Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

nach der Reife, und zwar zunächst in Saatbeete aus- 
gesät werden. Die beste Pflanzweite ist 2½ zu 
2½ m bis 3 zu 3 m. Die Pflanzlöcher müssen 
etwa 30 cm tief gemacht werden. Nach fünf bis 
sechs Jahren kann die Hälfte der Bäume entfernt 
werden, nachdem aller Kautschuk aus denselben ge- 
erntet worden ist. 
Um Bäume, welche 10 cm und mehr im Durch- 
messer haben, anzuzapfen, verfährt man so, doß man 
auf einer Seite des Baumes schräge Elnschnitte 
macht, von denen einer immer zwei andere berührt. 
(Grätenschnitt, siehe nebenstehend.) Am Ende des 
Einschnitts bringt man eine kleine Rinne 
aus Blech oder dergleichen an, mittels 
deren man die Milch in ein vorgehängtes 
Gefäß leitet. Im nächsten Jahre macht 
man die Einschnitte etwas mehr (etwa 
120 5) seitwärts und in den folgenden 
Jahren ebenso, derart, daß man im 
vierten Jahre erst wieder an der zuerst angeschnittenen 
und nunmehr gut verheilten Stelle anlangt. 
Die Verarbeitung der Milch geschieht in der 
Weise, daß man dieselbe in irdenen Töpfen am 
Holzfeuer ganz gelinde erwärmt (nicht kocht). Ge- 
rinnt die Milch schon ohne diese Manipulationen, so 
wird das Gummi elnfach abgehoben und getrocknet. 
Neben den Anbauversuchen werden die Leiter der 
Versuchsgärten aber ihr Hauptaugenmerk auf die 
Erhaltung der Kautschukbestände des Urwaldes zu 
richten haben. Durch fortgesetzte ausführliche Be- 
lehrung der Eingeborenen und Unterweisung, wie 
Kautschuk, ohne den Baum zu zerstören, gewonnen 
werden kann, muß angestrebt werden, dem bisherigen 
sinnlos geübten Abschlagen der Bäume ein Ende zu 
machen. Die Probe, ob eine Pflanze einen guten 
Kautschuk liefert, kann an Ort und Stelle in der 
Weise gemacht werden, daß man ein Tröpschen Milch 
zwischen Daumen und Zeigefinger reibt. Ballt sich 
das ausgeschiedene Gummi zusammen ohne zu kleben, 
so ist es als brauchbar anzusehen, klebt es dagegen, 
so ist es meistens fast wertlos. 
6. Sonstige Kulturen. 
Auch der Kultur von Erdnuß, Mais, Hirse und 
anderen Feldfrüchten muß in den Versuchsgärten 
Beachtung geschenkt werden. Die Methoden der Ein- 
geborenen sind beim Anbau als Grundlage beizube- 
halten. Daneben empfiehlt es sich aber, insbesondere 
auch Versuche mit Auflockern und Düngen des 
Bodens zu machen. Man darf sich nicht etwa von 
dem Gedanken leiten lassen, man habe jungfräulichen 
Urwaldboden vor sich, auf dem man ohne weiteres 
säen und ernten könne. Auch für die Tropen ist 
sachgemäße Düngung von weittragendster Bedeutung. 
« Viehzucht 
nach europäischem Muster verdlent deshalb in Ver- 
bindung mit den Versuchsgärten größie Aufmersam- 
keit. Es muß angestrebt werden, das Vleh behufs 
Sammlung des Düngers für die Nachtzeit an Ställe 
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zu gewöhnen und die Eingeborenen dozu zu veran- 
lassen, daß sie Weideplätze anlegen und geeignete 
Futtermittel anbauen. Mit Erreichung dieses Zieles 
wird der wichtigste Schritt zur allgemeinen Hebung 
der Eingeborenen-Landwirtschaft gemacht sein. 
Deuksch-Südwestafrika. 
Politische Verhältnisse im Begzirk Reetmanshoop. 
Ülber die politlschen Verhältnisse im Keetmans- 
hooper Bezirk berichtet der stellvertretende Bezirks- 
amtmann, Zolldirektor Schmidt, wie folgt: 
Es herrschte bei den Weißen und Eingeborenen 
des Bezirks eine Unruhe, welche die alleinwohnenden 
Farmer veranlaßte, teils nach den festen Plätzen, 
teils nach der Ostgrenze zu ziehen. Diese Unruhe 
war hauptsächlich durch die immer wieder auftreten- 
den Gerüchte hervorgerufen, daß Hereromassen sich 
auf dem Wege nach dem Süden befänden und durch 
geradezu unglaubliche Ausstreuungen über den 
Herero-Aufstand, die vorwiegend aus der Kapkolonie 
hierher gelangten. Da war Okahandja dem Erdboden 
gleichgemacht, Windhuk in hellen Flammen stehend, 
sogar bildlich dargestellt. Daß solche immer wieder 
auftauchende Gerüchte Farmer veranlassen konnten, 
sich und ihre Habe zu retten, mag verzeihlich sein. 
Diese Furcht und die Besprechung unserer Lage 
im Hererolande von den Weißen zum Teil in Gegen- 
wart der Eingeborenen hat letztere in ihrem leicht 
geweckten Machtgefühl gestärkt. Auch hat bei ihnen 
die Erörterung von Fragen, was nach Ansicht der 
Weißen in Zukunft mit den Eingeborenen geschehen 
müsse (Abnahme der Gewehre und ihres gesamten 
Landes), eine begreifliche Unruhe hervorgerusen. So 
soßen auf der einen Seite die Weißen an größeren 
Plätzen, wie Keetmanshoop, Bethanien, Berseba, oder 
dicht an der englischen Grenze, um sofort übertreten 
zu können, und sprachen vom Aufstand und dessen 
Folgen, und auf der andern Seite die Eingeborenen 
und berieten über den Krieg. Bei beiden herrschte 
Furcht, und meines Erachtens nicht am wenigsten 
bei den Hottentotten. Ich persönlich glaube nicht, 
daß die als besonders unruhig bezeichneten Feldschuh- 
träger-Hottentotten Absicht und Vorsatz hatten, auf- 
ustehen, und ich befinde mich in dieser Hinsicht in 
bereinsümmung mit dem Chef der Feldkompagnie. 
Doch man kann sich bei den Eingeborenen täuschen, 
wie der Herero-Aufstand verschiedentlich bewiesen 
hat; es kann unter solchen Verhältnissen leicht 
eintreten, daß der unter der Asche glimmende Funken 
durch unruhige Köpfe bei dem geringsten Anlaß zur 
großen Flamme angefacht wird. 
Eine Beruhigung hat die offizielle Bekanntgabe 
der Kriegsnachrichten vom Herero-Aufstande, welche 
der Glaubhaftigkeit der Gerüchte entgegentrat, und die
	        
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