Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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Nachdem ich noch zwei Dolmetscher an Bord ge- 
nommen hatte, gingen wir am nächsten Morgen um 
6½⅛ Uhr in See und trafen um 11 Uhr vor der 
Insel Allison ein. Ich ging hler mit der Polizei- 
truppe an Land. In dem einzigen Dorfe der etwa 
40 ha großen Insel traf ich zehn Eingeborene an, 
die früher von den Anachoreten (Kaniet) dorthin 
vertrieben waren. Von Aualeuten fanden sich noch 
16 Personen, 10 Kinder, 3 Frauen, 3 Männer. 
Sie waren halb verhungert und wurden zur Uber- 
führung in ihre Heimat an Bord genommen. Nach- 
mittags um 4 Uhr trafen wir vor Durour ein. 
Der hohen Brandung wegen konnten wir bei der 
Station der Firma nicht landen. Wir fuhren des- 
halb auf die Leeselte der Insel. Ich ging hier an 
Land und marschierte nach der Handelsstation. Die 
Händler erzählten, daß die Eingeborenen jetzt voll- 
ständig ruhig wären. Die Ursache der Ermordung 
Reimers hat sich nicht völlig ermitteln lassen. Doch 
scheint hier die Hauptschuld an dem Weißen selbst 
gelegen zu haben. Reimers habe den Sohn des 
Häuptlings eines Tages verprügelt, weil dleser ihn 
angeblich angelogen habe. Auch habe er die alten 
geheiligten Gräber geöffnet und den dort ruhenden 
Schmuck sich angeeignet. Der König sei dadurch so 
erregt geworden, daß er den Befehl zur Tötung des 
Reimers gegeben habe. Das despotisch regierte Volk 
habe diesen Befehl sofort ausgeführt. Der König, 
schon betagt, starb noch am Tage der Tat. Unter 
den Leuten brach eine Panik aus. Sie flüchteten 
über See, teils nach Matty (Wuwulu), teils nach 
Manu (Allison). Nach einer zuverlässigen Aufstellung 
des Kaufmanns F. E. Hellwig war der Stamm 
500 Personen stark. Hiervon trafen wir 16 in 
Manu, 50 in Wuwulu, 61 in Aua. Danach sind 
an 370 Personen bei der plötzlichen Flucht über die 
stürmische See umgekommen. Die weitere Durch- 
führung der Untersuchung erforderte auch den Besuch 
von Wuwulu am 6. Juli. Es gelang, den Sohn 
des Durourkönigs dort dingfest zu machen, der an- 
geblich den Speerstoß gegen Relmers geführt haben 
soll. Das Gericht stellte indessen gegen die drei zur 
Verhaftung gebrachten Personen mangels genügenden 
Beweises das Verfahren ein. Ein weiteres Ein- 
greifen in Aua selbst war nicht veranlaßt, da der 
Kern des Volkes auf See umgekommen war. Dem 
Händler Matthles überwies ich einen Teil der Palmen- 
bestände der Eingeborenen zur Aberntung bis zur 
Deckung des erlittenen Vermögensverlustes. 
Von Wuwulu richtete die Fahrt sich unmittelbar 
nach Luf (Hermiten); die Gruppe wurde am 7. Juli 
verlassen. Am 8. Juli mittags warf der Dampfer 
vor der Insel Sori (Admiralitäts-Inseln) Anker. 
Der erneute Bericht des Kapitäns Hamilton be- 
stätigte die früheren Nachrichten. Die Eingeborenen 
der Manus nordwestlich vorgelagerten Inseln standen 
bisher in freundschaftlichem Verkehr mit den Euro- 
päern. Die Bewohner von Sori kamen auch in 
einigen Dutzend ihrer Kanus längsseit des Dampfers. 
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Die zum Verkaufe angebotenen Gegenstände verrieten 
durch ihre mangelhafte Ausführung deutlich, daß die 
Zersetzung des angestammten Gewerbefleißes durch 
den Einfluß europäischer Ware auch hier schon ein- 
getreten ist. 
Nusahafen wurde zur Mitnahme der Post noch 
einmal angelaufen. Am 10. Juli mittags llef der 
Dampfer nach Herbertshöhe aus. Vor Djaul 
(Sandwich-Insel) wurde zum Zwecke der Anwerbung 
lurz gehalten. Am 11. morgens lief der Dampfer 
Massawahafen an zur Ubernahme von Fracht und 
Post. Es fand sich Zeit zum Besuche der im Ge- 
birge gelegenen Missionsstation St. Paul (inzwischen 
von den Eingeborenen überfallen). 
Am 11. Juli abends 7 Uhr wurde Herbertshöhe 
wieder erreicht. 
Nettung Schiffbrüchiger. 
Am 9. Juli d. Is. strandete das in Liverpool 
beheimatete Vollschiff „Aighburth“, Kapitän Reid, 
beladen mit 2600 Tonnen Kohlen, von New-Castle 
nach Samarang bestimmt, auf einem Riffe zwischen 
der Ruckinsel und Tu, einer der Siassiinseln. Vier 
Tage versuchte die Besatzung, das Schiff wieder 
flott zu bekommen. Der starke, zur Zeit des Südost- 
passats nach Nordwest setzende Strom schob das 
Schiff immer weiter auf das Riff, am 13. Jull 
nachmittags 5 Uhr war die Mannschaft genötigt, 
es zu verlassen. Sie verteilte sich in die vier vor- 
handenen Boote. Kapitän Reld gab die völlig rich- 
tige Anweisung, West bei Süd zu halten. Die Boote 
waren je mit zwei Kompassen und Lebensmitteln 
auf drei bis vler Wochen ausgerüstet, dagegen nicht 
mit Waffen. Nach vier Tagen erreichte das Boot 
des Kapitäns Friedrich-Wilhelmshafen. Er kam mit 
den mit ihm geretteten sieben Mann mit dem Post- 
dampfer „Prinz Sigismund“ in Herbertshöhe an. 
Die Mannschaft wurde mit dem Dampfer nach 
Sydney weiter gesandt. 
S. M. S. „Möwe“ und der Gouvernements- 
dampfer „Seestern“ sind am 25. Juli in See ge- 
gangen, um nach den vermißten drei Booten mit 
16 Mann Besatzung zu suchen. Kapitän Reid ist 
an Bord des Dampfers „Seestern“. Nach einem 
Telegramm des Gouverneurs haben die Nach- 
forschungen nach dem Verbleib der Schiffbrüchigen 
insofern Erfolg gehabt, als von der 24 Mann 
starken Besatzung 16 geborgen sind. 
  
Aus dem Brreiche der Wissionen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Dem „Evangelisch -Lutherischen Missionsblatt" 
vom 15. September d. Is. entnehmen wir die 
Nachricht, daß die „Evangellsch-Lutherische Mission 
zu Leipzlg" am Meruberg in Deutsch-Ostafrika
	        
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