andersartige Gestallung der Tätigkeit des Evange-
lischen Afrikavereins nicht bedingt. Weder die drin-
gende Notwendigkeit, noch auch die Möglichleit einer
weiteren Ausdehnung derselben war gegeben. Unsere
Erziehungsarbeit an den Waisen und frelgelassenen
Sklavenkindern wurde in unserer Anstalt Lutindi in
den Usambarabergen Deutsch-Ostafrikas in bisheriger
Weise fortgesetzt. Die Zahl der Kinder — es waren
am Schlusse des Jahres 24 Knaben und 13 Mädchen
— hat sich durch Ausscheiden der Erwachsenen ver-
mindert und wlrd dies auch fernerhin der Fall sein,
da dank der Fürsorge unserer Regierungsorgane der
Sklavenraub ganz aufgehört hat. Wegen der Ent-
fernung von Lutindi haben verschiedene Ortschaften
der Umgegend beschlossen, am Orte selbst Schulen zu
bauen, wo ihre Kinder durch die Diakonen oder von
diesen ausgebildete Schulhelfer theoretische und prak-
tische Unterweisung empfangen. So sind im ver-
gangenen Jahre zwei neue Schulen in Kunga und
Weley entstanden. Andernaxts ist man noch beim Bau-
der dazu nötigen Gebäude. Die auf dem Stations-
geblete von den erwachsenen, aus dem engeren Rahmen
der Anstalt entlassenen Zöglingen gegründete An-
siedlung Bethanijia besteht bereits aus sechs Anwesen,
auf denen ebensoviele von ihnen gegründete Familien
(14 Erwachsene und 2 Kinder) sich vornehmlich als
Ackerbauer auf ihnen in gewissem Sinne pachtwelse
überlassenem Lande sich ihren Unterhalt erwerben.
Ein ehemaliger Zögling ist nebenbel noch „Händler“
geworden. Der Gesundheitszustand war dank des
gesunden Höhenklimas stets gut.
In der Aprilnummer des „Afrikaboten“ lesen
wir folgendes über die Helterkeit der Wanjamwesi:
Die Heiterkeit der Wanjamwesi ist sprichwörtlich.
Nicht nur gibt es unter ihnen viele originelle Naturen,
die durch ihren gesunden Witz eine ganze Gesellschaft
zu unterhalten verstehen, sondern das ganze Volk
zeigt in seinem Benehmen eine erstaunliche Fröhlich=
keit, die sich bei jeder Gelegenheit in Musik und Tanz
kundgibt; zu Hause und bel beschwerlichen Karawanen-
märschen, überall zeigt der Wanjamwesi ein heiteres
Wesen, das ihn nicht nur allenthalben empfiehlt,
sondern ihm auch über die drückenden Sorgen des
Alltagslebens leicht hinweghilft, ohne ihm gerade das
Gepräge des Leichtsinns aufzudrücken. Wenn am
Abend eines mühevollen Marschtages der Europäer
erschöpft von den Anstrengungen und Strapazen sich
zur Ruhe niederlegt, dann denkt der Lastträger aus
Uniamwesi noch lange nicht an die Nachtruhe. Der-
selbe heitere Sinn, den er tagsüber bekundete, wenn
er unter den Glutstrahlen der afrikanischen Sonne
eine Last von 30 bis 40 kg trug und trotz Hunger
und Durst den beschwerlichen Marsch durch die heiße
Steppe fortsetzte, dieselbe Fröhlichkeit, die ihn dann
über alle Mühen hinweghob und sogar noch launige
Sangesweisen ihm entlockte, verläßt ihn auch am
späten Abend im einsamen Lager der Wildnis nicht.
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Ja, im Gegenteil, sie steigert sich noch bei den
Klängen der Musik und belebt die Einöde; da, wo
tagsüber vielleicht kein Mensch zu sehen war, wo#
sonst beim fahlen Mondenschein die Tiere der Wildnis
zur Tränke kamen, da ist jetzt plötzlich ein ganz neues
Leben erblüht. Beim Zwitterschein der Wachtfeuer
und beim melodischen Klange der Negermusik erblickt
man die schwarzen Gestalten, in Reigen geschart,
tanzend daherhuschen. Und diesem Vergnügen liegen
die Söhne Unjamwesis nach des Tages Last und
Arbeit stundenlang ob. Es ist für den Europäer
ein ganz eigentümliches Schauspiel, wenn er zum
ersten Male diese fröhlichen Tänze in magischer Be-
leuchtung erblickt; da kann er nur staunen über die
urwüchsige Kraft unserer Neger, die selbst am Abend
heißer, arbeltsreicher Tage noch keine Müdigkelt
kennen, weil sie eben ihre Mühen mit Fröhlichkeit
und munteren Liedern würzen.
Auch bei den Feldarbelten in der Heimat lieben
es die Wanjamwesi, Lieder zu singen, ja, sie können
sich eine andauernde geregelie Arbeit gar nicht denken
ohne Musik, denn sie wissen recht wohl, daß die
Arbeit dann am besten vonstatten geht, wenn ein
geübter Sänger die Gesellschaft erheltert. Und wenn
am Abend nach der Glut und den Arbeiten des
Tages die Sonne am fernen Horizonte entschwunden
ist und der silberhelle Mond mit seinen sanften
Strahlen die Gegend beleuchtet, dann hört der ein-
some Wanderer von allen Seiten in den kleinen
frledlichen Negerdörfern muntere Weisen erschallen.
Aus jeder Hütte ertönt ein frohes Lied zum Klange
der Musikinstrumente, und inmitten des Dorfes auf
freiem Anger schlingt die Jugend den munteren
Reigen und führt ihre Tänze auf. Um den Talt
zu machen, wird ein Saiteninstrument, „odono“ gc-
nannt, gespielt. Die Blinden gelten in Unjamwesi
als die besten Musikanten und Chorführer.
„Kreuz und Schwert“ bringt folgenden inter-
essanten Artikel über die Trommelsprache:
Unsere Ewheer verstehen sich aufs Trommeln.
Die „große Trommel“ pflegt bis 1,5 m hoch zu sein
und einen Durchmesser von 50 bis 70 cm zu haben.
Für gewöhnlich wird ein ungegerbtes Tierfell über
diesen nach beiden Enden kegelförmig verlaufenden
Zylinder gespannt, die Haare nach innen. Wer sich
als König einigen Luxus erlauben kann, verschafft
sich für diesen Zweck ein Elefantenohr, das dann
zwei Trommelfelle abgibt. Geübte Trommler können
auf stundenweite Entfernung bestimmt sagen, ob auf
Elefantenhaut getrommelt wird. Die große Trommel
wird mit zwei hackenförmigen Stöcken geschlagen.
Zur „großen Trommel“ gesellen sich zwei so-
genannte Tombanl. Sie werden als „Mann“ und
„Weib“ bezeichnet, und zwar merkwürdigerweise die
mit der tieferen Stimme als „Weib“. Belde werden
von einem Mann geschlagen, auch mit hackenförmigen
Stöcken. Hierzu gehören nun, um ein Spiel voll-