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den Kommandeur des Südbezirks, Major Baerecke,
am 9. September, Morenga für Unterhandlungen
freies Geleit zu gewähren und ihm demnächst für
den Fall seiner Unterwerfung Straflosigkeit für
seine im Kriege begangenen Straftaten und An-
siedlung im Lande zuzusichern. Major Baerecke
bediente sich zur Übermittlung der ersten Nachricht
an Morenga der Mitwirkung des Paters Mali-
nowski, der, mit eitiem Briefe des Kapitäns
Johannes Christian und einem Freibrief für
Morenga versehen, in Begleitung von drei Groß-
leuten der Bondels am Morgen des 14. Sep-
tember am Eingang in die Gamsib-Kluft eintraf.
Hier wartete er, während die Boten in die Kluft
vorgingen. Es stellte sich jedoch am 15. Sep-
tember heraus, daß Morenga, nach den hinter-
lassenen Spuren zu urteilen, seit etwa sechs Tagen
fortgezogen war, anscheinend zunächst in deutsches
Gebiet, dann aber in weitem Bogen zurück ins
englische in der Richtung auf Back-Reviermund.
Ohne englischen Paß wagten die Boten angesichts
der Patronillengänge der Kap-Polizei nicht die
Grenze zu überschreiten. Erst am 17. wurden
sie, mit einem englischen Paß versehen, von
Ukamas erneut auf die Suche nach Morenga ge-
schickt, kehrten jedoch am 23. mit der Nachricht
zurück, daß er weit ins Englische entwichen sei.
Inzwischen aber haätte den unstäten Flüchtling
auf britischem Boden sein Schicksal erreicht.
Seine Bitte um Aufnahme in das Bondels-
Abkommen war auch diesmal nicht ernsthaft ge-
meint gewesen. Anscheinend aufgescheucht durch
das Herannahen einer von Major Elliot ent-
sandten englischen Patrouille unter Leutnant
Currie, hatte er seinen Schlupfwinkel verlassen.
Wohin er sich gewandt hatte, konnte zunächst
nicht festgestellt werden: Major Elliot war mit
etwa 120 Mann in der ersten Woche des Sep-
tember von Upington nach Longklip, halbwegs
zwischen Ukamas und Unpington, gerückt Am
13. September traf dort Hauptmann v. dem Hagen
bei ihm ein. Da Elliot inzwischen Kenntnis von
Morengas Bitte um Aufnahme in das Bondels-
Abkommen erhalten hatte, enthielt er sich zunächst
einer weiteren Verfolgung und marschierte wegen
der schlechten Wasserverhältnisse bei Longklip am
14. September nach Zwartmodder. Am 17. Sep-
tember traf die Patrouille des Leutnants Currie
10 km westlich von Longklip auf Morenga. Es
kam zu einer Unterredung, in der Morenga
äußerte, er wolle unter keinen Umständen mit
den Deutschen Frieden schließen; dagegen bitte
er um eine Aussprache mit Major Elliot bei
Longklip am Vormittage des 18. Dieser sowohl
wie Hauptmann v. dem Hagen, durch die bis-
herigen Erfahrungen mit der Handlungsweise des
schlauen und unzuverlässigen Bandenführers hin-
länglich vertraut, durchschauten sofort seine Ab-
sicht, durch Vorspiegelung von friedlichen Ver-
handlungen nur Zeit zum Entkommen zu gewinnen.
Elliot entschloß sich daher, für alle Fälle noch in
derselben Nacht mit der ganzen Truppe nach
Longklip zu marschieren. Um 6 Uhr vormittags
traf er von Zwartmodder in Longklip ein. Gegen
8 Uhr vormittags ritt Leutnant Currie nach der
etwa 8 km entfernten Stelle, wo Morenga sitzen
sollte, um ihn zu holen. Mittags kehrte er un-
verrichtetersache zurück. Morenga war wiederum
entwischt, nach den Spuren zu urteilen in der
Richtung nach der deutschen Grenze. Damit war
die Sachlage geklärt. Es gab nur noch die Ent-
scheidung durch die Waffen.
Major Elliot befahl sofort die Aufnahme der
Verfolgung, zunächst durch einen Zug, bis die
Abzugsrichtung des Feindes genügend festgestellt
war. Bereits um 2½ Uhr nachmittags brach
Leutnant Mander mit etwa 30 Mann auf. Am
Mittag des 19. lief die erste Meldung Manders
in Longklip ein. Sie war am Morgen aus Gous
im Molopo-Revier abgesandt und besagte, daß
Morengas Spur erst in der Richtung nach der
deutschen Grenze und dann im weiten Bogen
nach Norden und zwischen Zwartmodder und
Longklip über Gous nach Osten auf Upington
führe. Morenga sollte nur einen kurzen Vor-
sprung vor der Patronille haben.
Major Elliot brach mit seinen Hauptkräften
von Longklip auf, erreichte um 5⅛ Uhr nach-
mittags Gous und blieb dort eine Stunde zum
Tränken der Tiere. Nach weiterem zweistündigen
Marsch wurde an der großen Pad Zwartmodder
— Upington, etwa eine Stunde westlich Koegoekub,
bis Mitternacht gerastet. Noch immer führte die
frische Spur des Feindes nach Osten auf Upington,
bis sie bald hinter Koegoekub plötzlich scharf nach
Norden abbog.
„Nun war es kein Zweifel mehr,“ schreibt
Hauptmann v. dem Hagen in seinem Bericht,
„daß Morenga nicht etwa nach Upington gehen
wollte, sondern durch die Kalahari zu Simon
Kopper. Der schlaue Fuchs rechnete damit, daß
wohl wenige Menschen, wie er mit seiner Bande,
etwa 30 Köpfe, durch die wasserlose Kalahari
ziehen und sich von Tsamas nähren könnten, daß
aber Truppen mit Tieren sich scheuen würden, die
Verfolgung in die Kalahari aufzunehmen. Aber
wie er sich im Mai 1906 bei der Verfolgung
durch die Abteilung Bech mit dem Übertritt auf
englisches Gebiet verrechnet hatte, so sollte ihm
auch die Zuflucht in die Kalahari nichts nutzen.“
Major Elliot war sich darüber klar, daß in
dieser Lage nur eine rücksichtslose, ununterbrochene
Verfolgung zum Ziele führen konnte. Gelang es
nicht, Morenga noch im Laufe des 20. September