Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

schaftliche Pioniere rasch einzuleben und zugleich ihr 
Deutschtum würdig zu vertreten. Keineswegs soll 
versucht werden, die Erfahrungen, die erst an Ort 
und Stelle in Ubersee erworben werden können, ge- 
wissermaßen hier schon vorwegzunehmen. Vielmehr 
soll nur dem ÜUbergang in die Uberseelaufbahn die 
Eigenschaft des Abenteuerlichen genommen werden, 
die ihm zur Zeit im großen ganzen noch anhaftet. 
Im Zusammenhang damit wird sich die Anstalts- 
leitung besonders bemühen, für eine geeignete Unter- 
kunft der Zöglinge nach ihrem Abgang bei Farmern, 
Kolonisten, Viehzüchtern, Pflanzern usw. zu sorgen, 
um bei diesen unter günstigen Bedingungen ihre 
Ausbildung vollenden bezw. sofort zu selbständiger 
beruflicher Tätigkeit übergehen zu können. 
Als Sitz der Anstalt ist der 8 ha große „Exotische 
Garten“ unweit des Hohenheimer Schlosses ins Auge 
gefaßt, wo die erforderlichen Bauten teilwelse schon 
vorhanden sind. Die Zöglinge (für den Anfang 10 
bis höchstens 15) werden unter Leitung einer im 
besten Mannesalter stehenden, mit der überseeischen 
Pionierarbeit gründlich vertrauten Persönlichkeit, die 
bereits gewonnen ist, eine Wirtschaft führen, die den 
überseeischen Farmerverhältnissen ähnelt, wie auch 
sonst der ganze landwirtschaftliche Betrieb möglichst 
direkt auf die überseelsche Praxis vorbereiten soll. 
Auch die wissenschaftlichen Fächer bleiben stets in 
engster Fühlung mit der Praxis; in verschiedenen 
Disziplinen, wie Tilerarzneikunde, Forstwirtschaft, 
Hygiene, Pflanzenphysiologie, können die Zöglinge 
natürlich nur eine gedrängte Übersicht des Wissens- 
werten erhalten, wie auch in den verschiedenen Hand- 
werken bei der Kürze der Zeit nur das Notwendigste 
zum praktischen Gebrauch erlernt werden kann. 
Entsprechend der Bestimmung der Anstalt für 
junge Reichsdeutsche und Söhne Deutscher im Aus- 
lande, wird bei den Zöglingen auf die Festigung des 
nationalen Bewußtseins und die Wirkung des Ver- 
ständnisses für die Aufgabe Deutschlands in der 
weiten Welt besonders Gewicht gelegt werden. Im 
Zusammenhang damit muß die Anleitung für sittliche 
Selbstzucht angesichts der Gefahren, die gerade im 
Ausland der Allkoholismus usw. mit sich bringt, ein 
besonderes Anliegen der Anstaltsleltung sein. 
Der Aufruf schließt im Hinblick auf die Wichtig- 
keit einer den nationalen Interessen zugute kommenden 
Expansion auch für die Gesundung unserer inneren 
Verhältnisse im Reich mit der Bitte um Zeichnung 
von Geldspenden, seien es nun einmalige Zuwendungen 
oder jährliche Beiträge. 
Auskunft erteilt Herr Hermann Thomä, Direktor, 
Stuttgart, Archiostraße 18. 
VVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVV 
Titeratur. 
Dr. Heinrich Schnee: Bilder aus der Südsee. 
Unter den kannibalischen Stämmen des Bismarck- 
Archipels. Mit 30 Tafeln, enthaltend 37 Abbil- 
  
464 
  
dungen nach Originalaufnahmen und einer Karte. 
Berlin 1904. Dieirich Relmer (Ernst Vohsen). 
Preis 12 Mk. geb. 
Der Bismarck-Archipel gehört mit Neu-Guinea 
zu den am wenigsten bekannten Gebieten der Erde. 
Auch über diejenigen Teile des Archipels, welche 
durch häufigen Besuch dem Gesichtskreis der Euro- 
päer nähergerückt sind, gibt es noch keine umfang- 
reiche Literatur. In dem vorliegenden Buche nun 
unternimmt der Verfasser eine Darstellung dessen, 
was er während einer nahezu zweijährigen amtlichen 
Tätigkelt (1898— 1900) im Bismarck-Archipel erlebt 
und beobachtet hat. Mit der Verwaltung und Recht- 
sprechung in dem östlichen, den Bismarck-Archipel 
und die Salomons-Inseln umfassenden Teil des 
Schutzgebietes Deutsch-Neu-Guinea betraut, hat er 
Gelegenheit gehabt, die Hauptinseln dieses weiten 
Gebiets zu besuchen und ist in vielfache Berührungen, 
sowohl freundlicher als auch feindlicher Natur mit 
den kannibalischen Stämmen des Archipels gekommen. 
Bei der Darstellung der Ereignisse ist die zeitliche 
Reihenfolge nicht streng innegehalten, insbesondere 
sind der Ubersicht halber bei Schilderung der Expe- 
ditionen nach den verschiedenen Gegenden des Archipels 
die früheren Vorkommnisse und der Gang der weiteren 
Entwicklung in diesen Gebieten kurz mit dargestellt. 
Hierbei, wie bei dem Rückblick auf die Geschichte der 
Besiedlung sind fast ausnahmslos die Angaben amt- 
licher Berichte zugrunde gelegt. Ein Beitrag über 
Fauna und Flora des Archipels ist dem Buche bei- 
gefügt durch den Bruder des Verfassers, Dr. med. 
Paul Schnee, früheren Regierungsarzt auf den 
Marshall-Inseln, der im Jahre 1896 als Schiffs- 
arzt des Norddeutschen Lloyd den Bismarck-Archipel 
wiederholt berührt und dabei auch Gelegenheit zu 
eigenen Betrachtungen gefunden hat. Die Abbildungen 
sind nach Originalaufnahmen angefertigt, welche von 
im Archipel wohnenden Deutschen herrühren. Auf 
der am Schlufse beigefügten Karte 1: 200 000 sind 
die beschriebenen Fahrten ersichtlich gemacht. Außer- 
dem stellt dieselbe die ständigen Schiffahrtskurse dar 
und enthält mehrere Einsatzkarten mit den wichtigsten 
Gebieten in größerem Maßstabe und eine Darstellung 
der ethnographischen Verhältnisse des Bismarck- 
Archipels. Möge dieses Buch, in dessen letzten Ka- 
piteln auch die wirtschaftliche Entwicklung des Archi- 
pels einer Erörterung unterzogen ist, dazu beitragen, 
die Aufmerksamkeit kolonlaler Kreise auch auf das 
wertvolle Inselgebiet zu lenken! 
Meiers Adreßbuch der Exporteure von 
Hamburg, Bremen, Berlin, Leipzig, Dresden, Ant- 
werpen, Brüssel, Amsterdam, Rotterdam, Paris, 
London, Manchester, Birmingham, Liverpool usw. 
ist soeben erschienen; dasselbe ist nach den eigenen 
Angaben der betreffenden Firmen zusammengestellt. 
Bei jeder Firma ist die Angabe gemacht, wohin 
dieselbe exportiert, und welche Waren speziell von 
derselben gekauft werden. Ein Anhang enthält eine
	        
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