Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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für regelmäßig abgehaltene Märkte bestimmt 
waren. Infolgedessen kam es vor, daß monat- 
lich einmal der große Markt auf den Sonntag 
der Europäer fiel. Nun wurde die siebentägige 
Woche eingeführt und alle Märkte auf Wochen- 
tage gelegt, so daß der Sonntag frei bleibt. 
Sämtliche sieben Wochentage tragen eigene Bamum- 
Namen. 
Besonders interessant ist, was der „Heiden- 
bote“ über die vom Häuptling selbst erfundene 
Schrift erzählt: „Schon unter der Regierung 
seines Vaters, des im Kampf mit den Bansso 
gefallenen Sango, hatten sich einige Haussahändler 
aus dem Innern in Fumban niedergelassen. Sie 
brachten uralte Bücher mit, die aus Mekka 
stammen und in arabischer Schrift geschrieben 
sind. Der Anblick der Bücher und die Kunst des 
Schreibens erregte das Interesse des Häuptlings 
und des damals sechzehnjährigen Joja aufs 
höchste. Um schweres Geld kaufte Sango den 
Haussa sieben solcher Bücher ab. Sie enthalten 
Gebete und Zaubersprüche. Auch der vollständige 
Koran befindet sich darunter. 
Es hätte nun nahegelegen, wenn der junge 
Joja die moderne arabische Schrift, wie sie viele 
der Haussahändler schreiben, von diesen erlernt 
hätte. Das verbot ihm aber sein Stolz, beson- 
ders seit er nach dem Tode seines Vaters selbst 
den Häuptlingsthron bestiegen hatte. Er wollte 
nicht als Schüler der hergelaufenen fremdländi- 
schen Krämer gelten. Gleichzeitig empfand er 
aber als gescheiter Mensch die Unkenntnis der 
Schrift als einen Mangel. Doch konnte er sich 
ja damit trösten, daß die Schreibkunst eine Be- 
sonderheit der Haussa sei. Als er aber nun auch 
bei den Europäern, die inzwischen nach Fumban 
vorgedrungen waren, die Kunst des Lesens und 
Schreibens wahrnahm, sah er sich von allen 
Seiten her übertroffen, was ihn in seinem Häupt- 
lingsstolz aufs tiefste kränkte. Die Haussaschrift 
wollte er nicht annehmen, und daß man mit der 
Europäerschrift auch die Bamumsprache schreiben 
könne, erschien ihm unglaublich. Da faßte er 
den Gedanken, eine eigene Schrift zu schaffen. 
Er gab jedem seiner Soldaten Wörter auf mit 
dem Befehl, für jedes einsilbige Wort ein beson- 
deres Zeichen zu erfinden, für mehrsilbige Wörter 
soviel Zeichen, als das Wort Silben habe. Die 
eingelaufenen Zeichnungen prüfte er genan; er 
vereinfachte oder vervielfachte sie, je nachdem er 
(s für gut fand. So entstand eine vollständige 
Bamumschrift, eine neue Zeichenschrift, die an die 
Hieroglyphen der alten Aegypter oder an das 
Gepinsel der Chinesen erinnert. Man kann da- 
mit seine Gedanken vollständig zum Ausdruck 
bringen, wie z. B. das von Missionar Göhring 
mitgeteilte Vater Unser in Bamumschrift beweist. 
  
Die Entstehung dieser Schrift ist kultur- 
geschichtlich außerordentlich interessant, ebenso der 
Umstand, daß der Häuptling gerade auf die 
Silbenschrift geraten ist. Es hätte ja eigentlich 
noch näher gelegen, einfach für jedes Wort ein 
besonderes Zeichen zu setzen. Joja ist sehr stolz, 
der Erfinder einer Schrift zu sein. Er hat das 
Gefühl, sich durch eigene Kraft auf eine höhere 
Kulturstufe gehoben zu haben. Um auch seine 
Untertanen an der Wohltat der Schrift teilnehmen 
zu lassen, gibt er selber Unterricht in seiner Er- 
findung und hat zu diesem Zwecke kürzlich dem 
Missionar Göhring 66 Schiefertafeln für seine 
eigene Palastschule abgekauft, wo er zunächst 
seinen Vertrauten Schreibunterricht in der 
Bamumschrift erteilt. Seinen Schülern ist es 
Ehrensache, möglichst bald und richtig die Schrift 
ihres Fürsten zu erlernen, und sie rühmen es 
dann ftolz: „König Joja hat uns diese Schrift 
gegeben.“ 
Jetzt wechselt der Häuptling täglich Briefe 
in der eigenen Schrift mit seinen Untertanen. 
Es werden wohl etwa 200 Schreibkundige in 
Bamum sein, die ihm ihre Kunst verdanken. 
Auch führt Joja ein dreifaches Tagebuch, worin 
er abends seine Einnahmen und Ausgaben re- 
gistriert, allerhand Rezepte aufzeichnet und die 
von dem Missionar oder von anderen Europäern 
vernommenen Mitteilungen, auch biblische Ge- 
schichten, festhält. Joja ist jedenfalls ein Ori— 
ginal, das seinesgleichen sucht. Missionar Göh- 
ring hat ihm gezeigt, daß er auch mit der Enro- 
päerschrift alles zu schreiben imstande sei, was 
man spreche, auch die Bamumsprache. Er hat 
schon oft beim Unterricht in der Missionsschule 
zugehört und zugesehen, und es leuchtet ihm sehr 
ein, wie wir lesen und schreiben; aber seinen 
Ruhm, der Erfinder einer eigenen Schrift zu 
sein, will er sich nicht nehmen lassen. Und der 
soll ihm auch bleiben.“ 
Die Verwertung von tropischen Früchten, ins- 
besondere von Ananas in Ramerun.“) 
Vou Korpostabsapotheker a. D. Berneganu-Halensee. 
Die Ananaskultur auf der Insel Sao Miguel 
(Azoren) ist verhältnismäßig kostspielig durch die 
Glashauskultur. Deshalb können die Ananas- 
pflanzer von dort nur Ananasfrüchte als Dessert- 
ananas ausführen, nicht aber als Ananaskonserven. 
Ananasfrüchte werden in besonderen Frucht- 
dampfern nach Liverpool verschifft und dort nach 
Hamburg umgeladen, wo sie sofort nach dem 
*) Va l. auch den Artikel Bernegaus in der vorigen 
Nummer ber- Kolonialblattes.
	        
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