Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Von der Mitnahme von Soldaten für die Relse 
auf dem Benus konnte abgesehen werden, da die 
betreffenden aufrührerischen Stämme in Northern= 
Nigerla inzwischen bestraft worden waren. Der ge- 
samte noch verfügbare Rest des Begleitkommandos 
wurde daher von Yola aus nach Dikoa zurückgesandt. 
Am 25. April traf die Exvedition in Ibi ein. 
Hier wurde mit Rücksicht auf den noch immer schwer- 
kranken Oberarzt Dr. Fuchs ein weiteres Stahlkanu 
gemietet. 
Die Expedition traf am 10. Mai in Lokodja 
ein; die Weiterreise nach Burutu erfolgte am 12. Mai 
mit dem Gouvernementsdampfer „Sarota"“. 
Der Gesundheitszustand sämtlicher Europäer, auch 
des inzwischen genesenen Oberarztes Dr. Fuchs, ist 
zur Zeit zufriedenstellend. 
Togo. 
Beranbildung farbiger Pandwerker. 
Nachdem schon im vergangenen Jahr in Deutsch- 
Ostafrika Schritte getan worden sind, um die in den 
Regierungswerkstätten beschäftigten deutschen Hand- 
werker durch Heranziehung und Ausbildung farbiger 
Handwerker zu ersetzen (vol. Kolonialblatt 1903, 
S. 637 flg.), find nunmehr auch im Schutzgebiet 
Togo zu demselben Zweck Maßregeln getroffen 
worden. . 
Die Gesichtspunkte, von denen sich das Gou- 
vernement zu Lome hierbei leiten ließ, sind dieselben, 
die für das Gouvernement zu Daressalam bei der 
Heranziehung indischer Handwerker maßgebend waren. 
Die an sich schon teure Arbeitskraft des europäischen 
Handwerkers wird in den Tropen durch die klima- 
tischen Verhältnisse erheblich herabgemindert und da- 
durch um so teurer, abgesehen davon, daß das 
Nebenelnanderarbelten von Weißen und Farbigen für 
erstere vielfache Unzuträglichkeiten mit sich bringt 
und in den Augen der Eingeborenen für sie eine 
Herabsetzung bedeutet. 
Die wirtschaftliche Seite der Frage wird am 
besten durch die Gegenüberstellung der an europäische 
und farbige Handwerker zu zahlenden Löhne erläutert. 
Ein europälscher Handwerker erhält für eine 
Dienstperlode von 2 Jahren: 
1. Gehalt: 2—x73600 Mk. = 7200 Mk. 
2. Beihilfe für die Urlaubsreise · 
3. Kosten für Aus= und Rück- 
reise und Ausrüstungsgelder, 
auf 8 Dienstperioden verteilt 370 
zusammen 8270 Mk., 
wofür er unter Berücksichtigung von Krankheitsfällen 
etwa 17 Monate à 25 Arbeitstage = 425 Tage 
arbeitet; es ergibt sich mithin ein Tagelohn von 
rund 20 Mk. pro Tag. 
Der gute farbige Handarbeiter erhält 2,75 Mk. 
pro Tag. Diese Zahl darf jedoch dem Tagelohn 
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des Europäers nicht gegenübergestellt werden. Die 
Arbeitsleistung des Farbigen verhält sich zu der 
des europäischen Handwerkers in der Heimat etwa 
wie 1:4. 
Unter tropischem Klima würde der europäische 
Handwerker immer noch das Doppelte des Farbigen 
leisten, so daß anstatt 2,75 Mk. mindestens der Preis 
von 5,50 Mk anzusetzen wäre. Zu diesen 5,50 Mk. 
ist aber noch ein Betrag für die spezielle Beauf- 
sichtigung hinzuzuschlagen, die ein europäischer Hand- 
werker nicht nötig hat. Wie die Erfahrung gelehrt 
hat, muß durchschniltlich zu 8 farbigen Handwerkern 
ein europäischer Aufseher gestellt werden, so daß zu 
den obenberechneten 5,50 Mk. noch 2—250 Mk. 
hinzuzurechnen ist, was 8,00 Mk. als Vergleichslohn 
ergeben würde. Die Differenz zwischen den Löhnen 
der europälschen und der farbigen Handwerker be- 
trägt demnach 12 Mk. pro Tag. 
Es muß deshalb davon abgesehen werden, euro- 
päische Handwerker in größerer Zahl zur Einwande= 
rung in das Schutzgeblet Togo zu veranlassen, 
vielmehr ist darauf Bedacht zu nehmen, die wenigen 
im Schutzgebiet befindlichen europälschen, speziell 
deutschen Handwerker nicht sowohl zur eigenen 
Handarbelt als zur Beaufsichtigung und Anleitung 
der farbigen Handwerker zu verwenden, wozu sie 
vermöge ihrer den Elngeborenen überlegenen In- 
telligenz und ihrer gründlichen Fachausbildung durch- 
aus geeignet sind. 
Daß ihre Tätigkeit als Aufseher eine frucht- 
bringende sei, hängt in erster Linie davon ab, daß 
die ihnen unterstellten Handwerker überhaupt in der 
Lage sind, Brauchbares zu leisten. Wo die Einge- 
borenen hierzu nicht imstande sind, kann entweder 
dadurch Abhilfe geschaffen werden, daß den llima- 
tlichen Verhältnissen gewachsene farbige Handwerker 
von außerhalb herangezogen werden, oder dadurch, 
daß die Eingeborenen zu brauchbaren Handwerkern 
ausgebildet werden. Zu ersterem Schritt hat sich 
das Gouvernement zu Daressalam entschlossen, 
während das Gouvernement zu Lome letzteren Weg 
eingeschlagen hat. 
An der Goldküste sind schon seit längerer Zeit 
die Anfänge eines Handwerks vorhanden. Accra- 
Schmiede und Togo-Maurer besaßen schon einen 
gewissen Ruf. Jedoch sind die Kenntnisse und 
Fertigkeiten dieser Leute nur von sehr mäßigem Wert. 
Kennzeichnend ist, daß die Brückenbauanstalt nur 
mit Mühe einige (im Durchschnitt 3) Nietpartien, 
bestehend aus 3 Schmieden und 2 Arbeitern, zu- 
sommenstellen konnte, welche, trotzdem dazu ein weißer 
Monteur bestellt wurde, es bei glatten Nieten kaum 
über 45 Stück pro Tag gebracht haben; eine Niet- 
partie zu Hause (bestehend aus 4 Mann) leistet unter 
gleichen Umständen 250 Nilete. Die Brückenbau- 
anstalt hat sich ferner auch die größte Mühe ge- 
geben, bei diesen Leuten einen Akkordlohn einzuführen, 
um die täglichen Leistungen zu erhöhen. Die
	        
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