Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Demgegenüber stellt sich der durchschnittliche Ver- 
brauch an Baumwolle, wie folgt: 
Ballen zu je 500 Pfund engl. 
1895 1900 
(Durchschnitts= (Durchschnitts- 
mengen mengen 
der Jahre der Jahre 
1890 bis 1895) 1895 bis 1900) 
3356 000 
Großbritannien 3161 000 
Kontinnent 3874 4586 000 
Verein. Staaten v. Amerika 2 541.000 3367 000 
Inddien 3 1171000 
Alle anderen Länder 270 000 2000 
zusammen .10 840 000 13232 000. 
Bemerkt wird, daß in diesen Zahlen die für die 
Handspindeln Indiens und Chinas verbrauchten 
Mengen nicht einbegriffen sind. Im ganzen kann 
man die Zunahme des Baumwollkonsums der Welt 
auf 2 392 000 Ballen in der Zeit von 1895 bis 
1900 schätzen. 
Infolge des größeren Anteils an der Produktion 
feinerer Garne verbraucht Großbritannien etwa 
34 Pfund für die Spindel auf das Jahr, während 
auf den Kontinent 90, auf die Vereinigten Staaten 
von Amerlka 70 Pfund auf die Spindel entfallen. 
Zwanzig Jahre vorher verbrauchte Großbritannien 
36 Pfund auf die Spindel. In dieser Zeit ist die 
Zahl der englischen Spvindeln um etwa 25 pCt. ge- 
stiegen, auch ist die Schnelligkeit, mit der sie sich 
drehen, bedeutend erhöht worden; demgegenüber hat 
sich der Baumwollverbrauch aber nicht in gleichem 
Verhältnis gehoben. Es kommt dies von dem be- 
ständigen Fortschreiten der englischen Industrie zu 
immer feineren Garnnummern. 
Was die einzelnen Baumwolle pflanzenden Länder 
anlangt, so liegt die Kultur in Britisch-Ostindien 
ziemlich im argen. Die meisten Farmer sträuben 
sich gegen jede Neuerung und halten unbedingt an 
den alten Anpflanzungsmethoden fest; sie wollen weder 
von ihren erfahreneren Mitbewerbern noch von an- 
deren lernen und sind nicht zur Einführung ver- 
besserter Geräte zu bewegen. Es ist vielleicht mög- 
lich, daß eine in der Mitte der Baumwollfelder zu 
errichtende Musterfarm günstig auf die Produktions= 
verhältnisse einwirken würde. 
Westindien. Zu Anfang des vorigen Jahr- 
hunderts erhielt Großbritannien von seinen west- 
indischen Besitzungen annähernd die Hälfte seines 
Jahresbedarss, etwa 40 000 Ballen, erst im Jahre 
1802 überstleg die Einfuhr aus den Vereinigten 
Staaten diejenige von Westindien. Im Jahre 1902 
betrug dagegen die Einfuhr aus Westindien kaum 
noch 1000 Ballen. 
Ziunr Hebung der Baumwollanpflanzungen werden 
von den Lokalbehörden und der Vereinigung der 
Baumwollpflanzer an vertrauenswürdige Pflanzer 
Zuschüsse gewährt, die bei der ersten Bestellung des 
Landes, ferner sobald die Pflanzen im Wachsen be- 
griffen sind und endlich bei der Verladung gezahlt 
werden. 
  
372 — 
Dem Gebiet von Agypten und dem ägyp- 
tischen Sudan hat die Assoziation von vornherein 
lebhaftes Interesse gewidmet. Eln besonderes Ein- 
greifen war indessen nicht notwendig, da die ägyptische 
Regierung sowohl wie die Bevölkerung die Aus- 
dehnung der Baumwollanpflanzungen mit allen 
Mitteln förderten. Enttäuscht war man, daß durch 
den neuen Nildamm nicht eine um mehr als 15 pCt. 
größere Anbaufläche erzielt wurde. Am oberen Nil 
ist die anbaufähige Flöche außerordentlich groß, ein 
Teil ist schon angebaut worden; die geerntete Baum- 
wolle soll gleichwertig mit den besten ägypttschen 
Sorten sein. Zwei große Schwierigkeiten beein- 
trächtigen indessen die Kultur, erstlich der Mangel 
an Arbeitskräften, dann der Mangel an Transport- 
gelegenheit. Die erste Schwierigkeit könnte dadurch 
behoben werden, daß eine Einwanderung von Indien 
oder anderswoher erfolgt. Die Transportfrage wird 
mit der Fertigstellung der längst geplanten Eisen- 
bahnlinke Suakin—Berber gelöst werden. 
Die Aussichten für Baumwollanpflanzungen in 
Uganda und dem Gebiet von Britisch-Ostafrika 
sind sehr günstig und berechtigen zu den besten Hoff- 
nungen auf Lleferung langfaseriger Baumwolle. Es 
ist eine beachtenswerte Tatsache, daß alle bisherigen 
Versuche, ägyptische Baumwolle in Amerika, Indien 
und an anderen Plätzen anzupflanzen, erfolglos 
waren; die erzeugte Baumwolle verlor bald die 
seidenartige Weichheit, welche das charakteristische 
Merkmal der ägyptischen Baumwolle ist. In Bri- 
tisch-Ostafrika sind die Versuche indessen geglückt. 
Ein Muster von Baumwolle, die in dem nahe- 
gelegenen deutschen Schutzgebiet von Ostafrika 
geerntet war, kennzeichnete sich als beste ägyptische 
Baumwolle. 
Auch in Britisch-Zentrala frika oder Nyassa- 
land sind die Aussichten sehr günstig. Die An- 
pflanzungsversuche mit ägyptischer Baumwolle sind 
geglückt, und große Gebiete stehen für die Baumwoll- 
kultur zur Verfügung. An zwel Pflanzer wurden 
in diesem Jahre Zuschüsse von 1000 Pfund Sterl. 
bewilligt; mindestens 2000 Acre sind bereits mit 
Baumwolle bepflanzt. Nach eingegangenen Mit- 
teilungen wird es möglich sein, im Jahre 1905 
100 000 bis 200 000 Acre mit Baumwolle zu be- 
stellen. Die Transportfrage bietet allerdings auch 
in Nyassaland große Schwierigkelten. Zur Zeit ist 
die Verfrachtung bis zum Sambesi sehr umständlich, 
erst von hier ab kann eine Verladung auf dem 
Wasserwege zu verhältnismäßig niedrigen Sätzen nach 
Liverpool erfolgen. 
In Rhodesia wird sich voraussichtlich niemals 
eine Baumwollkultur entwickeln können, da alle Ar- 
beitskräfte in den Goldminen Transvaals lohnendere 
Beschäftigung finden. 
Das außerordentlich große Gebiet von Britisch-- 
Westafrika umfaßt etwa 500 000 Quadratmeilen 
und würde, nur zu ½10 mit Baumwolle bepflanzt, 
nach den Durchschniktserträgen eine Menge von
	        
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