Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Aus dem Prreiche der Wissionen und 
der Antirhlaverei-Bewegung. 
Missionspioniere im Grasland von Nord- 
westkamerun. 
Die Baseler Mission hat seit einigen Jahren 
in Bali Fuß gefaßt und von dort aus auch mit 
anderen namhaften Städten im Grasland von Nord- 
westkamerun Verbindung angeknüpft; so in neuester 
Zeit mit dem Häuptling Nyoya von Bamum. Sie 
vollzog damit einen weiten Sprung ins Hinterland, 
nachdem sie bisher von Duala schrittweise ins Wuri- 
und Mongo-Flußgebiet vorgegangen war. Die vor 
etwa 10 Jahren erfolgte Gründung der Station 
Nyasoso war der erste Versuch, mit der Verkündigung 
des Evangeliums unter die Völker des Hinterlandes 
zu treten. Da dieser so gut gelang, glaubte man, 
unbedenklich in die Städte des Graslandes vor- 
dringen zu können, wo man unter den zahlreichen 
Helden auch schon mohammedanische Bevölkerungs- 
teile antrifft. 
Die von der Missionsgesellschaft herausgegebenen 
Reise= und Stationsberichte, die größtenteils im 
„Evangelischen Heidenboten“ veröffentlicht sind, geben 
ein anschauliches Bild vom Leben der Missionare 
auf dem neuen Arbeitsfelde. Der vor Jahresfrist 
nach Bali entsandte Missionar M. Göhring 
schreibt über den Schluß seines zehntägigen Fuß- 
marsches von Bombe über Ekobum und Tinto, auf 
dem er seine Frau und den jungen Missionar Hohner 
bei sich hatte: 
Wir erreichten endlich den berühmten stellen 
Bali-Aufstieg, der ins hochgelegene Grasland führt. 
Ich hatte mir unter letzterem immer eine flache 
grasige Ebene vorgestellt, mich aber mit dieser An- 
schauung gründlich geirrt. Auch als wir den 
schmalen steinigen Pfad entlang der Bergwand hinter 
uns hatten und glücklich oben waren, sahen wir kein 
ebenes Land vor uns. Das Klettern und Steigen 
ging weiter. Soweit das Auge reicht, schwelft der 
lick über ein welliges grünes Hügelland. Im 
Gegensatz zu der dumpfen Luft des Urwaldes atmet 
man hier eine frische, kräftige Bergluft ein. In den 
Tälern und Schluchten dieses Hochlandes erblickt 
man große Bananenhaine, aus denen die spitzen 
Poramidendächer der Eingeborenen hervorragen. 
Ungehindert kann der Blick in die Ferne schweifen. 
susc sieht den Weg schon auf weite Entfernungen 
#a hangenartig durchs Gelände hinziehen. Unser 
hetwageglelter führte uns in das Dörflein Bamua, 
n chwerliabseits vom Wege. Als wir es auf be- 
wir üchem Pfade abends 6 Uhr erreichten, fühlten 
* todmüde, denn wir waren an diesem Tage 
len orbens 2 Uhr an immer auf den Beinen ge- 
r* bl nsere Kleider waren so durchschwitzt, daß 
#uchst lich kein trockener Faden mehr an ihnen war. 
e Eingeborenen wohnen hier meist in einzelnen 
Höfen. Lebende Zäune oder solche aus gestochtenen 
Matten fassen das aus mehreren Häusern bestehende 
363 
  
Gehöft ein. Die in die Dörfer führenden Wege 
sind die reinen Laufgräben, auf beiden Seiten mit 
einer lebenden Hecke versehen. Zum Hof, in dem 
wir übernachteten, gelangten wir auf einer Art 
Hühnerleiter, die über den Zaun führte. Um die 
Gastfreundschaft war es nicht sonderlich bestellt. Die 
Leute waren entweder furchtbar scheu, oder sie 
wollten überhaupt nichts von uns wissen. Außer 
zwei Männern erschien trotz unserer Aufforderung 
niemand; doch schickte der Häuptling ein kleines 
Schweinchen und einige Pisangtrauben. Das hier 
vermißte Entgegenkommen sollte uns am letzten Reise- 
tage relchlich zutell werden. Nach einem mehr- 
stündigen Marsche fließen wir auf eine Gesandtschaft 
des Häuptlings von Babesi. Bald kam uns dieser 
auch selbst entgegen. Er grüßte freundlich, lief vor- 
aus und winkte uns ihm zu folgen. Wir kamen an 
einen freien Platz, wo auf belden Seiten des Weges 
eine Anzahl Babesileute im Gras saß. Nachdem 
wir auf unseren Kisten Platz genommen hatten, winkle 
der Häuptling selnen Leuten. Diese zogen aus 
ihren Verstecken im Gras mehrere Kalabassen voll 
Palmwein hervor; auch ein Sack mit gekochtem 
Schweinefleisch wurde uns gebracht, desgleichen ge- 
kochter Pisang. Außerdem erhielten wir zwei schöne 
Hühner. Das war eine andere Begrüßung als den 
Abend vorher in Bamua. Nachdem wir unser Gegen- 
geschenk, ein Stück Baumwollzeug und etwas Tabak, 
überreicht, verabschiedeten wir uns aufs freundschaft- 
lichste und sahen bald darauf das Ziel unserer Reise, 
die neuerbaute Missionsstation Bali vor uns liegen. 
Diese junge Niederlassung hat einen für inner- 
afrikanische Verhältnisse einfache Geschichte. Im No- 
vember 1902 unternahmen die Missionare Schlüler, 
Keller und Spellenberg die erste Erkundungsreise 
nach Bali. Der Befund war so günstig, daß die 
Missionsleitung in Basel ihre Zustimmung zur Er- 
richtung einer Station (der 10. Hauptstation in 
Kamerun) gob. Schon im Mai 1908 rückten die 
Missionare Ernst und Leimbacher zu dauerndem Auf- 
enthalt hier ein. Sie waren in der ersten Zeit die 
Gäste des „Königs“ Fonyonga in dessen Gehöft, bis 
sie ihr eigenes kleines Haus im Balibaustil fertig 
hatten. Ein Jahr spöter folgte ihnen der verheiratete 
Missionar Keller. Während die anderen in das in- 
zwischen errichtete Schulhaus übersiedelten, bezog das 
Ehepaar jenes erste Missionshaus. Schon am 
1. Dezember 1908 hatte man in Anmwesenheit 
Fonyongas eine Schule mit 63 Knaben einrichten 
können. Unter diesen waren drei Söhne des 
Herrschers und zahlreiche Häuptlingssöhne aus be- 
nachbarten Stämmen. Die Schülerzahl wuchs bald 
auf 150. Als Missionar Leimbacher an den Bau 
eines größeren Missionshauses ging, leitete er eine 
Menge eingeborener Burschen mit gutem Erfolg zur 
Bauarbeit an. 
Fonyonga hat auf die Dauer eine freund- 
schaftliche Haltung zu den Missionsleuten eingenommen. 
bereitete auch den neuen Ankömmlingen einen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.