Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Im Mittelpunkt aller Betrachtungen über die 
wirtschaftliche Entwicklung Sũdafrikas stand seit dem 
Ende des Krieges die Goldproduktion. Bereits vor 
dem Ausbruch des Krieges, zu einer Zeit, wo un- 
gefähr 6000 arbeitende Stempel einem eingeborenen 
Arbeiterheer von rund 100 000 Mann Arbeit ge- 
geben hatten, hatten die Goldminen die Zahl der 
verfügbaren Arbeitskräfte als für ihren Betriebs- 
umfang ungenügend bezeichnet. Der größte Teil 
dieser Arbeiter, wohl ½ bis ¾ wurden dem 
Arbeitsmarkt aus den südlichen Teilen Portuglesisch- 
Ostafrikas zugeführt, der Rest wurde aus dem Trans- 
vaal, Natal, der Kapkolonie, Zululand, Basutoland 
und Betschuanaland rekrutiert. Als man nun gegen 
Ende des Krieges, der eine Zeitlang auch die Minen 
zum völligen Stillstand gebracht hatte, wieder an 
die Eröffnung des Betriebes ging, waren für den 
Zufluß an Arbeitskräften die denkbar ungünstigsten 
Verhällnisse eingetreten. 
Infolge der Verhandlungen der Transvaal- 
regierung mit der portugiesischen Kolonie und durch 
die Bemühungen der inzwischen von den Minen 
neugegründeten Zentralstelle für Arbeiterrekrutierung 
(The Witwatersrand Native Labour Association) ist 
es indessen gelungen, allmählich die Zahl der ein- 
geborenen Arbeiter wieder zu steigern. Bei dem 
Jahreswechsel 1902/03 hatten infolgedessen rund 
3000 Stempel mit einer eingeborenen Arbeiterschaft 
von etwa 50 000 die Arbeit wieder ausgenommen 
und am 31. Dezember 1908 waren nach neueren 
Feststellungen der Minenkammer etwa 64 000 Arbeiter 
bel 4860 Pochstempeln wieder tätig. Dieser Betriebs- 
umfang ist indessen von den Minengruppen als 
durchaus unbefriedigend und die Andauer dieses 
Zustandes als verderblich für die Entwicklung der 
Minenindustrie bezeichnet worden. Der Bedarf an 
Eingeborenen für die gegenwärtig errichteten 
7145 Pochstempel, von denen, wie erwähnt, nur 
4360 im Betriebe sind, während der Rest wegen 
Arbeitermangels zum Siillstand verurteilt ist, wird 
mit 142 000 angegeben; dazu tritt noch ein Arbelter- 
bedarf von 30 000 für die zur Zeit in den Vor- 
bereiltungsstadien der Ausbeutung begriffenen hinzu 
(developing mines), so daß gegenüber dem wirk- 
lichen Bestand an elngeborenen Arbeitern von 64 000 
lediglich zur Durchführung des Betriebes auf der 
Grundlage der gegenwärtig erreichten Entwicklung 
der Minen ein Mehrbedarf von 108 000 berechnet 
wird. Diese Zahlen steigen natürlich um mehrere 
Hunderttausende, wenn man bel den Schätzungen die 
Aufschließung neuer Minen und Errichtung neuer 
Pochstempel in die Berechnung mit einzieht. Elne 
weitere Steigerung der Nachfrage ergibt sich aus 
dem Bedarf für Landwirtschaft und Industrie sowie 
Eisenbahnbau und -Betrieb, die nach Schätzungen 
rund 150 000 bis 200 000 Eingeborene absorbieren 
würden. Angesichts dieser Berechnungen, die der 
Mehrheitsbericht einer im Jahre 1903 zur Prüfung 
dieser Fragen eingesetzten Regierungskommission in 
  
670 
  
ihren Grundzügen bestätigt hat, ist von den mittelbar 
oder unmittelbar an der schleunigen Welterentwicklung 
der Minen interessierten Kreisen die Unmöglichkeit 
betont worden, diesen Bedarf aus der Eingeborenen- 
bevölkerung Südafrikas zu beschaffen. Den nach- 
drücklichen und andauernden Vorstellungen der Minen- 
gruppen ist es unter diesen Umständen gelungen, 
den beteiligten Regierungen ihre endgültige Zu- 
stimmung zur Durchführung des angeblich einzig 
wirksamen Mittels gegen die Arbeiternot, der Ein- 
führung chinesischer Kulis für die Minenarbeit, ab- 
zugewinnen. 
Seit kurzer Zeit arbeiten nunmehr neben den 
Schwarzen auch Chinesen in den Minen. Der 
Wettbewerb, der dem afrikanischen Eingeborenen von 
seiten der gelben Arbelter nun droht, scheint gleich- 
wohl den Schwarzen wenig zur Arbeit angefeuert 
zu haben. Im ganzen arbeiteten Ende Mai in den 
Goldminen Transvaals neben 13 127 Welßen nur 
etwa 70 000 Schwarze, also nicht viel mehr wie 
Ende des Jahres 1903, wo in dem Gesetzgebenden 
Rat des Transvaal die Entscheidung zugunsten der 
Chlnesen fiel. In der Zwischenzeit war die Anzahl 
der eingeborenen Arbeiter niemals höher als bis 
auf 73 618 gestiegen. 
Die Ziffern der Regierungsstatistik stellen die 
Aufwärtsbewegung der Goldproduktion, die mit 
Mai 1901 wieder begonnen hat, folgendermaßen 
dar. Es wurden gewonnen: Juli 1901 bis Ende 
Juni 1902: 891999 Unzen im Werte von 3788 9682,. 
von da bis Ende Juli 1903: 2 372 075 Unzen im 
Werte von 10 075 926 LS, von da bis Ende Mai 
d. Is. 3 168 580 Unzen im Werte von 13 461 229 SP. 
Die Ausbeute für Juni d. J. wird von der Minen- 
kammer, deren Angaben gewöhnlich von den Re- 
gierungsziffern um ein Geringes abweichen, mit 
308 219 Unzen im Werte von 1 309 231 K an- 
gegeben. Nach Kalenderjahren zusammengefaßt betrug 
die Goldausbeute: 
Unzen e 
1901. . 238 994 1 014 687 
1902. 1 704 417 7 458 998 
19089. . 2 955 749 12589 248. 
Die höchste Ziffer der Ausbeute vor dem Kriege 
hatte das Jahr 1898 mit einem Werte von 
16 240 630 2 aufgewiesen. Diese Ziffer dürste, 
sofern die Monatserträge nicht noch über die in 
diesem Jahre erzielte Durchschnittsausbeute hinaus- 
gehen, auch für 1904 noch nicht erreicht werden. 
(Nach einem Bericht des Kais. Generalkonsulats in Kapstadt.) 
Maßnahmen zur Unterstützung der Ansiedler in Popto 
Alexandre und Tigerbai, Bezirt Mossamedes. 
Um den portugiesischen Ansiedlern in Porto 
Alexandre und Tigerbai Erleichterungen zur Errich- 
tung von Wohnhäusern und Arbeitsschuppen zu ge- 
währen und insbesondere das Zubereiten und Trocknen
	        
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