Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Der Schaden, welcher von der erwähnten Hemiptere 
verursacht wird, besteht darin, daß einesteils junge 
Zweige, andernteils Früchte von ihr angestochen 
werden. Mit dem Stich läßt das Insekt wahr- 
scheinlich eine stark ätzende Flüssigkeit in das für 
seine Ernährung ausgewählte junge Gewebe des 
Kakaobaumes, um diese Flüssigkelt dann wleder auf- 
zusaugen, nachdem dieselbe die erforderlichen Nähr- 
substanzen gelöst hat. Bald nachdem die Hemiptere 
elne solche Saugstelle verlassen hat, schrumpft bei 
jungen Asten die Rinde im Umkkreise dieser Stelle 
zusammen, und man hat eine Vertiefung in der Rinde, 
die sich bis zu etwa 0,5 bis 1 cm ausbreitet. Nach 
einiger Zeit ist dieser nunmehr abgestorbene Rinden= 
teil soweit getrocknet, daß derselbe bei dem Dicker- 
werden der jungen Aste zerreißen muß. An dem 
dadurch frei werdenden Holze erkennt man, wie das 
Sekret des Insektes auch dieses teilweise zum Ab- 
sterben gebracht hat und wie die letzten Teilchen 
davon noch lange Zeit nach dem erfolgten Anstich 
ihr Zerstörungswerk fortsetzen. Nur in sehr seltenen 
Fällen erholt sich ein mehrfach von der Hemiptere 
angestochener Ast wieder vollständig. “ 
Noch schlimmer wie die Beschädigung der Aste, 
wenn auch nur in bezug auf den jedesmaligen 
Ernteausfall, ist die Verletzung, welche die Hemiptere 
an den Früchten macht. Ein einziger Stich genügt 
für eine junge Frucht von bis zu 8 cm Länge, um 
sie zum Absterben zu bringen. Fällt der Stich zu- 
fällig auf den Stengel, so ist auch jeder größeren 
Frucht mit dem Verrotten desselben die weitere 
Nahrungszufuhr abgeschnitten, und sie stirbt ab. Auf 
der Oberfläche von älteren und der Reife nahen 
Früchten hat der Stich allerdings kaum noch eine 
gefährliche Bedeutung. 
Auf den älteren Kakaobäumen findet man die 
Hemiptere vorzugsweise an den Früchten und erst, 
wenn diese alle entfernt sind, pflegt sie auf die jün- 
geren Aste des Baumes zu gehen. Die beschädigten 
Früchte sind mit 2 bis 4 mm großen, runden, an- 
fangs braunen, später schwarzen Flecken mehr oder 
weniger bedeckt; die Flecken ähneln denjenigen auf 
den Asten nur sehr wenig, weil sie sich mehr nach 
der Tiefe ausdehnen. Man hat deshalb in Pflanzer- 
kreisen lange geglaubt, daß diese Flecken von einem 
Pilz verursacht werden. Manchmal tritt an der 
Oberfläche der Flecken Schleim der Fruchtschale aus, 
welcher eintrocknet und die Flecken mit einer welßen 
kräftigen Schicht überzieht. Auf diese Weise entsteht 
dann ein Bild, welches einer Pulzwucherung aller- 
dings sehr ähnlich sieht. Beobachtet man diese 
schwarzen Flecken an Früchten, die gedrängt stehen 
und sich deshalb berühren, so darf man sicher sein, 
den Schädling in dem durch zwei Früchte gebildeten 
Schlupfwinkel zu finden. 
Wo das Insekt seine Eier ablegt, ist bisher un- 
bekannt. Die Schwierigkeit, welche der Auffindung 
der Brutstätte entgegensteht, ist in der Eigentümlich- 
keit der Ordnung der Hemiptera zu suchen, die nur 
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sehr wenige Eier zu erzeugen pflegt. Junge Formen 
des Insekts von etwa der Größe eines kleinen Steck- 
nadelkopfes habe ich in einem Falle in größerer 
Anzahl auf einer fast reifen und von Narben ent- 
stellten sowie zerklüsteten Kakaofrucht gesehen. Ob- 
gleich ich acht genau gleich große junge Individuen 
auf derselben Frucht beobachtet habe, muß ich doch 
die Frage offen lassen, ob die Fruchtschale selbst auch 
die Brutstätte für die offenbar ganz junge Brut 
gewesen ist, oder ob dieselben aus benachbarten 
Schlupfwinkeln der Stammrinde auf die Frucht ge- 
langt ist. 
Die jungen, anfangs glatthäutigen und ungeflü- 
gelten Insekten nehmen nach schnell sich wiederholenden 
Häutungen die Formen des ausgebildeten Individuums 
an. Den Abschluß der Entwicklung bildet die Häu- 
tung, aus welcher das Insekt mit Flügeln hervor- 
geht, welche die 1½ fache Größe der Körperlänge 
aufweisen. In dlesem Zustande ist das Insekt be- 
fählgt, den Baum zu verlassen, welcher ihm in Er- 
mangelung der Flügel gewissermaßen ein Gesängnis 
gewesen war. Das Weibchen kann nun auf einem 
anderen Baume seine Brut absetzen, und diese ist 
dann gezwungen, auf dem betreffenden Baume ihre 
Nahrung zu suchen, bis ihr die Flügel gewachsen 
sind; eine Zeit, die genügt, um die Ernte dieses 
Baumes und einen Teil der jungen Zweige voll- 
ständig zu zerstören. 
Aus der bisher allerdings noch sehr lückenhaften 
Erkenntnis des Entwilcklungsganges erhellt ohne wei- 
teres, daß eine erfolgreiche Bekämpfung der soge- 
nannten Rindenwanze zu erhoffen wäre, wenn man 
derselben in ihrem flügellosen Entwicklungsstadium 
durch Bespritzen mit giftigen Substanzen beikäme 
und eine entsprechende Behandlung der Kakaobäume 
in solchen Zeitabschnitten mehrmals wiederholte, wie 
sie durch den beschriebenen Entwicklungsgang gegeben 
sind, um die Entstehung geflügelter Individuen zu 
verhindern. Leider ist es bisher noch nicht gelungen, 
die Zeitdauer des Entwicklungsganges zu ermitteln; 
trotzdem schon seit einigen Monaten seitens des 
botanischen Gartens Beobachtungen in dieser Frage 
angestellt werden. Eine systematische Bekämpfung 
auf wissenschaftlicher Grundlage ist deshalb bis heute 
noch nicht möglich. 
Von den Bekämpfungsmethoden, welche bisher 
angewendet worden sind, haben sich zwei ziemlich 
gut bewährt. Es sind das erstens das Absuchen der 
einzelnen Insekten und zweitens das Bespritzen der 
Bäume mit einer Mischung aus Seifenwasser und 
Quassiaabkochung. Das Absuchen hat auf den Pflan- 
zungen gute Dienste geleistet. Es ist aber sehr 
mühsam, muß lange durchgeführt werden, und 
schließlich gibt es doch zu der Befürchtung Anlaß, 
Ddaß auch bei der besten Aufsicht die ganz jungen 
Entwicklungsformen des Insekts von den Arbeitern 
übersehen werden. Recht schwierig gestaltet sich das 
Absuchen besonders dann, wenn die Schädlinge ältere 
Kakaobäume befallen haben, die dadurch, daß sie zu
	        
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