Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

770 
schlechter Wege große Schwierigkelten hatte. Gleich- 
zeitig waren in den einzelnen Plätzen große Waren- 
bestände angehäuft, so besonders in Bidjum. 
Der Ausstand ist jetzt militärisch als nieder- 
geworfen zu betrachten. Die Gesamtverluste dies- 
seits sind: 5 Tote, 27 Verwundete. 
Zu einer auf Neumond April in Ngojul anbe- 
raumten Versammlung waren fast alle aufständischen 
Häuptlinge erschienen. Die Häuptlinge Aka, Jamansog 
und Makomendum, welche der Aufforderung keine 
Folge leisteten, wurden verhaftet. Die festgesetzten 
Strafzahlungen wurden anerkannt. Denselben sind 
die Schadenersatzforderungen der Gesellschaft Süd- 
Kamerun zugrunde gelegt. Auch die Expeditions- 
unkosten sind hierbei berücksichtigt. Die erbeuteten 
Hinterlader, das geraubte Elfenbein und die Effekten 
des ermordeten Europäers sind ausgellefert. Ver- 
schiedene Strafzahlungen sind bereits eingegangen. 
Für die endgültige Sicherung des Gebietes erachte 
ich, wie wiederholt berichtet, die Anlage einer 
Station für unumgänglich. Vorläufig ist seitens der 
Verwaltung am Wege Lomie—Bidjum ein pro- 
visorischer Regierungsposten errichtet worden. Die 
Leitung desselben hat Herr Preuß übernommen. 
Seitens der Gesellschaft Südkamerun ist elne 
Faktorei in Rgojul (Landschaft Bakinekos) angelegt. 
Die Ablösung der Besatzung und die Besetzung 
des Ssanga-Ngokobeztrkes ist nunmehr vorläufig so 
geregelt, daß die Hauptabteilung unter dem stell- 
vertretenden Chef der Verwaltung sich in der Ndsimu- 
Region stationiert hat, während zwei kleinere Posten, 
in Ermangelung von geeignetem weißen Personal, 
vorläufig unter farbigen Dienstgraden als Grenz- 
schutz nach Ndungl und Matuli vorgeschoben sind. 
In Molundu befinden sich der StationsSassistent 
Kerscher und der Zollbeamte Mathies. 
Die Expedition rückte am 15. Mai nach Badom 
am oberen Dscha, um hier die Vorbereitungen für 
den Rückmarsch zur Küste Dscha abwärts zu treffen. 
Diesen gedenke ich etwa Anfang Juni anzutreten. 
Eine Erholungsrast für die durch den Marsch nach 
Molundu sehr angestrengten Bulu-Träger ist ohnehin 
erforderlich. Ferner ist die Anwerbung von etwa 
50 neuen Trägern notwendig, um die durch das 
Elfenbein vermehrte Lastenzahl zur Küste zu schaffen. 
Die Expedition führt zur Zeit mit sich: 1300 kg 
Elfenbein der Regierungsstation Molundu und 450 kg 
Elfenbein der Expedition (in Summa 1750). Die 
neuen Träger werden von den Njem-Häuptlingen 
gegen Bezahlung bis Kribl gestellt. Dieselben sollen 
unter Führung von drel Soldaten der Verwaltung 
mit Regierungslasten beladen zurückkehren. 
Hiermit dürfte der Karawonen= und Postverkehr 
von der Kamerunküste nach dem Ssanga-Ngoko- 
Bezirk als eröffnet anzusehen sein. 
Der Handel ist durch die Erschließung des 
Niem-Landes zwischen dem oberen Dscha und dem 
Njong in neue Bahnen gelenkt. Die Zone des 
durch die Bulus und Banes ausgeübten Zwischen- 
handels ist durchbrochen. 
  
  
Auch der Gesellschaft Süd-Kamerun werden da- 
durch neue Wege gewiesen. Sie ist in die Notwendig- 
keit versetzt, den westlichen Tell ihres Konzessions- 
gebietes nunmehr ebenfalls von der Kamernunküste zu 
bearbeiten. Dadurch wird der Verkehr nach dem 
Ssanga-Ngoko-Bezirk einen erneuten Ausschwung er- 
fahren. 
Durch die Feststellung der Schiffbarkeit des 
oberen Dscha-Flusses werden sich hoffentlich bald die 
von mir angeregten Projekte verwirklichen, auf dem 
oberen Dscha ab Lobo-Mündung und dem Njong von 
den Tappenbeck-Schnellen aufwärts einen Dampfer- 
transport einzurichten. Die Direktion der Gesellschaft 
hat die Ausführung berelts in Erwägung gezogen. 
Bericht des Gberleutnants Scheunemann über den 
Nückmarsch seiner Expedition zur Rüste. 
Die Expedition trat am 24. Mai 1904 ab 
Badom (Akoa) den Rückmarsch zur Küste an. 
Da ich mit demselben gleichzeitig eine Er- 
kundung und Aufnahme des oberen Dscha-Flusses 
verbinden wollte, teilte ich die Kolonne in zwei 
Teile. Die stärkere Abteilung unter dem farbigen 
Feldwebel Buari marschierte auf dem Landwege 
südlich des oberen Dscha. Ich selbst fuhr im Falt- 
boot und zwölf Kanus stromab. Die Fahrzeuge 
saßten 50 Mann und 40 Lafslen. . 
Mit der Landkolonne waren tägliche Rendezvous- 
plätze verabredet. Die Vereinigung ist stets geglückt, 
dank genauer Routenaufnahmen und der Intelligenz 
der farbigen Patrouillen. Als Fahrer funktlonierten 
25 Soldaten und 10 Badom-Leute, erstere aus 
Liberia und Sierra-Leone, sämtlich gewandte 
Schiffsführer und gute Schwimmer. 
Dem Vormarsch stellten sich mannigfache Hinder- 
ulsse entgegen. Zunächst versuchten die Eingeborenen 
durch lügenhafte Berichte über den Weg den Weiter- 
marsch zu erschweren. Sehr unangenehm war ihnen 
die Erkundung des Flusses, da an diesem ihre Busch- 
verstecke lagen. Dazu kamen Feindseligkeiten zwischen 
den einzelnen, zu durchquerenden Landschaften. 
Die Fahrt selbst erforderte große Aufmerksamkeit, 
da zahlreiche ins Wasser gestürzte Bäume mit ihren 
unter der Wasserlinie liegenden, spitzen Asten den 
Fahrzeugen gefährlich wurden. Vornweg fuhr ich 
mit dem Faltboot, das allgemeine Bewunderung bei 
den Nijems erregte; dieses, von der Jaunde-Station 
in bereits recht baufälligem Zustande übernommene 
alte Fahrzeug hat während der ganzen Expedition 
ausgezeichnete Dienste geleistet, obwohl es fast täglich 
geflickt werden mußte. Letzteres geschah mit wasser- 
dichten Reissäcken; die Dichtung wurde mit an Ort 
und Stelle gewonnener Gummimilch hergestellt. 
Bis Bungoa, das ich nach zweitägiger Fahrt 
erreichte, windet sich der Fluß in kurzen Krüm- 
mungen meist durch ausgedehnte Raphia-Wälder. 
Die Stromgeschwindigkeit beträgt bei ziemlich gleich- 
mäßigem Gefälle durchschnittlich 1,2 m pro Sekunde,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.