Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Mitteilungen der Frau waren indessen so verworren, 
daß man daraus nicht schließen konnte, was elgentlich 
passiert war. Nach kurzem Uberlegen entschloß sich 
Sergeant Rademacher, zu versuchen, nach dem Store 
von Wecke & Voigts zu gelangen, um sich mit den 
noch etwa da weilenden Herren zur Verteldigung 
einzurichten. Ich holte schnell mein Gewehr (Mauser) 
und 20 Patronen, und Sergeant Rademacher eilte 
damit in jener Richtung davon, begleitet von dem 
unbewaffneten Grasen Dohna. Ich lief auf dem 
andern Ufer des Baches weiter zur Werft des Unter- 
häuptlings David, um zu hören, was eigentlich ge- 
schehen sei und um, wenn noch möglich, Unhell zu 
verhindern und nach Frau Sonnenberg zu sehen. 
Unterwegs wurde ich von einem wild aussehenden 
Herero angehalten, der mich aber unbehelligt ließ, 
als er hörte, daß ich der Missionar sei. Als ich 
zu den ersten Hütten der Werft des David kam, 
wo viele Bewaffnete standen, aber anscheinend un- 
schlüssig, was sie tun sollten, bemerkte ich vor einer 
Hütte Frau Sonnenberg in den Händen ihrer Dile- 
nerin liegen, die, sobald sie mich sah, rief: „Man hat 
meinen Mann erschlagen,“ darauf kam auch gleich 
Schwester Marianne mit dem kleinen Kinde der Frau 
Sonnenberg aus der Hütte heraus. Ich eilte nun 
zunächst zu Frau Sonnenberg, und als ich noch mit 
einigen Männern kurz gesprochen hatte, wußte ich, 
daß das Furchtbare geschehen und alle Deutschen 
bereits erschlagen waren. Während ich mit den 
Männern noch redete, fiel auf der andern Seite des 
Baches in der Richtung, die Sergeant Rademacher 
eingeschlagen hatte, ein Schuß, den ich als mit 
meinem Gewehr abgegeben hielt, bald folgten noch 
12 bis 15 Schüsse, dann wurde es still. Ich bat 
nun noch einige Männer, mich zum Schutze der 
Frauen nach meinem Hause zu begleiten, es war 
aber umsonst, sie waren nicht dazu zu bewegen, und 
ich mußte einsehen, daß ich keine Macht mehr über 
die Leute hatte. Ich eilte nun allein mit den Frauen 
davon und erreichten wir auch unbelästigt meine 
Wohnung. Nach Verlauf von etwa ½ Stunde 
kamen zwei Hereros mit meinem Gewehr und ver- 
langten im Namen Davids Patronen dazu. Ich 
erwiderte, daß David selbst kommen oder einen mir 
bekannten Mann schicken müsse, wenn er etwas von 
mir haben wolle; nach einigem Hin= und Herreden 
gingen sie wieder weg und ich vernichtete dann die 
noch vorhandenen Patronen. 
In sehr kurzer Zelt hatte sich die Tragödie ab- 
gespielt, daß sämtliche am Platze anwesenden deutschen 
Männer von den Hereros ermordet wurden. Auf 
der Polizeistation fielen unter den Streichen der 
Hereros Unteroffizier Kottler und zwei Reiter, die 
nichts ahnend auf der Veranda saßen. Der Händler 
Sonnenberg wurde im Schlaf auf dem Bette liegend 
von einem seiner Arbeiter mit einem Hammer er- 
schlagen und der Ansiedler Genzel in einem andern 
Raum desselben Gebäudes nach kurzer Gegenwehr. 
Die Herren Legationsrat Hoepner und Watermeyer 
erlagen den Schlägen der Hereros bei ihrer Karre, 
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nach einem Bericht, als sie der Mittagsruhe pflegten, 
nach einem andern, auf ihren Stühlen sitzend. Von 
dem Wagenpersonal scheint niemand anwesend ge- 
wesen zu sein. Bei und in dem Store von Wecke & 
Voigts wurden erschlagen Herr v. Estorff, der Händler 
Reinecke und ein Reiter, wahrscheinlich der Begleiter 
der Herren Hoepner und Watermeyer. Sergeant 
Rademacher fiel von fünf bis sechs Kugeln durch- 
bohrt zwischen Kirche und Haus des Salatiel Kam- 
bazembi. In letzteres war Graf Dohna geflüchtet, 
nachdem er einen Schuß in einen Fuß erhalten hatte, 
und wurde darin erschlagen. Am folgenden Tage 
(15. Januar) begruben die Hereros die Leilchen. 
Sergeant Rademacher und die im Stationsgebäude 
erschlagenen Soldaten liegen in einem Grab unweit 
der Station; Sonnenberg und Genzel in einem Grab 
etwas südlich von des letzteren Store und die andern 
alle in einem Grab südwestlich von Wecke & Voigts' 
Store am Wege nach Omaruru. 
So lange ich noch in Waterberg weilte (bis 
24. Februar) haben die Hereros von da keine krie- 
gerischen Operationen unternommen, sie wollten, wie 
sie sagten, die Truppe da erwarten. An dem Ge- 
fecht, das am 18. Januar bei Grootfontein stattfand, 
waren hauptsächlich nur die Hereros aus dem unteren 
Omuramba beteiligt. Am 24. Februar brach David 
Kambazembi, durch den Streit mit seinem Bruder 
Salatiel um die Häuptlingsschaft dazu bewogen, mit 
dem sich zu ihm haltenden Teil des Kambazembi- 
stammes von Waterberg auf, um zu Samuel zu 
ziehen, ihm schloß ich mich an. Ich reiste mit 
Wagen und Karre. Außer meiner Familie reisten 
noch mit: Frau Sonnenberg und Kind, Schwester 
Marianne und die Bastardfrau von dem Händler 
Debald mit zwei Kindern. Am 6. April trafen wir 
in Owiumbo ein und am 9. in Okahandja. 
In Waterberg sind zurückgeblieben: der größere 
Teil des Kambazembistammes, der sich Salatiel an- 
geschlossen hat. Diesem haben sich noch weiter an- 
geschlossen fast sämtliche Werften von Okajaude, die 
von Otjiwarongo, Omatjiene, Okurusu, Otawi, Ot- 
jenga sowie die im Omuramba, doch wohnen nicht 
alle auf dem Platz selbst. Ferner hat sich Mboandju 
von Otjombonde und andere kleinere Werften aus dem 
oberen Omuramba, nachdem Herr Major v. Estorff 
denselben ein Gefecht geliefert hatte, nach Waterberg 
gewandt. * * 
Der Herero-Aufstand. 
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Den 16. Mai. 
Gouverneur Leutwein meldet unter dem 15.-d. Mts.: 
Zülow hat gestern Omaruru erreicht. Bel Okombahe 
und Kawap, westlich Omaruru, bewaffnete Herero- 
banden gemeldet, die in der Nacht vom 2. zum 3. 
den Viehposten bei Okombahe überfielen. Säuberung 
der Gegend ist angeordnet. Estorff hat der Wasser- 
verhältnisse wegen Teile seiner Kolonne nach Okoru= 
kambe verlegt. Okajainja ist vom Feinde frei. Bei 
Engonda wurde auf vereinzelte Hereros gestoßen.
	        
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