ist das?“ Ich schreibe die Bedeutung daneben mit
einem Fragezeichen, denn ich bin meiner Sache noch
nicht gewiß. Aber ich will mal den gehörten Satz
selbst anwenden. Vor mir sieht ein Papua. Er
hat als Brustschmuck vorn zwei zusammengebundene
Schweinezähne hängen. Ich deute mit dem Finger
drauf und sage: „Atan mell ägend# Und ohne
Besinnen antwortet er: „Pramooe. Ich sehe, der
Mann hat meine Frage verstanden, die aufgeschriebene
Bedeutung muß stimmen, atane wird was, mell
Ding, zägene so, solches heißen.
Mit Hilfe dieser Frage und des stets bei sich
führenden Notizbuches muß sich nun der Missionar
langsam in den Urwald der Sprache hineinarbeiten.
Aber es gibt in der Sprache auch vieles, was man
nicht sehen oder betasten, wo man nicht fragen kann
„atan mell ägenb Und wer bei dieser blut-
sauren Arbeit nicht fest in Gottes Wort gewurzelt
und mit einem besonderen Maß heiligen Geistes
erfüllt und mit einer besonderen Gabe für fremde
Sprache ausgerüstet ist, der wird bald die Flinte
ins Korn werfen. Missionar Kunze erzählt, wie
der Herr ihm nach langem Suchen und Mühen zum
Verständnis des Papuawortes . Miai# verhalf. Er
hatte das Wort östers gehört und aufgeschrieben.
Aber, was bedeutet es? Alles Sinnen und Grübeln
hilft ihm nicht zum Verständnis. Da kommt eines
Tages ein Jüngling und erzählt Kunze von einem
Papua, der den Missionar bestohlen hat: »tamol
igompe miai ifunic. Da ist ja wieder das un-
verstandene Rätselwort. Was heißt miais' Zum
Teil versteht Kunze den Sinn des eben Gesagten:
„Einen Dieb schlägt miai.“ Ja, was ist das Miaid
Soll's etwa Gewissen bedeuten? Kunze forscht und
fragt: ratan mell miai?##Und die Antwort lautet:
»miai ist miai«. „Ist miai eine Sache zum Essen
oder eine Sache im Dorfe?“ Und, fast über diese
Dummheit lachend, ruft der Gefragte: „O, Kunze,
weißt du nicht, was miai ist?" „Nein, sag mir,
was es ist! Wo ist miai?" Da holt jener un-
geduldig rief Atem und sagt: „Miai ist in dem
Menschen.“ Ja, aber was ist nicht alles in dem
Menschen! Was mag miai sein? Kunze sinnt
weiter und fragt wieder: „Wenn du Gestohlenes
zurückgibst, schlägt dich dann auch das miaid“
„Dann"“, antwortet jener, zerreißt das miai, und
es ist in Ruhe und Frieden.“ Da war aller
Zweifel gehoben: Miai- kann nichts anderes als Ge-
wissen bedeuten. Und besonders wertvoll für den
Missionar mußte zugleich die Entdeckung sein, daß
der stumpfe Papua sehr deutlich zwischen bösem und
gutem Gewissen unterscheidet.
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RAus fremden solonien und
Produhtionsgebieken.
Eine Reise nach dem Indan.
(Auszug aus dem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls
Dr. Rücker-Jenisch in Kairo.)
Auf der Nilfahrt zwischen Assuan und Wadi-
Halfa überschritt ich beim 22.° n. Br. bei Faras
(zwischen Korosko und Halfa) die Nordgrenze des
anglo-ägyptischen Sudan. Wadi-Halfa, der Sitz
eines Mudirs, ist der Ausgangspunkt der 925 km
langen Eisenbahn nach Khartoum. Es befinden sich
dort ausgedehnte Eisenbahnwerkstätten, in denen
Lokomotiven zusammengesetzt und Passagier= und
Güterwagen gebaut werden können. Unter den
Arbeitern (etwa 1500) sieht man viele ägyptische
Sträflinge in Ketten, deren Unterhalt von der
Sudanregierung bestritten wird. Große Mengen
Material für die bereits in Angriff genommene
420 km lange Bahn von Suakin nach Berber
warteten dort des Transports. Wegen der Kost-
spieligkeit des letzteren wird die Hauptstrecke der
Bahn von Suakin aus und nur ungefähr 110 km
werden vom Nil aus gebaut werden. Der Endpunkt
der Bahn wird nicht in Berber selbst, sondern etwas
südlicher am Einfluß des Atbara in den Nil liegen.
Der Bau soll im Frühjahr 1907 beendet sein.
Zweimal wöchentlich befördert ein dequemer
Luxuszug die Reisenden in 30 Stunden von Halfa
nach Khartoum. Die Bahn wurde bekanntlich im
Jahre 1896/97 für den Vormarsch des englisch-
ögyptischen Heeres gegen den Khalisen von Lord
Kitchener (durchschnittlich täglich eine englische Meile)
angelegt. Sandverwehungen und die während der
Regenzelt sich bildenden Wüstenbäche verursachen
vielfache Betriebsstörungen.
In Khartoum North (der neue Name für Halfaya),
dem Endpunkt der Bahn, empfing mich am Neujahrs-
morgen der Generalgouverneur, Sirdar Sir Reginald
Wingate. Am Vormittag fand eine Parade zweier
nach dem Bahr el Ghazal bestimmter Kompagnien
des 15. Sudanesischen Bataillons statt. Dieselben
setzen sich zum weitaus größten Teil aus Negern
der am Weißen Nil anfässigen Schilluk= und Dinka-
stämme zusammen. Viele von ihnen haben schon im
Heer des Khalifen gedient und sind in der Ent-
scheidungsschlacht bei Kerrert (den 2. September 1898)
zu Gefangenen gemacht worden. Die hochgewachsenen,
tiefschwarzen Leute machten einen guten militärischen
Eindruck. Gekleidet waren sie in hellbraunen wollenen
Jerseys, Kakihosen, Belnwickeln und Tarbusch. Offi=
ziere und Unteroffiziere sind Agypter.
Mittags trat mein Dampfer die Reise nach
Gondokoro an. Der Nil tellt sich bei Khartoum in
den Blauen und Weißen Nil. Der erstere ist für
größere Dampfer nur bis Roseires auf einer Strecke
von 680 km schiffbar. Die Entfernung auf dem
Weißen Nil von Khartoum nach Gondokoro beträgt
1750 km, welche nilaufwärts in 14, nilabwärts in