Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

das ist unstreitig der interessanteste Teil, es wird 
darin die vielleicht im ersten Moment etwas ver- 
blüffende Hypothese aufgestellt und mit einleuchtenden 
Gründen belegt, daß die Masai als Semiten und 
Abkömmlinge der alten Ebräer anzusehen sind. Diese 
Kapitel, die beiden ersten des vierten Abschnitts: 
„Die Uberlieferungen aus der Urzelt“ und „Eine 
vergleichende Betrachtung der Traditionen der Masai 
und Israeliten unter Berücksichtigung der in Baby- 
lonien gefundenen Berichte der Urmythen“ bieten 
jedem, der sich für die Frage der Urzeitüberliefe- 
rungen, für die Entstehung der Sittengesetze der 
Bibel und für das Entstehen der heutigen Kultur 
interessiert, eine Fülle von Anregungen, wie man sie 
kaum von einem innerafrikanischen Volke erwartet 
hatte, das man vor kurzem noch als bösartige Wilde 
charakterisierte, denen als Nomaden jede Existenz- 
berechtigung abzusprechen sei. Zweifellos werden 
manche der Ausführungen zu Kontroversen Veran- 
lassung geben, aber auch manchen überzeugen und 
viele zum Studium der Naturwölker anregen. Let= 
teres aber ist besonders zu wünschen in einer Zeit, 
in der die letzten weißen Flecken auf den Karten ver- 
schwinden, die von allen Seiten eindringende Kultur 
die charakteristischen Merkmale der Nakurvölker ab- 
schleift und diese nur zu schnell geneigt sind, ihre 
alten Sitten und Gebräuche zu vergessen und die der 
fremden Eroberer nachzuäffen. Hier gilt es noch 
schnell zu retten, was zu retten ist. Noch gibt es 
in Deutsch-Ostafrika kleine Enklaven mit wenig zahl- 
reichen Völkerstämmen (wie z. B. die hochinteressanten 
Wassandaul), die so gut wie unbekannt sind, denen 
aber die Gefahr droht, von den umliegenden sich 
immer mehr nivellierenden Stämmen verschlungen 
zu werden. Möge daher das Buch Merkers allen 
den jahrelang unter einem Stamm wohnenden Offi- 
zieren, Beamten, Missionaren oder Kaufleuten als 
Anregung und glänzendes Vorbild dienen! Die 
Wiedergabe der wirklich guten und charakteristischen 
Photographien, Druck und sonstige äußere Ausstattung 
entsprechen dem reichen Inhalt und machen der 
Verlagsbuchhandlung alle Ehre. 
  
Mit der wichtigen Frage der Eingeborenenkulturen 
in den Kolonien befaßt sich die neueste Nummer des 
„Tropenpflanzer" (Nr. 10, 1904), Organ des 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees. Die Berichte 
von Dr. Gruner und Bernegau über ihre im Auf- 
trage des Kolonlal-Wirtschaftlichen Komitees ausge- 
führten Studienreisen nach den englischen Kolonien 
Goldküste bezw. Lagos weisen auf die planmäßige 
Förderung der dortigen Eingeborenenkulturen hin. 
Nach Gruner produzierten die Eingeborenen der 
Goldküste in den letzten Jahren Kakao im Werte 
von rund zwei Millionen Mark und Kolanüsse im 
Werte von rund einer Million Mark. In Lagos 
hat die Produktion der Eingeborenenkulturen, Baum- 
wolle, Kakao und Kola, einen erheblichen Aufschwung 
genommen. Bei der Bedeutung der Kolanuß als 
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Handelsartikel in den Sudanländern befürwortet 
Bernegau elne erhebliche Ausbreitung dieser Kultur 
in Togo und Kamerun. Die Organisation des Forst- 
wesens auf Java und in den deutschen Kolonien 
behandelt ein ausführlicher Bericht des Botanikers 
Dr. Büsgen, der kürzlich von einem längeren Besuch 
Niederländisch-Indiens zurückgekehrt ist. Eine über- 
sichtliche Zusammenstellung der wirtschaftlichen Be- 
deutung der Baumwolle auf dem Weltmarkt geben 
die mit der Nr. 10 erscheinenden Beihefte Nr. 5/6. 
Der Verfasser v. Schkopp liefert reiches statistisches 
Material, dem wir folgende Zahlen entnehmen. Die 
Zahl der Spindeln in den hauptsächlichsten Industrie- 
ländern betrug im Jahre 1889 rund 85 Millionen, 
im Jahre 1900 bereits 103 Millionen. Die Welt- 
produktion von Baumwolle betrug in Ballen 
à 500 Pfund im Jahre 1902 14 150 000 Ballen, 
davon entfallen auf die Vereinigten Staaten allein 
10 380 000 Ballen. Der Konsum der Jahre 190 1/02 
stellte sich auf 14 351 000 Ballen, von denen auf 
Großbritannien 3 352 000 Ballen, das europälsche 
Festland 4782 000 Ballen, die Vereinigten Staaten 
4000 000 Ballen, auf die übrigen Länder etwa 
2252 000 Ballen entfallen. 
Kulturgeographie des Deutschen Reiches und 
seine Beziehungen zur Fremde. Eln Hilfs- 
buch für den Schul= und Selbstunterricht von 
Adolf Tromnau. Dritte, neubearbeltete Auflage 
von Dr. Max Eckert. Halle a. S. Pädagogischer 
Verlag von Hermann Schrödel. 1904. Preis 
2 Mk., gebunden 2,40 Mk. 
Die in knappem Rahmen gehaltene und doch 
sehr inhaltsreiche Schrift, übersichtlich gegliedert und 
ansprechend dargestellt, behandelt den zeitgemäßen 
Stoff in trefflicher Welse. Dadurch eignet sie sich 
in erster Linie für den abschließenden Unterricht in 
der Geographie sowohl für Schüler höherer Klassen, 
als auch für junge Kaufleute. Besonders fleißig sind 
die deutsche Auswanderung und dle deutschen Kolo- 
nien bearbeitet. 
Hübners geographisch-statistische Tabellen. 
Ausgabe 1904. Herausgegeben von Hofrat Prof. 
Dr. v. Juraschek., Verlag von Heinrich Keller 
in Frankfurt a. M. 
In der neuen Ausgabe ist der wachsenden Be- 
deutung, die den kolonlal-politischen Fragen zukommt, 
entsprechend der Behandlung des überseeischen Land- 
besitzes der beiden großen Kolonialmächte Frankreich 
und Großbritannien ein erweiterter Raum zugewiesen 
worden, wodurch die Darstellung dieser wichtigen 
Gebiete an Ausführlichkeit wie Ubersichtlichkeit wesent- 
lich gewonnen hat. Zur Beleuchtung des auswärligen 
Handels des Deutschen Reiches ist eine Übersicht der 
wichtigsten Bezugs= und Absatzländer sowie der 
Menge und des Wertes der wichtigsten Exportgegen- 
stände des Deutschen Reiches im Jahre 1903 ein- 
gefügt. Preis der Buchausgabe Mk. 1,50, der 
Wandtafelausgabe 60 Pf. 
  
 
	        
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