Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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satz zu dem sonst in der Kolonie üblichen deutschen 
das südafrikanisch-burische Straßenbausystem. Dessen 
Vorzüge sind folgende: Während man in Deutschland 
von dem Wunsche der Schonung des Pferdematerials 
ausgehend übermäßige Steigungen als die schlimmsten 
Feinde des Straßenbaues ansieht, sind solche für den 
Ochsendoppelwagen der Buren fast bedeutungslos. 
Was er fürchtet, sind scharfe Biegungen. Danach 
wird bei jedem Straßenbau in Afrika im voraus 
die prinzipielle Frage zu entscheiden sein, ob sie dem 
Verkehr mit Pferde-, Maultier= oder Eselkarren einer- 
seits oder anderseits dem mit Treckochsenwagen dienen 
soll. Langenburg, das — wohl einzig von allen 
Bezirken der Kolonie — mehr dem südafrikanischen 
als dem indisch-ozeanischen Interessen= und Verkehrs- 
kreise angehört, hat sich für das letztere entschieden, 
ohne aber das Anstreben des Ideals, d. h. einer 
Straße, die belden Transportsystemen gerecht wird, 
aufzugeben. 
Bekanntlich fährt der südafrikanische Frachtfahrer 
stets mit zwei von je 8 bis 16 Ochsenwagengespannen 
gezogenen Wagen. Die Länge des Vorspannes ver- 
langt Straßen mit ganz allmählichen Biegungen, weil 
bei scharfen Wendungen nur das letzte oder die 
beiden letzten Joche Zugwirkung ausüben können; 
diese Kraft würde aber zur Bewegung des schweren 
Wagens nicht ausreichen. Daraus folgt, daß das 
europäische System, Steigungen zu überwinden — 
die Serpentine — im allgemeinen nicht zur An- 
wendung gelangen darf. 
Anderseits ist der Bur gewöhnt, Steigungen, die 
in Europa als unerhört gelten, dadurch zu über- 
winden, daß er die sämtlichen Joche beider Wagen 
erst vor den einen, dann vor den andern spannt. 
Deshalb ist beim hiesigen Straßenbau mehr auf 
die Herstellung geradliniger Streckungen als auf Ver- 
minderung der Steigungen gesehen worden. Das 
aber machte zum Teil ganz gewaltige Erdbewegungen 
nötig, umsomehr, als sich herausstellte, daß zu 
sprengende Gestelnsmassen meist nicht erschlossen 
wurden. Der Aufstieg zum Oberlande machte ver- 
hältnismäßig wenig Mühe, dagegen mußten bel 
Mpuguso und an mehreren Stellen zwischen Neu- 
Langenburg und dem Igalepaß erhebliche Erdmengen 
bewegt werden. Die Hauptarbeit aber machte die 
Uberwindung des gerade in der Wetterecke des nie- 
derschlagsreichen Kondelandes gelegenen Passes selbst, 
wo der sehr weiche Straßenkörper bel der enormen 
Steigung durch zahlreiche tiefe und breite Sicker- 
schlitze gegen die dauernden Ab= und Auswaschungen 
geschützt werden muß. Beim Abstiege nach Ussafa 
ließen sich durch eine ebenso gewandte und von 
der Natur begünstigte Tracierung größere Arbeiten 
vermeiden. Dasselbe kann von dem Aufsstiege nach 
Unjlka gesagt werden. Dagegen erfordern die Ab- 
stiege zum Kalungu und Rkana und der sehr steile 
Ausstieg zum Tanganjikaplateau sehr bedeutende Erd- 
und Gesteinsabtragungen. 
Auch die Überwindung der Gewässer erfolgte 
  
wesentlich durch das südafrikanische System, das in- 
zwischen von den Nachbarstationen Bismarckburg und 
Ssongea adoptiert worden ist. Das Hauptmittel 
dieses Systems ist die Drift. Eine Drift ist ein 
aus Felsblöcken und Steinen so sorgsam quer über 
den Fluß gesetzter Damm, daß das Wasser bei nor- 
malem Stande durch die Lücken fließt und daß (auch 
bei Hochwasser) der Damm dem Ansturme der größeren 
Menge wesentlich schon durch die Schwerkraft seiner 
Fügung Widerstand genug entgegensetzt. Des weiteren 
gehört zum Wesen der Drift eine Bemessung der 
Dammhäöhe, welche der Menge des Hochwassers, die 
durch ihren Uberdruck den Damm zerreißen würde, 
den Abfluß über die Krone des Damms gestattet, 
ohne daß dieses über den Damm schießende Hoch- 
wasser durch selne Tiefe die Passierbarkeit ausschließt. 
Es soll also auch beim höchsten Stande die Drift 
nur ½ bis ¾ m unter Wasser stehen. Der Fehler, 
der beim Driftbau am öftesten gemacht wird, ist der, 
daß der Damm zu hoch gesetzt wird. Dadurch werden 
zwar fürs erste die weitausholenden Abstiche, auf 
denen die Straße sich langsam zur Drift hinabsenkt, 
vermieden, aber in der Regel wird auch der Damm 
vom nächsten Hochwasser hinweggewaschen. 
Ausschließlich derartige Driften und keine festen 
Brücken find in den beiden Jahren des Straßenbaus 
hergestellt worden. Bei denen des ersten Jahres 
sind die gewöhnlichen Fehler nicht durchweg vermieden 
worden, so daß ein großer Teil in verbesserter Aus- 
führung erneuert werden mußte. Dafür aber scheint 
es, daß sorgfältig ausgeführte Driften bei allen Fluß- 
läufen mit Ausnahme von drelen genügen werden. 
Bisher haben selbst die über 20 m langen, 6 bis 
8 m breiten und 1 bis 2 m hohen Driften über den 
Kiwira, Ssongwe und Ssalssi sich trotz der abnormen 
Regenfälle dieses Jahr gehalten; sollten sie dennoch 
durchwaschen werden, so würde ein neuer Versuch, 
Driften mit Durchlässen herzustellen, gemacht werden, 
ehe zu den teueren, komplizlerten und ständig fach- 
männischer Aussicht bedürftigen Brücken übergegangen 
wird. Unerläßlich werden Brücken sein über den 
Mbaka (eine Brücke und eine Fähre) und Nkana, 
welche im nächsten Jahre gebaut werden sollen. 
Die größten Driften erforderten einen Monat Arbeit 
durch einen Europäer, drei Askaris und 120 Arbeiter, 
kosteten also pro Kubikmeter etwa 5 Rupien. Die 
Kosten einer massiven Brücke dürften bei 20 m Länge 
das Sechs= bis Zehnfache einer Drift betragen. Das 
Setzen des Dammes muß ausschließlich durch ange- 
lernte Kräfte (Askaris) erfolgen, während die Tage- 
löhner die Blöcke und Steine herbeizuschaffen haben; 
hierzu sind auch Ochsen und Karren verwendet worden. 
Jedenfalls sollten die im Schutzgebiete üblichen Holz- 
brücken mit Erdbewurf wegen ihrer Gemeingefähr- 
lichkeit allgemein durch Driften ersetzt werden, selbst 
wenn die Steine, wie für manche Driften im Unjlka, 
zwel Stunden weit auf den Köpfen herbeigetragen 
werden müssen; denn wenn auch die Drift zerstört 
werden sollte, finden die Steine sich im Flußbett
	        
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