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Der Weg, der fast auf seiner ganzen Länge
bisher am Hange der Berge entlang zu führen
war und weiterhin zu führen sein wird, weist
den Charakter einer Gebirgsstraße auf. Der An-
schnitt der steilen Berghänge (Neigungen von
1:1 kommen mehrfach vor) bedingte viel Erd-
arbeit, die zum Teil sehr schwierig war, da fast
überall das Erdreich stark mit Felsen durchsetzt
ist; öfters mußten auch Felsen durchbrochen
werden.
Es waren bei insgesamt 52 908 Kubikmeter
Erdarbeit 12 011 Kubikmeter Felsarbeit zu leisten.
Große Erdarbeit erforderten die Dämme in den
verschiedenen Schluchten, insbesondere aber der
Damm in der Schlucht, durch welche der Schwein=
furth-Fall abläuft (Abb. Nr. 4); dieser Damm
hat allein 12 000 Kubikmeter Inhalt.
Nach der Bergseite zu hat die Straße einen
Graben. An geeigneten Stellen wird das im
Graben abfließende Wasser durch Sickerschlitze und
durch Durchlässe, die in Trockenmauerwerk als
Plattendurchlässe hergestellt sind, nach der Talseite
abgeleitet. Das in zwei Schluchten kommende
Wasser wird durch Plattendurchlässe in Trocken-
mauerwerk abgeführt. Bei den anderen Schluchten,
die weniger wasserreich sind, ist auf die Anord-
nung von besonderen Durchlässen verzichtet worden.
Um dem Wasser hier den Durchtritt durch den
Damm zu ermöglichen, ohne eine Beschädigung
des Dammfußes und des Damnkkörpers befürchten
zu müssen, sind auf der Sohle der Schluchten
unter dem Damm große Steine unregelmäßig
verlegt worden, so daß das Wasser zwischen den
bestehenden Offnungen durchsickern kann. Diese
Anordnung hat sich bis jetzt auch bei starken
Regenfällen gut bewährt.
Bei der Arbeit sind fast ausschließlich Leute
des Bezirks Misahöhe verwandt worden, die teil-
weise vom Bezirksamt gestellt wurden, teilweise
sich freiwillig zur Arbeit meldeten. Die vom
Bezirksamt gestellten Arbeiter wurden zuerst vier-
wöchentlich, nachher dreimonatlich gewechselt. Die
Arbeitslöhne schwankten zwischen 50 und 75 Pf.
für den Tag.
Im Juli wurde zuerst probeweise an einer
kurzen Wegestrecke der Versuch gemacht, Akkord-
arbeit einzuführen. Der Versuch gelang gut, und
es wurden dann weiterhin die Strecken des
Weges, auf denen nur Quertransport zu leisten
war, und die nicht zu stark mit Steinen durch-
setzt waren, stückweise an einzelne Dorf= oder
Landschaften in Akkord vergeben. Im ganzen
sind 3690 laufende Meter Weg für 8875 Mark
in Akkord fertiggestellt worden. Diese Tatsache
ist mit Freude zu begrüßen, denn sie zeigt, daß
die Eingeborenen anfangen, den Nutzen einer
intensiven Arbeitsleistung einzusehen. Der An-
drang freiwilliger Arbeiter zur Akkordarbeit war
zuletzt so groß, daß viele, die nach solcher Arbeit
verlangten, zurückgewiesen werden mußten, da
die Möglichkeit, Akkordarbeit zu vergeben, nicht
mehr vorlag.
Die beim Wegebau beschäftigten Arbeiter
wohnten zum Teil in den benachbarten Dörfern
Jo und Tongbe, zum Teil in den Arbeiterlagern
auf dem Francois-Paß und in der Nähe von
Jo in selbstgebauten Hütten. Für Verpflegung
trugen die Leute selbst Sorge. Nahrungsmittel,
Yams, Reis usw. wurden den Arbeitern
meistens von ihren Angehörigen aus den Heimats-
dörfern wöchentlich oder in gewissen Zeitabständen
zugetragen. Viele Arbeiter hatten ihre Frauen
bei sich, die dann für die Zubereitung der Speisen
sorgten. Mangel an Nahrungsmitteln hat sich
trotz der teilweise sehr hohen Arbeiterzahl (bis
zu tausend Leute), welche auf eine kurze Strecke
zusammengedrängt waren, nie bemerkbar gemacht.
Arbeiterschwierigkeiten sind ebenfalls nie eingetreten.
Die Arbeitszeit war auf 9 Stunden, von 6 Uhr
morgens bis 4 Uhr nachmittags mit zwei Eßpausen
von 8 bis 8⅛½ Uhr und von 12 bis 12½ Uhr
bemessen. Diese Arbeitszeit hat sich beim Wege-
bau als zweckmäßig erwiesen, weil bei dieser
Zeiteinteilung den Leuten Gelegenheit gegeben
ist, noch vor Eintritt der Dunkelheit ihre Woh-
nungen aufzusuchen, ihre Waschungen zu ver-
richten und auch ihre Hauptmahlzeit vorzubereiten.
Der Arbeitslohn wurde, wie auch sonst hier
üblich, den Leuten zu einem Teile als Vorschuß,
als Eßgeld gezahlt, während der Restlohn am
Schlusse des Monats ausgehändigt wurde.
Die fertige Wegestrecke betrug Anfang des
Jahres 7100 Meter, deren Ausführung einen
Kostenaufwand von rund 125000 Mark verursacht
hat. In dieser Summe sind einbegriffen die
Gehälter und Tagegelder der europäischen Auf-
sichtsbeamten und die Anschaffungskosten für die
Werkzeuge und Geräte.
Die Ausführung der Straße war dem Bau-
amt unterstellt. Mit der Ausführung der Erd-
arbeiten wurde am 26. Oktober 1905 begonnen.
Am 31. Oktober 1906 mußten die Ausführungs-
arbeiten eingestellt werden, da die im Etat vor-
gesehenen Mittel für den Wegebau verbraucht
waren. Es ist in Aussicht genommen, im August
1907 mit den Arbeiten wieder zu beginnen. Die
Arbeit war so geteilt, daß jeder der Baubeamten
einen Schacht von etwa 150 bis 200 Mann
Stärke beaussichtigte, mit dem er eine ihm über-
wiesene Wegestrecke auszuführen hatte.
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