Allgemeiner Teil.
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85.
Der Begriff: Staatsrecht. Die Grundlagen des’
Staatsrechts im allgemeinen und in den beiden
Fürstentümern Reuß im besonderen. Der Begriff:
Verwaltungsrecht.
„Alles Staatsrecht ist Lehre von der Staatsgewalt, ihren
Organen, ihren Funktionen, ihren Grenzen, ihren Rechten
und ihren Pflichten.“ Dieser Staatsrechtsbegriff umfaßt
aber auch das Justiz- und Verwaltungsrecht, denn beide
grenzen Rechte und Pflichten des Staats bzw. seiner Organe
und des Staatsvolks ab. Man spricht deshalb von einem
Staatsrecht im weiteren und einem solchen im engeren
Sinne, je nachdem man das Justiz- und Verwaltungsrecht
mit ein- oder ausschließen will. Nur das letztere ist ge-
meint, wenn im weiteren Verlaufe dieser Abhandlung von
Staatsrecht die Rede ist.
Die Grundlage des Staatsrechts bildet das Staatsgrund-
gesetz oder — wie dessen Inhalt bezeichnet wird — die
Verfassung eines Staates. Diese hat deshalb „die un-
mittelbaren Staatsorgane zu bezeichnen, die Art ihrer Ent-
stehung, ihr gegenseitiges Verhältnis und ihren Wirkungs-
kreis festzusetzen und die grundsätzliche Stellung des ein-
zelnen zur Staatsgewalt zu bestimmen.“
Das Staatsrecht des Fürstentums jüngerer Linie
Reuß baut sich auf dem revidierten Staatsgrundgesetz
vom 14. April 1852 auf, das an die Stelle des Staatsgrund-
gesetzes vom 30. November 1849 getreten und im Laufe der.
Jahre, so insbesondere durch die Gesetze vom 20. Juni 1856
und 15. März 1860 in wesentlichen Punkten abgeändert
worden ist.
Für das Staatsrecht der älteren Linie Reuß ist das
Verfassungsgesetz vom 28. März 1867 maßgebend.
Die Verfassungen der beiden Fürstentümer sind
Repräsentativverfassungen. Nach ihnen hat die
dem Gesamtstaatsvolk als Mitträger der Staatsgewalt zu-
stehenden Rechte sein .Repräsentant, die Volksver-
tretung ($$ 13, 51 ff.), auszuüben.