Riffen. Während die Hoffnung nicht ausgeschlossen
ist, den ersteren bei Hochwasser abzubringen“)
mußte der letztere als reparaturunfähig kondemniert
werden. Die Regierungsbarkasse „Fliege“, auf
welcher ich am 17. d. Mts. eine Dienstreise nach
dem Westen der Insel angetreten hatte, ist mit einem
Boot bei der Insel Keparalop gesunken, wobei drei
Leute, die Hölfte der Besatzung, ihren Tod fanden.
Zur Rettung der anderen Leute war nur meine
Gig, die schon gekentert und beschädigt forttrieb,
verfügbar, denn die Kanus der Eingeborenen waren
sämtlich zerbrochen oder zunächst unbrauchbar.
Der große Kutter hat wenig gelitten. Stark be-
schädigt, aber reparaturfähig ist der kleine Segel-
kutter, ebenso die kleine Gig, welche mit dem völlig
zerschlagenen Leichter längsseit des „Ponape“ lag.
Die materiellen Verluste der Regierung find zu
schätzen auf etwa 150 000 Mk., die der Gewerbe-
treibenden und der Missionen auf etwa 350 000 Mk.,
die der übrigen Weißen auf etwa 10 000 Mk.
Der weitaus größte Teil der Nuhpflanzen ist
durch Bruch, Wurf oder völlige Entlaubung ver-
loren. Von allen Baumarten scheint die Kokos-
palme — wohl weil sie dem Winde relativ die
geringste Angriffsfläche bietet — am widerstands-
fähiosten zu sein. Gleichwohl wird man nach den
bisherigen Mitteilungen nur etwa ein Viertel der
Bestände als wenig beschädigt annehmen können.
Der den Eingeborenen zugesügte Schaden mag in
Berücksichtigung der Kopra= und Steinnußausfuhr
und der als Nahrungsmittel Verwendung findenden
Kokosnüsse, weiter der sonstigen Nutzpflanzen, ins-
besondere der sehr zahlreichen Brotfruchtbäume und
Dams, ferner der Berstörung von Häusern, Kanus,
des Verlustes von Haustieren und der übrigen Habe
ein Kapital von ungefähr dreiundeinhalb Millionen
Mark vorstellen, so daß der Gesamtschaden, die ver-
wüsteten Waldungen nicht eingeschlossen, auf etwa
4 Millionen Mark zu schätzen wäre.
Die wirtschaftlichen Aussichten in Ponape er-
scheinen hiernach trostlos. Auf Jahre ist der Handel
vernichtet, dem in der nächsten Zeit infolge der vielen
abgefallenen Kokosnüsse allerdings wohl eine ver-
hältnismäßig noch große Menge Kopra zufließen
wird. Glücklicherweise hat in den letzten Jahren
die Pflanztätigkelt bei den Eingeborenen zugenommen
und die jüngeren Kokospflanzen haben weniger gelitten.
Die schweren Verluste, welche die Firmen durch
den Orkan erlitten haben, wurden noch verschärft
durch die anhaltenden Regengüsse, während welcher
die unter freiem Himmel befindlichen oder nur
mangelhaft geschützten Güter immer wieder rettungs-
los durchfeuchtet wurden, und durch das peinigende
Gefühl vollkommener Ohnmacht gegenüber dieser un-
aushalisam zerstörenden Kraft.
*) Nach einer später als der vom 30. April datierte
Bericht von Ponape abgesandten telegraphischen Dereche
atte der Postdampfer „Germania“ bei ge# Aufenthalt in
onape (5. bis 8. Mai) vergeblich die Abschleppung des
„Ponape“ versucht.
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Am meisten haben die Brotfruchtbäume gelitten
und mit ihnen sind die Yams, die hauptsächlich
unter ersteren gezogen werden, vernichtet. Die Ein-
geborenen, die an Nahrungsüberfluß gewöhnt sind,
sehen sich plötzlich auf schmale Kost gesetzt. Eine
Hungersnot glaube ich jedoch nicht befürchten zu
sollen, da das Meer, auch die Flüsse, Fische und
andere Tiere bieten, auf dem Lande Schweine,
Ziegen, Hunde, Hühner, Tauben vorhanden sind und
in den Waldungen eine Buschyam genannte Knollen-
frucht reichlich wächtft. In wenigen Monaten wird
zudem neuer Yam reifen können.
Trotz der ungewohnt schwierigen Lage haben sich
die Eingeborenen Diebstähle an den offen dallegenden
oder verstreuten Waren in merkbarer Weise nicht zu
Schulden kommen lassen. Kleinere Sachen, die in
der Kolonie gestohlen sind, werden den auf diesem
Felde weit mehr gewitzigten fremden Farbigen zu-
zuschreiben sein.
Als erfreulich ist zu bemerken, daß von den Ponape-
strafgefangenen niemand die in der ersten Nacht nach
dem Taifun unschwer zu bewerkstelligende Flucht
versucht hat.
Die ausgedehnten Buschwaldungen auf all den
Bergen und Höhen, deren Konturen klar und scharf
hervortreten, machen von weitem den Eindruck eines
reifen Lupinenfeldes, welches durch mehrere Attacken
niedergeritten ist; das frühere tiese Grün der Insel
ist einer gelblichgrauen Färbung gewichen, in welcher
sich überall hellere kurze Striche, die entwurzelten
oder durchgebrochenen Baumriesen, abzeichnen. Die
vorgelagerten Mangrovenwälder mit ihren gerad-
wüchsigen Stämmen sind verstümmelt, der zähe
Mangrovenbusch ist zerzaust.
Große Möven, die ich sonst in Ponape ge-
legentlich einzeln beöbachtet habe, schwebten nach dem
Austoben des Nordtaifuns zahlreich über Keparalap.
Als dann der stärkere Südtaifun vorüber war,
lagen sie in Massen tot oder ermattet in den nahen
Mangroven. Von den wllden Tauben — beiläufig
bemerkt eines der geschätztesten Nahrungsmittel der
Weißen und Farblgen in Ponape — sind viele um-
gekommen; die übriggebliebenen flattern suchend um
die Bäume, die ihnen ihre Früchte nicht mehr dar-
bieten, und sie nähern sich ohne ihre sonstige Scheu
wie hllfesuchend den menschlichen Wohnungen. Die
kleinen Vögel haben sich noch nicht erholt; man
kann manche noch ohne Schwierigkelt mit der Hand
fangen. Tote Fische trieben auf den Wellen. Die
Moskitos sind lästiger denn je zuvor; ihrer Brut-
stätten beraubt, beziehen sie in Mengen die wenigen
windgeschützten Räume.
Während der ersten Nacht war bei strömendem
Regen jedermann obdachlos. Die meisten Weißen
der Kolonie brachten sie in dem unter Wasser stehenden
Keller eines Hauses zu. Ich selbst konnte auf Ke-
paralap nach Laschen der zerbrochenen Zeltstangen
mein Zelt benutzen, das Sonnensegel meinen vom
Regen triefenden, vor Kühle zitternden Leuten Über-
lassend. Das Zelt bildet nunmehr, auf der Diele