Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

verfügt, ist rein deutsch. An der Spitze des 
Aussichtsrates steht ein auch dem hohen Reichs- 
tage wohlbekannter Herr, dessen Person volle 
Gewähr für eine umsichtige und gewissenhafte 
Geschäftsführung bietet. 
Die Neigung zur bergbaulichen Betäti- 
gung im Schutzgebiete ist übrigens im Wachsen 
begriffen. Erst vor einigen Tagen ist ein Herr 
bei mir gewesen, und zwar ein sehr kapital- 
kräftiger Deutscher, der mir sagte, ihm stünde 
eine Million Mark zur Verfügung. Wenn er 
eine Konzession auf Diamanten in einem Gibeon 
benachbarten Gebiet bekommec, sei er bereit, dort 
zu arbeiten, weil er die Überzeugung habe, daß 
dort Diamanten vorhanden wären. Außerdem 
hat ein kapitalkräftiges englisches Syndikat einen 
Antrag auf eine Diamantenkonzession auf ein 
weiteres Gebiet in der Nähe der Küste gestellt. 
Es bedarf keines Wortes, wie sehr alle diese 
Unternehmungen gefördert werden, wenn die Bahn 
weiter ausgebaut wird. 
Was nnn die Viehwirtschaft anbetrifft, so 
sieht es augenblicklich sehr traurig im Schutz- 
gebiet aus. Südwestafrika ist zweifelsohne in 
erster Linie ein Land für Biehzucht, aber der 
Aufstand hat den Wiehstand der Eingeborenen 
ganz, der Weißen nahezu vernichtet. 
Es ist sicher, daß wir im Hererolande vor 
dem Kriege 200 000 Rinder gehabt haben. Dabei 
ist zu bedenken, daß kurz vorher die verheerende 
Rinderpest enorme Opfer gefordert hat, an der 
im Osten des Hererolandes 98 Prozent verendet 
sind. Dieser Prozentsatz ist erst ganz allmählich 
durch die Impfung herabgegangen. Da mir da- 
mals die Leitung der Maßnahmen zur Bekämpfung 
der Rinderpest in Gemeinschaft mit einem Assisteuten 
des Herrn Geheimrats Professor Dr. Koch oblag, 
so bin ich sehr viel im Lande herumgekommen 
und habe sehen können, wie kolossale Herden 
die Hereros hatten, und welche Mengen an 
dieser Pest eingegangen sind. Da man die He- 
reros nicht zum Impfen zwingen konnte, sondern 
sie erst allmählich von der Nünslichkeit dieses 
Schutzmittels überzeugen mußte, so ging leider 
sehr viel Zeit hin, bevor man wirkliche Hilfe 
bringen konnte. Wenn man die Anzahl der 
Rinder, welche an der Pest eingegangen sind, 
schätzt, so erscheinen einem die Angaben des eng- 
lischen Kommissars Palgrave, der sich in den 
70 er Jahren im Damaraland aufhielt und 
diejenigen alter Einwohner der Kapkolonie nicht 
zu hoch gegriffen, welche die Zahl der Rinder 
im Damaraland auf zwei Millionen ge- 
schätzt haben. Es ist eine bekannte Tatsache, 
daß in den 60er und 70er Jahren 14tägige 
große Märkte von Damara-Rindern in Klapmuts, 
in der Nähe von Kapstadt, stattfanden. Diese 
  
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haben erst aufgehört, als Kapstadt mit dem 
Orange-Freistaat durch eine Bahn verbunden 
wurde, weil nunmehr der Bezug von Rindern 
aus dieser Gegend sich billiger stellte, und als 
gleichzeitig die Handelswege nach Südwestafrika 
durch die Räubereien der Hottentotten zu unsicher 
wurden. Die Zahl von zwei Millionen erscheint 
auf den ersten Blick sehr hoch. Man wird die- 
selbe aber weniger anzweifeln, wenn man in 
Betracht zieht, daß nach der staatlichen Statistik 
der Kapkolonie im Jahre 1893, also vor der 
Rinderpest, 1 929 411 Haupt Rinder in der Kap- 
kolonie vorhanden waren. Zu der gleichen Zeit 
wurde der Betschnang-Häuptling Khama in seinem 
an die Kapkolonie grenzenden Gebiete auf 
800 000 Rinder geschätzt. Jeder, welcher aus 
Britisch-Südafrika nach unserem Schutzgebict zu- 
wandert, erkennt ohne weiteres an, daß das 
Hereroland sowohl als auch das Damaraland 
für Rindviehzucht sehr geeignet ist. 
Neuerdings hat sich eine kapitalkräftige Inter- 
essentengruppe gefunden, welche die Absicht hat, ein 
die Ausfuhr von Rindern im lebenden oder 
verarbeiteten Zustande bezweckendes Unternehmen 
zu gründen, wodurch auch den Farmern ein 
weiterer sicherer Absatzmarkt im Lande solbst er- 
schlossen werden würde. 
Neben der Rindviehzucht eignet sich der 
Norden des Schutzgebietes auch für die Zucht 
von Fettschwanzschafen und Ziegen. Viel 
günstiger indessen als der Norden ist für die 
Kleinviehzucht der Süden, und zwar das so- 
genannte Namaland sowie das Gebiet der Reho- 
bother Bastards. Das bisher von den Hotten- 
totten bewohnte Namaland ist nach meiner 
Überzeugung nicht schlechter als die an unsere 
Kolonien angrenzenden Teile der Kapkolonie, 
d. h. die sogenannte Karoo und das britische 
Klein-Namaqualand. Dieselben Futterbüsche, 
welche in der Karoo vorkommen, die so überaus 
nahrhaft sind und von dem Kleinvieh besonders 
gern gefressen werden, finden sich auch im Süden 
des Schutzgebietes. Unter diesen Büschen sind 
vor allen Dingen die für die Kleinviehzucht so 
wichtigen Salz= oder Brakbüsche zu nennen. In 
unserem Schutzgebiet findet sich aber außerdem 
zwischen den Büschen im Gegensatz zu der Karoo 
noch gutes und nahrhaftes Gras. Die Regen- 
verhältnisse sind in diesem Teile der Kapkolonie 
nicht besser als in unserem Schutzgebiet. Die 
Wasserverhältnisse sind dieselben, und das Wasser 
findet sich in der gleichen Tiefe. Der Unterschied 
ist nur, daß in der Kapkolonie im Laufe der 
Jahre ungemein viel für die Wassererschließung 
durch Bohrung von Brunnen, Einsetzen von 
Pumpen und Windmotoren, Anlegung von kleinen 
Standämmen auf den Farmen getan ist, während
	        
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