtiger und reicher Parklandschaften bietet, 
mit Laubkronen, die jedem deutschen Walde zur 
Zierde gereichen würden. Nicht ohne weiteres gilt 
dasselbe vom Graswuchs, der auf reichem Boden 
zwar größere äußere Uppigkeit zeigt, aber qualitativ 
an steinigen und humusärmeren Stellen oft voran- 
steht — wie das die Entwicklung des an verschiedenen 
Punkten gehaltenen Viehs beweist. Das niedere 
Dorngestrüpp, die Park= und baumbestandenen 
Savannen mit edleren oder geringeren Hölzern, die 
lichte Waldlandschaft und die baumlose, zuweilen 
selbst strauchlose Grasebene repräsentieren die ver- 
schiedenen äußeren Typen des durchreisten Landes, 
doch wechseln sie in der Regel so rasch mit- 
einander ab, daß sich selten ein Farmgebiet von 
5000 ha Umfang finden wird, das nicht alle oder 
doch die meisten Typen in sich vereinigte. 
Was die wirtschaftliche Ausnutzung des vorstehend 
skizzierten, zur Besiedlung in Aussicht genommenen 
Gebietes betrifft, so ist zunächst von grundlegender 
Bedeutung die Tatsache, daß sich — im Unterschied 
zu den mittleren und südlichen Teilen des Schutz- 
gebietes — im Grootfonteiner Distrikt der Ackerbau 
ohne Zuhilfenahme künstlicher Bewässerung, allein 
auf den Regenfall hin, als möglich und lohnend 
erwiesen hat. Allerdings widerspricht diese Tatsache 
durchaus den Vorstellungen, die in den verbreitetsten 
Schriften über Deutsch-Südwestafrika und infolgedessen 
bei der großen Mehrheit der für die Kolonie inter- 
essierten Persönlichkeiten in Deutschland und ge- 
legentlich selbst hier im Lande existierten: daß nämlich 
die Zone der auf den bloßen Regensall hin möglichen 
Bodenkultur erst nördlich der Etoschapfanne, im 
Owambolande, beginne. Allerdings ist die praktische 
Erkenntnis, daß zum mindesten die Zone des Mais- 
baus auf Regenfall hin bereits 1½ Breitengrade 
südlicher, am Nordrande des Waterberggebirges, 
beginnt und im Grootfonteiner Distrikt — Regierungs- 
und Kompagnleland zusammengenommen — ein Areal 
von 25 000 bis 30 000 Quadratkilometern einnimmt. 
(wiewohl natürlich nicht die Rede davon sein kann, 
daß diese Fläche durchweg beackerbares Land re- 
präsentiert), ersft jungen Datums. Daß sie nicht 
bereits seit einer Reihe von Jahren Gemeingut aller 
interessierten Kreise ist, erscheint als die Folge zweier 
Ursachen. Die erste dieser Ursachen ist die schlechte 
Wirtschaft der durch die South West Africa Com- 
im Grootfontelner Distrikt angesiedelten 
Diese Buren sind, wie ich mich persönlich 
in hinreichendem Maße zu überzeugen Gelegenheit 
hatte, mit wenigen, meist in die letzte Zeit fallenden 
Ausnahmen, rückständige und in keiner Weise 
für den deutschen Ansiedler vorbildliche Elemente. 
Vielfach waren sie überhaupt zu träge, sich mit 
Ackerbauversuchen zu befassen, sondern zogen es vor, 
ihren Unterhalt durch Jagd, Schuldenmachen und 
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äußerstenfalls gelegentliches Frachtfahren zu bestreiten; 
wo aber Land von Buren in „Kultur“ genommen 
wurde, da zeigte und zeigt es überwiegend auch 
heute noch alle Anzeichen einer oberflächlichen und 
liederlichen Wirtschaft. Erst mit der Ankunft einer 
Anzahl sog. Kapburen, elnigermaßen besitzlicher Leute 
mit etwas mehr Fleiß und Farmerfahrung, von 
denen sich mehrere auch auf dem Regierungsland 
angesiedelt haben, beginnen sich jetzt diese Verhältnisse 
etwas zum Besseren zu wenden. 
Der zweite Grund, aus dem bisher über die 
wirtschaftliche Verwertbarkeit des Gebietes von Groot- 
sonteln Unklarheit geherrscht hat, liegt darin enthalten, 
daß diejenigen Persönlichkeiten, auf deren wissenschaft- 
Uche und literarische Arbeiten hin sich die Urteile 
über das Schutzgebiet in Deutschland vorzugsweise 
gebildet haben, entweder überhaupt nicht in den 
Norden des Landes gekommen sind oder ihn nur 
flüchtig bezw. ohne besondere Aufmerksamkeit auf 
spezielle Fragen des Ackerbaues berührt haben. So 
hat sich in den weitesten Kreisen und selbst bei 
Leuten, die unserer kolonialen Sache durchaus wohl- 
wollend gegenüberstehen, die Überzeugung festgesetzt, 
außer dem — für Besiedlung vorläufig nicht in 
Frage kommenden und klimatisch ungünstigen — 
Owambolande gebe es in Südwestafrika keine zum 
Ackerbau auf Regenfall über umfassendere Flächen 
hin geeignete Geblete. Als dann durch die Arbeit 
einlger intelligenterer Burenkolonisten aus der Kap- 
kolonie, vor allen Dingen aber durch fleißige und 
energische deutsche Ansiedler der Beweis erbracht war, 
daß über ein weit ausgedehntes Gebiet um Groot- 
sontein hin auf jedem gualitativ geeigneten Boden 
der Regenfall ausreicht, um ohne künstliche Be- 
wässerung befriedigende Maisernten zu erzielen, da 
zögerten allerdings weder das Kaiserliche Gouvernement 
noch die Distriktsverwaltung, durch Anordnung gün- 
stiger Kaufbedingungen und teilweise Basierung der 
Eingeborenenverpflegung auf Mais, dem Anbau zu 
ilfe zu kommen. Trotzdem fehlt noch viel daran, 
daß die Möglichkeit des Ackerbaues auf Regenfall 
um Grootfontein selbst nur im Schutzgebiete allgemein 
oder in weiteren Kreisen bekannt wäre. Natürlich 
kann nicht die Rede davon sein, daß der Bedarf der 
Regierung hinreichte, um auf die Dauer eine größere 
Ausdehnung des Maisbaus im Grootfonteiner Distrilt 
zu ermöglichen. Eine solche erscheint vielmehr erst 
in dem Augenblicke möglich, wo sich weitere um- 
fassende Absatzgelegenhelten im Lande eröffnen, denn 
an Export wird selbst im günstigen Falle erst dann 
zu denken sein, wenn sich die allgemeinen Produktions- 
bedingungen, unter denen der Farmer jetzt hier 
arbeitet, durch die definitive Eingewöhnung und die 
allgemeine Entwicklung der Verhältnisse gegen heute 
verbilligt haben werden. Das neue Absatzgebiet im 
Lande, und zwar im Distrikt Grootfontein selbst, ist 
aber vorausfichtlich binnen kürzester Frist durch die 
Minen von Otawi bezw. Tsumeb, deren Eröffnung 
für das Jahr 1906 bevorsteht, gegeben. Unter der
	        
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